ERA Microreader
ERA Microreader MK2 - Artikel für weltweit hören von Christoph Ratzer
Im Jahre 1990 war die Dekodierung von Morsesignalen noch nicht mit einfachsten - und weit verbreiteten - Programmen möglich, so das dieses kleine Zusatzgerät damals gerne von den Empfangsamateuren verwendet wurde. Aus dieser Zeit stammt mein Erfahrungsbericht.
Wenn man sich als Kurzwellenhörer näher mit dem Empfang vonTelegraphiesignalen beschäftigen möchte, gibt es mehrere Wege die zum Ziel führen. Der preiswerteste, wenn auch nicht der schnellste Weg ist wohl, sich die Kenntnisse der Morsetelegraphie im Selbststudium anzueignen. Wie man sich das als Laie so vorstellt, lernt man zuhause brav ein paar Monate, geht dann zur Prüfung - und beherrscht dann die ganze Materie perfekt. Nur ist es meistens im richtigen Leben ein wenig anders, daher kann man sich für die zweite Möglichkeit entscheiden. Man kauft sich einen leistungsfähigen und dementsprechend teuren Decoder, der neben CW natürlich auch noch viele, viele andere Modulationsarten decodiert und stellt dann nach einigen Monaten fest, daß man das teure Stück doch viel zu wenig benutzt. Da wird dann wohl die dritte Möglichkeit die vernünftigste sein. Man kauft sich den Microreader MK 2 der englischen Firma ERA Electronics. Dieser kleine Decoder kostet knapp unter 500 DM und bietet für diesen Preis wohl Erstaunliches. Das mit ca. 13 x 5 x 12 cm wirklich kleine Gerät besitzt eine sehr einfache Bedienung mittels eines einzigen Schaltknopfes. Dieser nun mit der Softwareversion 4.1 erhältliche Decoder decodiert CW, RTTY, AMTOR, SITOR (FEC B und NAVTEX) und kann auch noch als Morseübungsgerät eingesetzt werden. Auch ist mit der neuen Ausführung des Microreaders erstmals die Möglichkeit gegeben, selbst getastete Morsesignale auf dem LC Display darzustellen. Auf der Vorderseite des Gerätes befindet sich das eben angesprochene LC Display mit der Darstellung von 16 Buchstaben oder Ziffern. Negativ fällt hier die schlechte Lesbarkeit des Displays auf, wenn es nicht direkt von vorne beleuchtet wird. Ein hintergrundbeleuchtetes Display wäre hier eine gute Sache! Weiters befindet sich an der Vorderseite des ERA Readers ein Indikator zum genauen Abstimmen des empfangenen Signals. Dieser Indikator besteht aus 10 Elementen, wobei die beiden äußersten LEDs in rot, die weiter innerhalb befindlichen LEDs in orange und die mittlere Anzeige in grün ausgeführt sind. Im Vergleich zu anderen Decodern glaubt man zuerst, daß wichtige Bedienungselemente fehlen müßen, doch in der Praxis kann man sich durchaus mit dieser Lösung anfreunden. Auf der Rückseite sind der Hauptschalter, zwei Ein- und Ausgänge für die NF Signale, eine Anschlussmöglichkeit für Rechner über eine RS232 Schnittstelle und ein kleiner Regler zur Justierung des NF -Eingangspegels und ein Regler zur Einstellung des Betrachtungswinkel des LC Displays.
Um nun den Microreader in Betrieb zu nehmen, muß man nun als Erstes den Decoder mit einer Gleichspannung zwischen 12 und 16 Volt versorgen. Als Nennspannung werden in der ganz vernünftig ins Deutsche übersetzten Bedienungsanleitung 13,8 Volt angegeben. Nachdem das Gerät mit Spannung versorgt ist, kann man nun den On/Off Schalter auf der Geräterückseite einschalten und der Microreader bringt nach einem kurzen Ton, der die internen Prüfungen des Gerätes quittiert noch den Hinweis auf die Softwareversion “4.1” und danach erscheint schon der Name der Option, die mit dem Bereichsschalter eingestellt wurde. Nun könnte man schon die ersten Signale decodieren. Doch vorher muß der Microreader noch an den Empfänger oder Transceiver angeschlossen werden. Und hier zeigte sich, daß NF nicht gleich NF ist... Nachdem ich den Decoder an den “Line-out” Ausgang des NRD 525 angeschlossen hatte, passierte fast nichts. Zwar wurden in der RTTY Option verschiedene Zeichen dargestellt, diese hatten aber mit dem (vermuteten) Inhalt der Sendung gar nichts zu tun. Und Morsesignale wollte das kleine Gerät gar nicht darstellen. So vermutete ich schon einen Fehler am Microreader selbst, und als ich dann den Decoder am Lautsprecherausgang meines alten Collins 51S-1 angeschlossen hatte, zeigte er mir sehr freundlich Mitschriften von Funkamateuren aus aller Welt! Am Lautsprecherausgang des NRD 525 und des Drake R8 “läuft” der Microreader übrigens nun auch ganz problemlos. So zeigte sich, daß die “Line-out” und “Record” Ausgänge der ausprobierten Empfänger trotz verschiedener Einstellungen des Ausgangspegels nie zu einem guten Ergebniss führten. Diese Anmerkung erscheint mir sehr wichtig, um so das eigentlich einzige Problem im Betrieb mit dem Decoder gar nicht entstehen zu lassen!
