[A-DX] Ein neuer Sendestandort ind zwei neue Betreiber in Deutschland?

peter.schwarz at rwth-aachen.de
Do Jun 18 11:11:40 CEST 2020


Hallo Christian,

danke für diesen schonungslosen Einblick in die bürokratischen Mühlen...wäre dies alles über eine Behörde regelbar, stellte es eine enorme Erleichterung dar. Etwas anachronistisch ist es schon, dass für eine funktechnische Anlage dermaßen hohe Hürden gestellt werden, während im Internet jeder xxx (setze eine oder mehrere deiner Bezeichnungen deiner letzten Zeile ein) auf einfachste Art und Weise (legal oder illegal) seine wie auch immer gearteten Inhalte verbreiten kann und dort vermutlich auf größere Resonanz stößt als über kurze und längere Rundfunkwellen. 

Wo der "Irrsinn" bezüglich der Verfahrenskomplexität zu verorten ist, hab ich ja so eine gewisse Vermutung. An Zollhöfen wird eben immer besonders gründlich gearbeitet. ;-) 

Da gilt dann eben: Wo kein Wille, da kein Weg. Und der Wille muss natürlich von den lobbyistisch-politisch richtigen Kreisen ausgehen. 

Kann ich aus den Zeilen konstatieren, dass es unter Umständen einfacher ist, mit Sitz im Ausland an die medienrechtlichen Genehmigung zu kommen? Keine Angst, ich will nicht auf Kurzwelle senden...da betreibe ich dann lieber Wetterstationen, für solche braucht es im ärgsten Fall eine einfache Baugenehmigung. 

Viele Grüße
Peter



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: liste <> Im Auftrag von Christian Milling
Gesendet: Donnerstag, 18. Juni 2020 11:00
An: 
Betreff: Re: [A-DX] Ein neuer Sendestandort ind zwei neue Betreiber in Deutschland?

>Vielleicht kann Christian Milling etwas über den üblichen Verlauf einer Kurzwellenstations-Anmeldung bei der >deutschen Bundesnetzagentur mitteilen.
>Er hat das ja mal für Kall_Eifel (Euskirchen) durchgezogen.

Du willst also auch einen Kurzwellenstation aufmachen? Nun, dann ist hier der ultimative Leitfaden dazu.
Bevor Dir die Bundesnetzagentur eine Frequenz zuweist, brauchst Du eine medienrechtliche Genehmigung. 
Bist Du ein Programmanbieter mit Sitz in Deutschland, so ist deine örtliche Landesmedienanstalt zuständig. Die Komplexität des Verfahrens reicht von relativ einfach (Meldepflicht) bis hin zu Irrsinn. Die Kosten dafür sind auch sehr unterschiedlich.

Bist Du ein Programmanbieter mit Sitz im Ausland, dann ist das Auswärtige Amt dein Freund. Dieses prüft, ob Du mit deinem Programmvorhaben nicht gegen deutsches Recht verstößt (also kein Hitradio Hitler oder Welle Schwarzer Block produzieren wirst). Wenn ja, bekommst Du eine Unbedenklichkeitsbescheinigung.

Danach wird die BnetzA Dir eine Frequenz suchen in dem Wellenbereich, in dem Dein Zielpublikum es empfangen soll. Hat sie eine Frequenz gefunden und Dir zugeteilt, bist Du 1500€ ärmer und darfst... noch nicht senden.

Erstmal muss eine Antennenanlage gebaut werden, dabei sind die landesrechtlichen Bedingungen (ggf. Baugenehmigung / Naturschutz etc.) zu beachten. 

Hast Du eine Antenne gebaut, brauchst Du einen Sender. Du bist Funkamateur und kannst Dir was selber bauen? Toll für Dich. Aber leider illegal. Schau in die Frequenzzuteilungsurkunde. Da stehen Verweise auf Gesetze drin, mit welchen Anlagen Du "On Air" sein darfst. Selbstbau gehört nicht dazu. Selbst, wenn die Selbstbaugeräte die technischen Werte einhalten, ist der Betrieb nicht legal. Das Konformitätsbewertungsverfahren ist im Funkanlagengesetz FuAG geregelt. 

Toll, Du hast einen legalen Sender und eine legale Antenne? Schön! Jetzt darfst Du dann endlich... immer noch nicht senden. Denn Anlagen über 10W EIRP bedürfen einer Standortbescheinigung. Die kann in den KW Bändern üblicherweise nur messtechnisch erfasst werden. Also besuchen Dich die Jungs und Mädels der BnetzA und messen, mit wieviel kW Du senden darfst. "Ich bin Funkamateur, da reicht die Selbstdeklaration!!11!!1!" - Vergiss es. Du hast Dir nen schönen 10kW Sender gekauft und willst mit voller Leistung senden? Blöd nur, dass Dein Grundstück in einer Siedlung liegt. Da kastriert Dir die BnetzA dann auch gerne mal die Sendeleistung etwas um die Häfte runter. Je nach Komplexität der Anlage und der Umgebung kostet dann so eine Messung auch schon mal gerne um 3000€.

So, jetzt hast Du es geschafft und alle Hürden überwunden, und darfst endlich senden. Um den immensen Kostenberg zu reduzieren, denkst Du, komm, ich verhökre Sendezeit. Natürlich hast Du vorher ein Gewerbe angemeldet, damit das steuerlich alles korrekt abläuft. Aber Spitz pass auf! Da kommt dann jemand, der Dich richtig lieb hat, bucht Sendezeit und spielt fröhlich das Horst-Wessel-Lied. Glückwusch. Du stehst mit Deiner Lizenz in der Frequenzzuteilungsurkunde. Viel Spaß beim Ausbügeln.

In dem Sinne: Viel Spaß beim Senden.

Persönliche Anmerkung: Als wir 2007 in Kall begannen sagte einer hier aus der Liste, die Kurzwelle verkommt zu einer Freakshow. Jetzt 13 Jahre später kann ich sagen, es ist schlimmer geworden, als nur eine Freakshow. Eine Ansammlung sendender praktizierender Kinderschänder, werdender Reichsbürger und verkappter Internetradiomacher, die auf Kurzwelle auf den großen Durchbruch hoffen. Autsch.

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