JRC NRD535

Japan Radio Company NRD 535 DG - der Beste?

Erfahrungsbericht von Christoph Ratzer für weltweit hören 11/1992

Japan Radio Company hat sich seit einigen Jahren neben der professionellen NRD 90er Reihe mit semi-professionell aufgebauten Empfängern wie dem NRD 505, 515 und dem weit verbreiteten 525 einen sehr guten Ruf in Kurzwellenhörerkreisen gemacht. Gebrauchtgeräte des japanischen Herstellers erzielen durch die semi-professionelle Bauweise Preise, die man nur mit amerikanischen Geräten von Collins und Drake vergleichen kann. So wollte ich der Frage nachgehen, ob das letzte Produkt aus dem Hause JRC in seiner Luxusversion, genauso wie seine Vorgänger den Stand der Technik repräsentiert und JRC Empfänger weiterhin die Messlatte für die vielen neuen Empfänger die derzeit auf den Markt kommen, darstellen.

Der NRD 535 DG unterscheidet sich durch folgendes bereits eingebaute Zubehör von der Grundversion NRD 535 G: Die ECSS Platine (CMF-78), das 1kHz Filter (CFL-233) und die stufenlose Bandbreitenregelung (CFL-243). Optisch unterscheiden sich beide Versionen durch einen goldenen Schriftzug in der Luxusversion, ansonsten zählen hier die inneren Werte, da in der Grundversion ja auch die gleichen Regler und Schalter wie beim 535 DG vorhanden sind, aber eben ohne Funktion - vielleicht ein kleiner Anreiz sich doch die eine oder andere Zusatzplatine zum Aufrüsten zu besorgen...., obwohl der Kauf des 535 in der Luxusversion insgesamt gesehen preiswerter ist, als hier einzeln nachzurüsten.

Nun aber zur Technik des Empfängers. Der NRD 535 empfängt Signale zwischen 100 kHz und 30 MHz lückenlos, der Synthesizer arbeitet nach dem im Empfängerbau immer häufiger anzutreffenden Prinzip der digitalen Frequenzsynthese, (DDS- “direct digital Synthesizer”) die ein sehr rauscharmes Oszillatorsignal zur weiteren Verarbeitung anbietet. Mit diesen Synthesizer lassen sich hohe Schaltgeschwindigkeiten und eine Abstimmung in kleinsten Schritten von 1 Hz realisieren. Der Empfänger ist mit der gleichen relaisgesteuerten schmalbandigen Vorselektion wie sein Vorgänger NRD 525 ausgestattet, die das Signalangebot für den Empfänger außerhalb der eigentlichen Empfangsfrequenz abschwächt - vergleichbar mit den manuellen Preselektoren älterer Geräte. Er arbeitet als Dreifachsuper mit einer 1. Zwischenfrequenz von 70,455 MHz. Auf der zweiten Zwischenfrequenz von 455 kHz findet die eigentliche Selektion durch die auswählbaren Quarzfilter mit den Filterbreiten 6kHz, 2,4 kHz und 1 kHz statt.Zusätzlich kann durch die eingebaute stufenlose Bandbreitenregelung die Bandbreite zwischen 2,4 kHz und 500 Hz eingestellt werden. Für spezielle Anwendungen kann mit geringem Aufwand zusätzlich das als Option erhältliche CFL-231 300 Hz oder CFL-232 500 Hz Filter nachgerüstet werden. Nach dieser Hauptselektion durchlaufen die Signale zwei ZF Verstärker um dann in der dritten Zwischenfrequenzstufe für das Notchfilter nochmals auf 97 kHz heruntergemischt zu werden.