Wenn man nun mit dem Decoder CW Signale “entschlüsseln” möchte, braucht man nur den Kurzwellenempfänger auf die gewünschte Frequenz in SSB oder CW einzustellen,den Microreader einzuschalten und den Bereichsschalter auf die Stellung “CW AUTO” zu stellen. Nun stimmt man mit Hilfe der farbigen LEDs das Signal am Empfänger optimal ab und schon erscheinen die decodierten Buchstaben am Display. Die Feinabstimmung gelingt in der SSB Einstellung des Empfängers schneller als in der CW Mode, weil die im Decoder eingebauten Filter sehr steil sind und so der Decoder selbst den Unterschied zwischen Punkt und Strich besser erkennt als wenn schon sehr schmale und vielleicht unsauber abgestimmte Signale dem Microreader zur weiteren Verarbeitung angeboten werden. In der Praxis ist die Verwendung des kleinen Zusatzgerätes eine sehr einfache Sache, so konnte ich neben vielen Funkamateuren auch einige Baken wie z.B. DK0WCY auf 10144 kHz täglich gut verfolgen um hier immer den neuesten Funkwetterbericht und eine Funkwettervorhersage abzurufen. Danach konnte ich gezielt in den Tropenbändern nach seltenen Stationen suchen, oder doch lieber die Abendsendung aus Beijing hören, ohne das schlechte Gefühl zu haben, auf Grund des guten Funkwetters etwas versäumt zu haben! Für schnelles oder langsames CW gibt es die Option “CW SLOW” und “CW FAST”, die ich aber noch nie beutzt habe, der Microreader hat mir noch (fast) alle CW Signale lesbar gemacht. Probleme hatte der Decoder mit sehr unsauber gegebenen Zeichen, die man zwar selbst versteht, der Decoder zeigte aber außer EEEEE nichts an. Im Vergleich zum Telereader 670 ist die Einstellung aber wesentlich “ungenauer” möglich, bei gleich gutem Ergebnis. Natürlich kann man neben dem Empfang von Funkamateuren auch einen Blick über den Zaun machen. So sind z.B. Seefunksender in CW mit ihren Allgemeinen Anrufen aus allen Teilen der Welt gut zu decodieren. Hier können die entsprechenden Fachbücher - und Listen der Verlage Siebel, Herbst und Klingenfuss sehr empfohlen werden.
Eine weitere Betriebsart ist die Decodierung von RTTY Signalen. Am Besten versucht man am Anfang Funkamateure im 80 Meter Band mitzuschreiben, um Übung bei der genauen Einstellung der Signale zu bekommen. Im Frequenzbereich um 3,6 MHz und zwischen 14,070 und 14,100 MHz finden sich fast immer Funkamateure die ihre Nachrichten in RTTY austauschen. Um diese Signale zu empfangen, stellt man den Bereichsschalter auf “RTTY” und schaltet jetzt erst den Decoder ein. Dieser fragt nun “SELECT?”. Jetzt stellt man den Bereichsschalter auf die Stellung “CW OPTION”. Diese Schalterstellung legt nun die Übertragungsgeschwindigkeit in “Baud” fest. Dieser Wert wird nun mit 45 BAUD festgelegt, dies wird im Display mit derAnzeige “45 NORMAL” bestätigt. Jetzt sagt uns der Microreader, das wir die Shift, also den Abstand der beiden übertragenen Töne einstellen sollen. Daher stellen wir nun den Bereichsschalter auf “170” Hz. Weitere gebräuchliche Einstellmöglichkeiten wären 425 oder 850 Hz. Nun meldet sich der der kleine ERA mit “OK” und beginnt den Text der Funkstation mitzuschreiben. Wenn der Empfänger nicht genau auf die Sendefrequenz des Funkamateurs abgestimmt war, erscheint die Meldung “CANT READ”. Meistens ist durch eine geringe Verstellung der Frequenz ein Mitschreiben wieder möglich. Kleine Probleme bereitete mir der Empfang von beiden Funkamateuren, hier mußte man meistens nachjustieren und so fehlte immer der Anfang einer Aussendung. Diese Betriebsart erfordert wesentlich mehr Feingefühl bei der Einstellung am Empfänger als normales CW.
