AW: [A-DX] Re: [A-DX] ORF Kurzwelle wackelt

["Wolf Harranth" <harranth@xxxxxxxx>]

Kai Ludwig schreibt:

> Hier ist nun die Frage, ob es da nähere Informationen gibt.

Ja, es gab und gibt sie. Aber wie das so ist: Die Betroffenen versuchen
zunächst, durch interne Gespräche und Berechnungen eine akzeptable Lösung zu
finden. Da spielen natürlich Emotionen eine nachrangige Rolle, wenn man z.B.
Kosten und Nutzen einer KW-Großanlage betracht: Was kosten Anlage, Betrieb
und mittelfristiger Investitionsbedarf - welche Einnahmen darf man sich aus
Vermietungen erwarten? Wie viel bleibt dann noch unterm Strich? Ist es
gerechtfertigt, diese Kosten zu tragen, wenn man die Entwicklung der
Hörerfrequenz mit jener der Internetnutzung (und deren Kosten) vergleicht?
Wie lang kann man es sich noch leisten, Programme via Äther anzubieten, wenn
anderswo 100% via Podcast angeboten werden? Wie groß ist der Anteil der
Nicht-Internet-Nutzer am KW-Angebot aus Moosbrunn? Am Rande zählt natürlich
auch der Nutzer - aber das ist so oder so eher kontraproduktiv: im Internet
überwiegen die Dummdreisten (schaut doch einmal rein bei http://orf.at), im
KW-Hörerservice überwiegen die reinen QSL-Wünsche (und auch diese Zahl ist
radikal rückläufig). 
Jetzt mal von der KW abgesehen: Der ORF wurde von der vergangenen
Bundesregierung (die immer noch im "unpolitischen" Stiftungsrat für die
Majorität sorgt) nicht eben mit Zuneigung verwöhnt. Unter dem Vorwand der
"Chancengleichheit" im dualen System hat man die Gewichtungen extrem
verschoben. Natürlich hat das den Printmedien große Freude gemacht -
schließlich haben sie ja viel investiert und noch mehr in den Sand gesetzt.
Und bei den Nichtdenkern (die in erstaunlicher Zahl auch unter uns
Hobbyfreunden zu finden waren) waren die Printemedia-Sprüchlein vom
"Staatsmonopol" und "Österreich als Medien-Albanien" so populär wie das
"Ausländer raus!" oder "Alle Schwarzen sind Neger, alle Neger sind Dealer".
Das war jetzt kein ideologischer Schwenker, sondern ein Hinweis zum Thema:
Die absolute Majorität der Hörer und Seher konsumiert das Wischiwaschi -
also jene Programmbereiche, in denen die Konkurrenz via USB-Stick, iPod,
Kabel und Satellit am größten ist. Will man nicht Höreranteile verlieren,
muss man mit den Wölfen heulen - will man nicht mit den Wölfen heulen,
sinken die Werbeeinnahmen. Der ORF ist zu 50% von Werbung abhängig!
(Vergleich: der gleich große BR zu 20%). In dieser Kosten-Qualitäts-Schere
bewegen sich die Macher. Ö3, die "Cash Cow", verliert an die MP3-Generation.
Ö1, das werbefreie Qualitätsprogramm, kann nur nach dem bisherigen Anspruch
beibehalten werden, wenn anderswo Kosten eingespart werden. Wie groß ist der
Anteil an Sehergebühren, die man ins Radio stecken kann, ohne zugleich
Abstriche beim weit reichweitenstärkeren TV zu machen?...
Das sind nur ein paar Überlegungen, die sich DXer verständlicher Weise kaum
stellen. Und nichts spricht dagegen, dass wir Hobbyfreunde uns den Kopf
darüber zerbrechen, ob man ein Frevler ist, wenn man Tahiti lieber per
Internet hört und auf die QSL verzichtet als wochenlang dem echten KW-Signal
nachzujagen und eines Tages die Genugtuung zu haben: Ja, das war's! Ich bin
strikt dagegen, sich über derleich lustig zu machen oder überheblich darauf
zu reagieren - aber: Mit der Medienwirklichkeit hat unser Treiben (leider)
nichts zu tun.
Was bleibt unterm Strich: Da und dort sickert eine Indiskretion durch oder
die Betroffenen nützen die Printmedien als "Nebenfront", um ihren
nachvollziehbaren Argumenten mehr Druck und Gewicht zu verleihen.
Ehe wir daraus allzu viele Eigenkommentare ableiten, sollten wir vielleicht
etwas Zurückhaltung üben, die Entwicklung intensiv verfolgen - und den
Betroffenen die Daumen drücken.

Und eins noch, auf die Gefahr hin, wieder beschimpft zu werden: Mit großer
Häme und Schadenfreude verfolgt die Hobbygemeinschaft das sich abzeichnende
Ende von DRM: Das haben die Kerle nun davon, dass sie uns die KW-Frequenzen
versaut haben! Wer aber hat bedacht, dass ein erfolgreiche(re)s DRM den
Fortbestand der KW sichern geholfen hätte?

73 de Wolf
Der hier seine private Meinung ausgedrückt hat, nicht im Namen des
Dokumentationsarchivs oder gar des ORF sprechen könnte

mailto:harranth@xxxxxxxx
 


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