Die Optik des Empfängers mag neumodern “japanisch-rund” sein, doch sind alle Bedienungselemente (bis auf den Antennenumschalter) auch dort wo sie sein sollten. Auch die zweifache Belegung mancher Schalter bereitet in der Praxis keine Probleme. Auf der rechten Seite des Empfängers finden wir den Lautstärke und den Tone - Regler. Dieser Tone Regler ist im Zusammenspiel mit der als Option lieferbaren RTTY Platine als Mittenregler für den SPACE Filter ausgelegt. Das daneben befindliche Abstimmrad ist nochmals leichtgängiger als beim 525 und in Schritten von 1, 10 oder 100 Hz abstimmbar. Die tatsächliche Frequenzänderung beim einmaligen Umdrehen des Abstimmrades beträgt so nur 1kHz, im Vergleich dazu beim 525 schon 2 kHz. Diese Schritte lassen sich wiederum mit der Taste “Tuning Rate” auf Umdrehungswerte von 10 kHz oder 100 kHz umschalten. Die jeweilige Schalterstellung wird als kleiner Pfeil, quasi als Komma, an der Oberseite der Frequenzanzeige dargestellt. Zusätzlich kann die Abstimmgeschwindigkeit nochmals mit einer bestimmten Tastenfolge vom Hörer auf einen Wert von 250 Hz (!) pro Umdrehung reduziert werden, was im normalen BC Betrieb wohl etwas übertrieben ist, beim Emfang von Fernschreibsendungen in “speziellen” Codierverfahren den nachgeschalteten Dekoder seine Arbeit sicher erleichtert oder gar erst ermöglicht. Über dem Abstimmrad finden sich der bereits erwähnte Tuning Rate Schalter und die Schalter für den schnellen Frequenz- und Speicherwechsel, der AGC Schalter, die Bandbreitenumschaltung der drei Filter (1kHz, 2,4 kHz, 6 und ohne Filter 12 kHz), ECSS Schalter und der Channel und Frequenzumschalter - beide schalten den Empfänger zwischen Speicher und Frequenzbetrieb um. Erwähnenswert ist sicher, daß die AGC- und Bandbreiteneinstellung nicht nur wie z.B. beim Drake R8 in einer Richtung möglich sind, sondern sich nach einer Umstellung der Schalterbelegung mit den UP/DOWN Schaltern in beide Richtungen verstellen lassen. Links von dieser Tastenanordnung findet sich das numerische Tastenfeld mit dem die Frequenz,die Speicherkanäle oder die Frequenz als MHz Bereich eingegeben werden können. Auf der linken Seite des NRD 535 befindet sich das große Display mit Anzeige fast aller Emfängerfunktionen. Hier gefällt mir die größere Frequenzanzeige, das digitale S-Meter wird besser als beim 525 dargestellt. Beim S-Meter läßt sich die Signalstärke nicht nur als Leuchtband darstellen, sondern durch eine betimmte Tastenfoge im “Function” Modus wieder auf die vom 525 gewohnte Einzelstrichanzeige umstellen. Trotzdem ist diese Art der Feldstärkeanzeige meiner Meinung nach kein Fortschritt gegenüber dem wesentlich klarer darstellenden analogen S-Meter in früheren JRC Empfängern ! Unterhalb dieses Displays befinden sich die Schalter für die Einstellung der Modulationsarten RTTY, CW, USB/LSB, AM, FM und FAX. Diese Schalter sind mit Zweitfunktionen ausgestattet. Nach dem Umschalten mit der “Function” Taste lassen sich so Scanmöglichkeiten, Abschwächer, Dimmer und die Uhr mit ihrer Timerfunktion einstellen. Leider wird hier nur mehr eine Uhrzeit dargestellt, bei meinem 525 kann ich hier z.B. beim Empfang indischer Lokalsender die Lokalzeit mit der versetzen 1/2 Std. anzeigen, um nicht immer falsche Lokalzeiten in den Berichten zu verwenden... Unterhalb dieser Schalter befinden sich die Regler für den Noise-Blanker incl. seiner Umschaltmöglichkeiten. Dieser Störaustaster arbeitet im direkten Vergleich zum NRD 525 um vieles besser, beim älteren Modell war nur eine geringe Wirkung bei Vollanschlag des Reglers zu hören, während beim NRD 535 die Regelung besser abgestuft ist. Weitere Regler sind die stufenlose Bandbreitenregelung, die Paßband-Abstimmung und die Regler für RF-Gain, Notchfilter und den Squelch. Als zusätzliches Ausstattungsmerkmal besitzt der 535 eine RS232 Schnittstelle, die man beim Vorgänger noch für gutes Geld nachkaufen mußte. Im übrigens sehr ausführlichen deutschen Handbuch von RICOFUNK finden sich genaue Angabe zur Steuerung des Empfängers. Für Computerfreaks die sich hier etwas vertiefen, lassen sich so viele Funktionen des Empfängers fernsteuern, wie z.B. die Paßband-Abstimmung oder die Bandbreitenwahl auf 1 Hz genau eingestellt werden können. Möchte man nun Tage später die gleichen Einstellungen wiederholen um z.B. eine RTTY Sendung zu empfangen, könnte man auf diese (rechnerischen) Werte wesentlich genauer zurückgreifen als auf eine manuelle Reglereinstellung. Zusätzlich bieten einige Softwarefirmen schon praxisnahe Programme zur Empfängersteuerung. Ich werde in einer der nächsten Ausgaben von Weltweit Hören über diese Möglichkeiten zur Steuerung eines Empfängers genauer berichten.