Als weitere Betriebsart decodiert der Microreader SITOR und AMTOR Signale. Bei AMTOR Signalen handelt es sich um eine fehlerkorrigierende Fernschreibart von Funkamateuren die auch auf den gleichen Frequenzen wie “normales” RTTY zu beobachten ist. Die professionelle AMTOR Version FEC B wird hauptsächlich für den Seefunkdienst und andere nichtöffentliche Dienste verwendet. Der Decoder wird zum Empfang dieser Signale gleich eingestellt wie im normalen RTTY Betrieb und zeigt die andere Codierart der Signale nicht extra an. Als weitere SITOR Betriebsart decodiert der ERA Microreader NAVTEX Signale. Diese Betriebsart ist ein Funkfernschreibverfahren, dessen Frequenzbereich knapp unter dem der Rundfunk - Mittelwelle beheimatet ist. Hier werden hauptsächlich Wetternachrichten und Informationen für die Seefahrt verbreitet. Für die Einstellung dieser Signale gilt das vorhin für RTTY erwähnte Feingefühl am Empfänger. Hier dürfte man bei der Verwendung kleinerer Rundfunkempfänger schnell an die Grenze des decodierbaren kommen, ganz im Gegensatz dazu haben sich CW Signale auch mit einem Sony ICF 2001 sehr gut mitschreiben lassen.
Und um nun wieder zum Anfang meines Artikels zurückzukehren, kann man die folgende Betriebsart des Microreaders benützen: den Morse Tutor. Dieser Morselehrer besitzt viele Möglichkeiten zum Empfangstraining der Morsesignale und auch die Möglichkeit mit einer Taste das richtige Geben zu erlernen und dieses auch am Display zu kontrollieren. Hier wählt man nun die Option “TUTOR” und folgt nun den Angaben am Display. Nach der Einstellung “RECEIVE PRACTICE” für das Empfangstraining gibt man noch “LETTERS” für Buchstaben und die Geschwindigkeit mit “SPEED 12 WPM” für das Gebetempo an und kurz darauf beginnt der Microreader mit der Ausgabe von zehn 5er Gruppen. Danach fragt er “SWITCH FOR NEW GROUPS”. Wenn man nun weitere Gruppen hören wil, schaltet man den Bereichsschalter um eine Stellung weiter und schon hört man die nächsten Gruppen. Zusätzlich kann noch zwischen Nummern, Buchstaben und Nummern und Satzzeichen gewählt werden. Beim Sendetraining ist der Microreader ein sehr genauer Lehrer, bei meinen ersten Versuchen glaubte ich immer ordentlich zu geben, aber wie auch die Betriebsanleitung überraschend (wortwörtlich) feststellt: Morsen will eben gelernt sein...
Zusammengefaßt hinterläßt der ERA Microreader MK 2 einen guten Eindruck. Natürlich muß man wissen, was man mit diesen Decoder machen will. Wer sich ernsthaft mit dem Empfang von Utility Sendern beschäftigt, wird mit dem kleinen Zusatzgerät nicht viel anfangen können und wird sich wohl Decodern wie dem Wavecom oder den Decodern der Universal Reihe wie sie Zico vertreibt zuwenden. Wer jedoch nur gelegentlich Funkamateuren, Baken und Seefunksendern aus aller Welt “zusehen” möchte und deswegen nicht extra Morsen lernen möchte, für den ist nach einem Blick auf den Preis der ERA genau der Richtige - und Störungen wie sie viele PCs im Empfänger produzieren, wenn man sie mit entprechender Software zum Decodieren dieser Signale verwendet, macht der ERA auch nicht!
Für das zur Verfügung gestellte Testgerät möchten wir uns bei Isaac Leibovich DH6FAT und der Firma ERA Ltd in Warrington - England herzlich bedanken.
copyright Christoph Ratzer 1992