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Re: [A-DX] DLF macht Wahlkampf


  • Subject: Re: [A-DX] DLF macht Wahlkampf
  • From: Thomas Kamp <df5jl@xxxxxx>
  • Date: Sat, 29 Aug 2009 12:11:22 +0200

Verweise in der Sache auf den Positivismusstreit zwischen Adorno und Popper ;-)

Sicher handelt es sich bei der kritisierten Aussage auf den ersten Augenschein nicht um eine deskriptive, sondern möglicherweise normative; was im Nachrichten-Journalismus in der Tat nicht vorkommen sollte. 

Allerdings resultiert die Formulierung aus einer handwerklichen Verkürzung und ist inzwischen typisch für Meldungs-Headlines oder Teaser: http://www.google.de/search?hl=de&client=firefox-a&rls=org.mozilla:de:official&hs=eRf&q=%22kann+sich+%C3%BCber%22+freuen&start=10&sa=N

Ein Beispiel:

"Studentin des FB Informatik kann sich über 600,-- Euro freuen"
(http://www.fakultaet4.fh-hannover.de/aktivitaeten/preise-und-auszeichnungen/archiv/studentin-des-fb-informatik-kann-sich-ueber-600-euro-freuen/index.html)

So lautet die besagte Überschrift. Da sich eben jene Studentin aber nicht freuen muss (kann!), würde ich diese Aussage auch nicht zwingend als normativ bezeichnen (dass war bspw. anders, wenn der DDR-Rundfunk verlauten ließ, dass der Staatsratsvorsitzende die Arbeitsbrigade Walter Ulbricht vom Autobahn-Betonkombinat Karl-Marx-Stadt wegen Übererfüllung der Planvorgaben mit dem großen Ernst-Thälmann-Orden für die Werktätigen auszeichnete - und die sich dann freuen mussten ! Auch wenn der Plan nicht vorsah, wohin nun mit den vielen Betonplatten...). 

Was aber durch diese Form von Formulierung erreicht wird, ist, dass eine Emotion benannt wird - und Emotionen erzeugen bekanntlich Aufmerksamkeit bei den adressierten Rezipienten (Hörer/Leser).

Die der oben genannten Überschrift  zugrunde liegende Meldung lautet übrigens:

"Auch im Jahr 2005 hat der Beirat der Studienstiftung der ehemaligen Riedel de Haen GmbH der Fachhochschule Hannover wieder Mittel zur Verfügung gestellt, um besonders begabte und engagierte Studenten auszuzeichnen. Der Fachbereich Informatik ist stolz darauf, diesen Preis an die Studentin Elena Eissymont vergeben zu dürfen. Frau Eissymont zeichnet sich nicht nur durch herausragende Studienleistungen aus sondern ebenso durch ihre aktive Mitarbeit im Fachbereich. Der Preis wurde im Rahmen der Absolventenfeier des FB Informatik durch den Präsidenten der Fachhochschule, Herrn Werner Andres, überreicht."

Welche deskriptive Überschrift böte sich alternativ an? "Studienstiftungsbeirat zeichnet Studentin aus" (gähn); FB Informatik überreicht mit 600 EUR dotierte Auszeichnung an Studentin (schnarch); FB-Präsident stolz: Informatik-Studentin ausgezeichnet (jooooo)

Ich finde die Diskussion überbewertet, aber auch notwendig. Mit Rundfunk hat es eine Menge zu tun, sensibilisiert die Diskussion doch unsere Aufmerksamkeit ggb. möglichen Medienmanipulationen. Aber wer regelmäßig IRIB, CRI etc. hört, mag dem nicht folgen mögen; muss er auch nicht.

Im Übrigen blendet gerade der DLF die gesellschaftlichen Zusammenhänge nicht aus, sondern stellt diese ausführlich in seinen Hintergrundsendungen und Diskussionsrunden dar. Aber in Nachrichten ist dies schon vom Genre her kaum möglich (Wer/Was/Wann/Wo/Wie?) - die ganze Welt passt eben nicht in eine Nuss-Schale.

tom df5jl


> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: "Juergen Fenn" <juergen.fenn@xxxxxx>
> Gesendet: 29.08.09 11:22:44
> An: liste@xxxxxxx
> Betreff: Re: [A-DX] DLF macht Wahlkampf
> 
> Nein. Die Meldung kam im Radio so nur im DLF. Es geht um die Trennung
> von Werturteilen und Nachrichten. Das sind absolute Basics des
> Journalismus. Aussagen wie "X kann sich über Y freuen" sind keine
> Nachricht, sondern ein Werturteil. Es ist nichts Neues, daß Zeitungen zu
> bloßen Durchlauferhitzern für Agenturmeldungen geworden sind. Wenn der
> DLF so etwas bringt, ist es aber eine Ausnahme. Und da die Behauptung,
> man könne sich über irgendetwas freuen, die in der Meldung aufgestellt
> wird, die größeren gesellschaftlichen Zusammenhänge vollkommen
> ausblendet (nachdem den Leuten jahrelang ein Bein nach dem anderen
> amputiert wurde, gibt man ihnen nun eine halbe Krücke an die Hand, damit
> sie mit ihren Prothesen wieder besser humpeln können), handelt es sich
> um ein Musterbeispiel für eine Manipulation zwei Tage vor zwei wichtigen
> Landtagswahlen und einen Monat vor der Bundestagswahl.
> 
> Jürgen.
> --
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