Wie sein Vorgänger bietet der NRD 535 DG an einer leistungsfähigen FD3BC Langdrahtantenne oder der Diamond CP5 Vertikalantenne einen guten Empfang. Auch mit der Aktivantenne ARA 30 von Dressler war ein fast identischer Signalpegel wie mit dem älteren 525 festzustellen. Ein besseres Signal empfing ich nur im Langwellenbereich, dort lagen die Signale um ca. 2 S-Stufen über denen des 525. Selbst mit 6 Meter Draht die ich probeweise im Raum verlegt hatte bringt der 535 noch brauchbare Ergebnisse, wobei sich auch hier der Merksatz der guten Antenne als bester HF Verstärker nicht durch den guten Empfänger aufhebt! Wenn man nun eine Antenne anschließt, freut man sich über die beiden Antenneneingänge für hoch- und niederohmige Antennen, die aber leider immer noch nicht von der Vorderseite des Empfängers umzuschalten sind. (Drake, Kenwood und Icom können´s schon!) Nach dem Einschalten des Emfängers fällt generell gegenüber dem 525 ein sehr ruhiges und wesentlich angenehmeres NF Signal auf. Speziell mit Kopfhörer ( ich hörte mit dem JRC ST-3, der ja wohl an 525 und 535 optimal angepasst sein sollte) war am 525 auch bei “dunkelster” Einstellung des Tone-Reglers ein ständiges “helles” Hintergrundrauschen zu hören, das auf Dauer schon ermüdete. Hier ist nun beim NRD 535 mit Kopfhörer ein ausgewogenerer Frequenzgang zu bemerken. Nun suchte ich mir abends gegen 23 Uhr UTC im 90 Meter Tropenband ein leises Signal aus Indonesien. Im direkten Vergleich mit dem NRD 525 fällt hier das ruhigere und besser verständliche Signal auf, der RRI Sender aus Tanjung Karang auf 3395 kHz hörte sich wesentlich klarer an, obwohl die Signalstärke an beiden Empfängern ungefähr gleich (schwach) war. Diese Verbesserung der Verständlichkeit ist nicht nur im Tropenband zu hören, sondern macht sich auch bei starken Sendern auf den internationalen Rundfunkbändern bemerkbar. Dieses Signal läßt sich nun mit dem 535 DG in der ECSS Funktion noch merkbar verbessern. Dazu drückte ich nur die ECSS Taste, damit wird nur eines der beiden Seitenbänder des empfangenen AM Signals weiterverarbeitet und der Träger des Empfangssignals durch einen im Gerät erzeugten und daher stabilen Träger ersetzt. Damit werden die Verzerrungen durch selektives Fading in der Praxis wirklich gut unterdrückt. Das funktionierte sehr gut bei VLW Wanneroo aus Australien, abends auf 6140, hier haben sich Störungen von 6135 ausblenden lassen und die Sprachverständlichkeit wurde durch das gleichmäßigere Signal besser hörbar, damit konnte ich nicht nur wie am NRD 525 Stichwörter verstehen um dann auf einen neuerlichen Schwundeinbruch zu warten, sondern konnte die ganze Sendung brauchbar verfolgen. Ähnliche Beispiele fand ich tagsüber besonders in den höherfrequenten Rundfunkbändern, z.B. um bei Australien zu bleiben, morgens auf 21590. Hier lassen sich das Fading und die Störungen von Radio