AOR 7030

AOR 7030 - Empfängertest aus weltweit hören 1996 von Christoph Ratzer

Schon kurz nach seiner ersten Erwähnung in verschiedenen Medien (siehe auch wwh 2/96) sprachen viele vom neuen „Wunderempfänger“. Sollte der neue Empfänger des japanischen Scannerherstellers AOR, der mit dem AR 3030 sein erstes Produkt für den Kurzwellenhörer vorstellte, doch laut Papierform besser sein als alle anderen (auch professionellen) Empfänger bis zur 10.000 DM Preisklasse.

Die technischen Daten des Herstellers versprechen folgende Leistungen:
Durchgehender Empfang von 0-32 MHz, kleinster Abstimmschritt 2,7 Hz (...auch wenn der „Funk“ - Referenz Tester von 2,7 kHz schreibt...) als Betriebsarten sind AM, AM mit Synchrondetektor, USB,LSB,CW,DATA und N(arrow)FM verfügbar. Als Bandbreiten stehen Filter mit 2,2 kHz, 5,5 kHz, 6,5 kHz und 10 kHz bereit. Die Empfindlichkeit wird mit <0,5 uV für 10 dB S/N in AM und <0,3 uV in SSB angegeben, der Dynamikbereich mit > 100 dB in AM (6,5 kHz Filter), >105 dB in SSB (2,2 kHz Filter). Der Intercept Punkt 3. Ordnung lt. Hersteller > +30 dBm (gemessen mit 100 kHz Abstand, ohne Vorverstärker, bei Verwendung des HF-Vorverstärkers > +20 dBm) Die NF Ausgangsleistung von 2W an 8 Ohm wird bei 15 Volt Betriebsspannung erreicht. Der Stromverbrauch liegt dann bei ca. 500 mA, im „standby“ Betrieb werden 30 mA benötigt. Das Gerät bringt 2,2 kg auf die Waage, seine Maße B 240 x H 90 x T 255 mm.

Seriennummer 15 für den Weltweit Hören Test.

Eines der ersten Geräte stand unserer Testredaktion zur Verfügung, ein besonderer Dank an Difona Communication in Offenbach. Der Empfänger mit der Seriennummer 00015 kam mit einer „vorläufigen“ Bedienungsanleitung, die neben der Bedienung des Empfängers auch eine allgemeine Einführung zum Thema Kurzwellenempfang und die Steuerung des Empfängers via PC beschreibt. Weiters wird der 7030 mit einem externen Netzteil geliefert, das sich wohltuend von so manchen „Steckernetzteilen“ unterscheidet.

Das Metallgehäuse des AOR ist massiv ausgeführt, die (wenigen) Bedienungselemente scheinen auch für eine lange Lebensdauer gebaut zu sein. So liegt besonders der mit elektronischem Schwungradeffekt abstimmbare Hauptabstimmknopf gut in der Hand, er läßt eine bemerkenswert feinfühlige Bedienung zu. Der Lautsprecher an der Oberseite des Empfängers verdient diesen Namen wirklich, auch wenn man ihn nicht unbedingt mit dem zu klein geratenen Lautsprecher der NRD 525/535 Serie vergleicht. Eine Fernbedienung, die sowohl von der Vorder- und Rückseite des AR 7030 durch zwei IR-Empfänger zu bedienen ist, komplettiert die Ausstattung. Diese im Lieferumfang enthaltene Fernbedienung gefällt durch ihre zu kleinen Tasten weniger.

