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Re: [A-DX] 60Jahre RIAS- Erinnerungen!!


  • Subject: Re: [A-DX] 60Jahre RIAS- Erinnerungen!!
  • From: "Wolfgang Bueschel_web" <BueschelW@xxxxxx>
  • Date: Wed, 8 Feb 2006 01:19:00 +0100

RIAS - Erinnerungen, Themenabend "Der Geburtstag"
Dienstag 7. Februar, 2005-2230 Uhr.

Hallo,

eher zwiespältig habe ich den 2 1/2 Stunden im DLR zugehört. Uns Ollen wurde
so manche Erinnerung aufgefrischt, aber für junge Ohren muss doch manches
antiquiert erscheinen. Das Lebensgefühl kann man nur empfinden, wenn man in
dieser Zeit gelebt hat.

RIAS war für uns Kult in dieser Zeitspanne, ein Alltagsmedium, wie
Tom-Mix-Filme, Hawaii-Hemden, Kreppsohlen und Halbstarke. Der Sender wurde
in der SBZ in einem grossem Umfang heimlich abgehört. In den Anfängen gab es
kein Fernsehen, kein ZDF, keine dritten Programme, sowohl im Radio als auch
im TV nicht. Radio der Landesanstalten war noch ein dröges Familienmedium,
bevor RTL und Europawelle Saar Programme aufkamen.

Natürlich habe ich im SABA Radio der Oma von 1948 bis 1955 dem Onkel Tobias
gelauscht, das gehörte zum Sonntag dazu. Dafür hörten die Eltern Friedrich
Luft "Die Stimme der Kritik", "Die Insulaner" mit Agnes Windeck und Tatjana
Sais, oder den jungen Harry Valerien 1952 von den Olympischen Winterspielen.

Als Kinderfunk-Hörerkind hat man nicht nur Inhalt der RIAS Sendungen
aufgenommen, sondern interessant waren auch die leuchtenden Skalenlaempchen
und die gluehenden Roehren des Geraetes, die durch die Entlueftungsloecher
auf der Rueckseite hindurchschienen. Durch das Quasiverbot des Abhörens von
Westsendern und speziell des RIAS erhöhte sich natürlich der Reiz auch für
uns Kinder etwas Verbotenes zu tun als eine reizvolle Sporttätigkeit. In der
Schule und im Beruf war man es ja gewöhnt mit gespaltener Zunge zu reden.

Dazu das Pausenzeichen des RIAS, das Zischen, Pfeifen und Brodeln auf oder
neben der Frequenz. Die Bandbreite im Eingang der Empfaenger betrug damals
gut und gerne 15-20 kHz. Das Abstimmen auf Frankfurt 593 kHz zog
unweigerlich ein Interferenzpfeifen vom nahen Sender Leipzig Wiederau auf
575 kHz nach sich.

Ich weiss noch, wie ich damals im puren Flachland lebend fasziniert war,
wenn die RIAS Kinder im Juli in die bayerischen Berge nach Oberaudorf fahren
durften, - quasi ein Heidiland mit romantisch klingenden
Bergbauerngeschichten, - damals für mich so weit weg wie Tahiti. Immer wenn
ich mich später den Bergen bei Rosenheim oder Kempten näherte, kamen mir
Onkel Tobias und die RIAS Sendung in den Sinn, das hat sich tief
eingegraben.

Dafür haben wir dann auch jede Möglichkeit gesucht, den RIAS auch im Ausland
zu hören. Der Ford Taunus oder Opel Olympia bekam ein Blaupunktradio mit LW
und KW Teil eingebaut. Damit war es dann ein leichtes den RIAS auf LW 173
oder KW 6005 von München über Innsbruck bis an den Gardasee, Grado oder
Venedig Cavallino zu hören, auch die "Schlager der Woche" Aussendung auf dem
Campingplatz. Damals noch ohne Autobahn eine stundenlange Reise auf schmalen
Strassen über den Brenner oder Gotthardpass. Das VoA/RIAS 1000 kW Biest war
im Alpenraum praktisch Ortssender bis weit nach Oberitalien hinein.

Heute tue ich mich leichter, das DLR ist störsenderfrei vom nahen 1 km
entfernten SWR Stuttgarter TV Turm vor der Haustür zu hören, 87.9 MHz. Und
gleich daneben wohnt heute der Sohn des Berliner Bürgermeisters Edzard
Reuter, dessen Vater Ernst Reuter damals Ende der Vierziger Jahre viele
historische Reden in der schmerzlich geteilten Hauptstadt hielt, diese
natürlich auch im RIAS gehört.