Moskaus Worldservice auf 21585 durch die Wahl des oberen Seitenbandes im ECSS Mode stark vermindern. Trotz des guten Signals aus Australien (ca. S 7) war so noch ein wesentlich ruhigerer Empfang möglich - nicht vergleichbar mit dem 525, selbst wenn dieser in der USB Mode betrieben wurde! Als zweites Bedienungselement zur Signalverbesserung besitzt der NRD 535 DG eine stufenlose Bandbreitenregelung, die nicht nur wie im deutschen Handbuch beschrieben in RTTY, CW, SSB und FAX benutzt werden kann, sondern nun auch in AM verfügbar ist! Diese neue und auch vielen Händlern noch unbekannte Erweiterung dieser Bandbreitenregelung ist für den ernsthaften Kurzwellenhörer ein großer Fortschritt. So konnte ich im Tropenband Radio Malaysia aus Sibu gegen 22.30 Uhr UTC auf 5005 nur mit RTTY Störungen aufnehmen. Wenn man nun wie auch am Vorgänger NRD 525 auf das 1kHz Filter wechselt, sind die Störungen ausgeblendet, das Signal wird aber durch die schmale Filterbreite sehr “stumpf”. Mit der Bandbreitenregelung konnte ich jetzt das Signal genau im richtigen Verhältniss einstellen um einerseits Störungen zu vermindern und anderseits eine möglichst optimale Verständlichkeit des Programms aus Sarawak zu erreichen. Genauso läßt sich der Empfang wenig gestörter Sender noch optimieren, wenn man die Bandbreitenregelung hier z.B. gering im Bereich um 2 kHz einsetzt um so die letzten Störungen zu entfernen. Dann läßt sich mit dem NRD 535 DG ein perfekter Rundfunkempfang in AM auf Kurzwelle verwirklichen, der mit keinem vergleichbaren Empfänger dieser Preisklasse realisierbar ist. Selbst ein Gerät wie der IC 9000 von Icom bietet nur Bandbreiten von 2,4 kHz und 500 Hz - und dazwischen (leider) keine Einstellmöglichkeiten. Aber nicht nur in den Rundfunkbändern macht dies Funktion viel Sinn auch beim Empfang von Amateurfunkstationen in SSB und auch in CW konnte ich diese Lösung sehr gut einsetzen, da die Bandbreite im Extremfall ja bis auf 500 Hz eingeengt werden kann und so wohl nur für ganz spezielle Anwendungen das 300 Hz ZF Filter nachgerüstet werden muß.

Auch wenn man in dieser kurzen Beschreibung des “neuen” nicht alle Details erwähnen kann, bleibt folgendes Fazit:

Japan Radio ist mit dem NRD 535 DG ein ausgezeichneter Empfänger gelungen, der gerade mit seiner ECSS Funktion und der jetzt auch in AM benutzbaren Bandbreitenregelung ein wirklich empfehlenswertes Gerät für den ernsthaften Kurzwellenhörer ist. Gemeinsam mit dem NF-mäßig umschaltbaren NVA 319 Zusatzlautsprecher ( den man sich wirklich leisten sollte, wenn man öfter ohne Kopfhörer hört) besitzt man dann eine Empfangsstation die derzeit sicher das sinnvolle “High-End” für Kurzwellenhörer darstellt.

Das Testgerät stellte freundlicherweise die Fa. Funktechnik Kuso, 1010 Wien zur Verfügung. Danke.

copyright Christoph Ratzer 1992

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