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[A-DX] Öffentlicher Brief von ROI


  • Subject: [A-DX] Öffentlicher Brief von ROI
  • From: Christoph Ratzer <christoph@xxxxxxxxx>
  • Date: Thu, 05 Jul 2001 14:17:09 +0200

Zu den bekannten Artikel in der Wiener Zeitung erreichte mich ein
öffentlicher Brief von Prof. Roland Machatschke, Intendant ROI an die
Redaktion der Wiener Zeitung, den ich gerne an alle A-DX Leser weiterreichen
möchte.

73 Christoph



Sehr geehrter Herr Bochskanl, sehr geehrter Herr Fahnler,

ich bin der Wiener Zeitung zutiefst dankbar, dass sie als einzige
österreichische Zeitung regelmäßig und ausführlich über Radio im allgemeinen und über Radio Österreich International im besonderen berichtet. Was jedoch
im Ressort "Medien" am 5. Juli 2001, also am Tag der ORF-Debatte im
Nationalrat mit Beschlussfassung fundamentaler Änderungen für Radio
Österreich International, geschrieben wurde, strotzt geradezu von Fehlern
und Auslassungen.

Das Schweizer Radio International steigt u.a. deshalb von Kurzwelle auf
Internet um, weil die Lizenz zum Betrieb des letzten Kurzwellensenders der
Schweiz 2004 ausläuft und nicht mehr verlängert wird.

In Österreich wird das Kurzwellenprogramm nicht ausgebaut, sondern wurde
eingeschränkt. Und zwar wegen einer Budgetkürzung in Höhe von 47 Prozent für 2001 gegenüber 1999 (2000 waren es minus 28 Prozent gegenüber 1999). Kein Wort darüber, dass am Tag des Erscheinens dieses Artikels der Nationalrat
ein Gesetz beschließt, das die Finanzierung von ROI aus Steuermitteln ab
2002 beendet und es dem ORF freistellt, dieses Auslandsradio weiter zu
betreiben oder nicht. Kein Wort darüber, dass dies weltweit  einzigartig
ist, denn überall wird Auslandsradio von nationalen öffentlich- rechtlichen Rundfunkorganisationen nicht aus Gebührengeldern, sondern aus Mitteln des
Staates betrieben.

Dass darüber verhandelt wurde, ROI im UKW-Bereich einen zusätzlichen
Standort einzurichten, ist absoluter Unsinn. Im Wiener Telekabel UPC ist seit 8. März 2000 (!) ROI auf dem Platz von Country Music Radio zu hören. Laut A. Glück soll das noch "im Gespräch" sein. Übrigens ist ROI seit April 2000 auch im Kabelsystem LIWEST (Linz und andere oberösterreichische Städte)
zu hören. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme von ROI in zwei
Kabelsysteme nicht die Ausstrahlung über UKW mit Empfangsmöglichkeit im
Autoradio. Der Autor kennt offenbar nicht einmal die Grundbegriffe der
Medientechnik. Die UKW-Frequenzen sind alle festgelegt und vergeben, und
Kabel ist eben Kabel und kein Sender.

Die ROI-Programmangebote Klassik, Volksmusik, Jazz oder Hits sind leider
Vergangenheit. Seit Ende Oktober 2000 gibt es außer den Übernahmen "My
Music" (von MW1476) und "Frühschoppen" (Ö Regional) keine Musiksendung mehr, da das tägliche ROI-Programm aus Geldmangel von 24 Stunden auf 14 Stunden verringert werden musste (parallel dazu die Halbierung des Personalstandes). Der Autor hat die Formulierung offenbar aus einem der alten Programmfolder von ROI übernommen (die Programmfolder erscheinen zwei Mal im Jahr, da mit
den Zeitumstellungen von MEZ auf Sommerzeit und zurück die Sendezeiten
angepasst werden müssen).

In einem Fachartikel hätte ich mir erwartet, ein paar Sätze über den
Unterschied zwischen Inlands- und Auslandsradio zu lesen. Es hat ja Gründe,
warum angefangen vom BBC World Service jede Rundfunkgesellschaft, die
internationales Radio betreibt, nicht ihr Inlandsprogramm auf Kurzwelle
aufschaltet, sondern entweder adaptiert oder eigenes Programm macht. Das
Zielpublikums von internationalem Radio überschneidet sich nämlich nur in
einem einzigen Segment mit dem heimischen Publikum: dem der
Urlaubsreisenden. So gesehen ist die Direktübernahme von 10 Stunden Ö
1-Programm, die aus der finanziellen Not von ROI erfolgt und zusätzlich
zur Sicherung der Frequenzen dem internationalen Publikum wenigstens ein
Österreich-Programm statt leeren Rauschens bietet, nicht die ideale
Programmierung. Angemerkt sei nur, dass schon vorher ca. 85 Prozent des
deutschsprachigen ROI-Programms auf ORF-Sendungen beruhten – nur eben
fachgerecht für das ROI-Publikum umgearbeitet oder aufbereitet.

Soviel zu Radio Österreich International.  Zusätzlich sei nur angemerkt,
dass auch die beiden Illustrationen falsch sind. Der "Volksempfänger" war
kein Kurzwellenempfänger (die Nazis hatten kein Interesse am Empfang
ausländischer Stationen in Deutschland und stellten ihn im Krieg sogar unter
Strafe). Und das Ericsson R520 Mobiltelefon ist  natürlich mit keinem
"hochleistungsfähigen Kurzwellenradio-Link ausgestattet"  (wie soll das
technisch gehen?), sondern ist ein WAP-Handy  mit Bluetooth- und
GPRS-Technik, wie man sich mit einem Blick auf die Produktliste von Ericsson
im Internet leicht überzeugen kann.

Ich bedaure sehr, dass ich diese kritischen Anmerkungen an die Wiener
Zeitung schicken muss, der ich mich freundschaftlich verbunden fühle. Ich
hoffe, dass die anderen Passagen des Artikels nicht solche gravierenden
Fehler enthalten. Was ROI betrifft, hätte der Autor bei entsprechender
Recherche in der Intendanz jede Auskunft bekommen. Leider hat er diese
Recherche unterlassen.

Ich hoffe auch in Zukunft auf gute Zusammenarbeit mit der Wiener Zeitung und
verbleibe



mit freundlichen Grüßen


Prof. Roland Machatschke
Wien, 5. Juli 2001 Intendant

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