Damals musste ich heftig mit der drehbaren Ferritantenne des familiären
KÖRTING Radios  oder der Rückkoppelung spielen, sowie diversen
"zugeschalteten" Erd-Massebändern, um die Mittelwelle Hof, den Münchner
Ableger Langwelle Erching 173 kHz, oder über Langdraht die Kurzwellen
Ismaning oder Britz auf 6005 kHz von den sowjetzonalen Störsendern zu
separieren, das ist sehr optimistisch formuliert, an Aus-Nullen war gar
nicht zu denken.

Zur eigenen Disziplinierung trug auch bei, nach Ende der RIAS Aussendung
unbedingt den KÖRTING wieder auf den Ortsender Erfurt oder Hildburghausen zu
verstimmen, um nicht Spitzeln der Stasi aufzusitzen. Das steckte noch in den
Menschen drin, aus dem Abhören der vormaligen Feindsender BBC oder
Beromünster. Heute wissen wir, dass ein Nachweis des RIAS Abhörens sich
durch die einfache oder doppelte Aussendung der Zwischenfrequenz des Gerätes
mit Richtungsbestimmung auch von aussen sich leicht hätte feststellen
lassen.

Man ist förmlich in den Lautsprecher hinein gekrochen, um das Nutzsignal
gegenüber den SBZ Störsendern akustisch zu trennen. Bemerkt habe ich dieses
typische Heulen und Jaulen, das Aussenden der Mortsekennung, dieses Wabbern
der Wobbelsender zuerst, als wir daheim ein neues Koerting Radio bekamen.
Diese Art von Zuhören tat man sich an, um Herbert Zimmermann beim Endspiel
in Bern 1954 zuzuhören, damit man sich nicht den Klassenstandpunkt im
Kommentar vom verhassten Wolfgang Hempel in Radio DDR III antun musste.
(Heinz-Florian Oertel dagegen hatte es nicht so mit dem Säbel, der focht
feiner mit dem Florett).

Manche Erinnerung and den RIAS ist längst verblasst, nur noch bruchstückhaft
vorhanden, exemplarisch dafür stehen die Berichte von der VoA aus den USA
von Peter Sieger(t)?, die sonoren Sprecher Wolfgang Berendt und Heinz
Petrurow, die Berichte des frühen Armin Amler. Die USA Berichte wurden
damals drahtlos in der Empfangsfunkstelle Überacker, westlich von München
mit grossen Rhombic Antennen aufgefangen, zumindest bis 1973.

1975 zur IFA Berlin durfte ich mit den Berliner Empfangsamateuren die RIAS
Sendeanlagen in Britz besichtigen, auch die Dipolantenne und den Haussender
von 6005 kHz, gleich neben den mobilen Wehrmachtsendern im Mercedes LKW.

1999 habe ich mir dann zusammen mit Christoph Ratzer den Münchner RIAS
Sender zum Tag der offenen Tür in Ismaning ansehen können, die 4 x 75 kW
Teslasender und einen Kriegsbeutesender von CFT Paris aus dem Jahr 1942
waren aber nur noch Museumsstücke. Die Kurzwellenantennen der VoA waren
vollkommen abgebaut. Das VOA LW 173 kHz Biest im Schlossgut Erching war
damals schon längst verschrottet worden.

73 wb

----- Original Message ----- 
From: <02683939289-0001@xxxxxxxxxxx>
Sent: Monday, February 06, 2006 9:58 PM
Subject: [A-DX] 60Jahre RIAS- Erinnerungen!!

Nabend die Runde
Falls noch nicht bekannt, hier ein Pxtip:
DLR K  ab 2000 Uhr am di 7/2
ein großer Jubliäumsabend, u.a. mit Jürgen Graf,
Reporter der ersten Stunde

Meine erste RIAS-Erinnerung: Anfang der 60er war
ich sehr an Fußball interessiert. RIAS hatte wohl
als einziger Sender wöchentlich eine Exklusivsendung, ...

Wäre schön, hier noch weitere Erinnerungen anderer
Funkfreunde zu lesen. Insulaner, Rosenthal, Lord Knud
usw. usw.

Beste Grüße TH.


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