Die Bedienung des Empfängers erfolgt über Menütasten, die je nach Betriebszustand belegt werden können. An der linken Seite des Empfängers befindet sich oben der Ein/Aus Schalter. Dieser schaltet den Empfänger an und wählt das Setup Menü um weitere Betriebszustände zu schalten. Schaltet man nun den 7030 aus, muss man diesen Schalter zweimal betätigen, ein guter Schutz um versehentliches Ausschalten zu verhindern. Rechts daneben das große LC-Display, dessen Kontrast an der Rückseite des Empfängers verändert werden kann. Am Display werden je nach Betriebszustand Frequenz, Bandbreite, Passband Tuning, VFO Einstellungen, Speicherbelegung, Abschwächer bzw. Vorverstärker, Laustärke (in Prozent!) und durch eine Balkenanzeige die Feldstärke angezeigt. Die benutzten Möglichkeiten dieses LC-Displays gefielen mir sehr gut, zeigen sie dem Hörer immer nur die gerade gewählten und notwendigen Informationen an. Einzig die sehr kleine und schlecht ablesbare Markierung des S-Meters gefiel mir weniger. Neben dem Display findet man den schon genannten Hauptabstimmknopf und darüber, sehr griffgünstig, die Knöpfe zur Einstellung der Abstimmgeschwindigkeit und der Betriebsart. Durch die Umschaltung in den „Fast“ Modus lassen sich grössere Frequenzsprünge sehr rasch realisieren, der Schwungradeffekt tut hier seinen Teil dazu. Durch den Wechsel von AM in SynchAM schaltet diese „Fast“ Abstimmart selbsttätig aus, damit der Synchrondetektor richtig einrasten kann. Diese und alle anderen Betriebsarten werden mit den beiden neben dem „Fast“ Abstimmknopf befindlichen Tasten betätigt, wobei man in Reihenfolge nach links oder rechts in der Betriebsartenwahl weiterwählt. Ein kleiner aber wesentlicher Bedienungsfortschritt gegenüber dem nervigen „Weiterdrücken“ bei so manchem modernen Empfänger. Links unten befindet sich der stufenlose Lautstärkeregler, der wie schon erwähnt seine Einstellung am Display von 0 - 96 % (=Maximum) anzeigt. Der unbeschriftete Drehregler rechts neben der Lautstärkeregelung arbeitet ebenfalls stufenlos und wird je nach Betriebszustand für verschiedene Einstellungen verwendet, z.B. Passband Shift, ZF Verstärkung und Squelch-Einstellung um nur einige zu nennen. Die Regelung eines in Entwicklung befindlichen Notch-Filters dürfte auch mit diesem Regler möglich werden, was die grossen Möglichkeiten dieses Bedienungskonzeptes zeigt. Der ebenfalls unbeschriftete Knopf rechts daneben dient zur direkten Menüsteuerung dieses Drehreglers. Die beiden verbliebenen Regler haben auch so ihre Geheimnisse, die durch die Beschriftung erkennbaren Funktionen „RF-IF Key“ und „Filter Key“ sind längst nicht alles was sich damit machen lässt. Es werden weitere Funktionen wie der VFO, Verstärkung, Toneinstellungen (Bässe und Höhen getrennt!) eingestellt. Die Funktionsweise des umfangreichen Menüs ist zum besseren Verständnis in der Grafik dargestellt .

Ein kurzer Blick auf die Geräterückseite zeigt uns die DIN Buchse zur Computersteuerung. Ein entsprechendes Windows Programm (3.11 und 95) vom Hersteller ist in Ausarbeitung, es verspricht einige Highlights wie Spektrumanalyse, HF Ausbreitungsprognose mit grafischer Darstellung auf einer Weltkarte und die Möglichkeit den Speicherinhalt als File mittels Microsoft Exchange als eMail zu verschicken. Das dies nicht die einzige Steuersoftware bleiben wird, scheint auch klar zu sein. Warum allerdings diese so wichtige Schnittstelle nur mit 1200 Baud arbeitet, bleibt Geheimis der Entwickler. Der Drake R8A bietet z.B. Datenaustausch mit 9600 Baud. Gerade bei aufwendigeren Softwaresteuerungen ein klarer Vorteil. Der AUX Ausgang versorgt ein Tonband, dient zur Stummschaltung im direkten Betrieb mit einem Amateurfunksender, stellt 14 Volt mit max. 100mA für Zusatzgeräte zur Verfügung und bietet außerdem einen 455 kHz Ausgang für weitere Möglichkeiten. Daneben die Buchse für die Stromversorgung, in der Anleitung des AR 7030 wird extra darauf hingewiesen, daß die optimale Leistung des Empfängers nur mit 15 Volt erreicht wird. Die Buchse für den externen Lautsprecher und die (an der Rückseite schaltbaren) Antennenanschlüsse vervollständigen das Angebot. Neben der Möglichkeit eine Drahtantenne und eine (hoffentlich) gute Erdung anzuschliessen, können über die SO 239 Buchse niederohmige Antennen angeschlossen werden.

Um der nach dem Erscheinen des AOR AR 7030 oft gestellten Frage nach dem besten Empfänger eine Hilfestellung bei der Antwort zu geben, gleich zu den praktischen Eindrücken. Als Vergleich diente der DSP-Profi Watkins Johnson HF 1000, dem der AOR ja angeblich so nah auf den Fersen ist. Nach dem Einschalten beginnt zuerst die (einmalige) Einstellung des Setups um die Filter einzustellen. Hier erkennt der Empfänger die benutzten Filter und zeigt deren genaue Werte an. Wobei hier wirklich genaue Werte gemeint sind, so hat der 7030 für das (lt. Herstellerangaben) 2,2 kHz breite Filter am Testgerät einen Wert von 1,9 kHz gemessen. Weiters erkennt der Empfänger über ein vom DDS Synthesiser erzeugtes Signal z.B. die Mittenfrequenz und Passband Charakteristik der Filter und speichert dann diese Werte. Weitere Setup Einstellungen betreffen Verstärkung/Abschwächung, Grundeinstellungen des Synchrondetektors und verschiedene Einstellungen des Ausgangspegels. Die Bedienung des Receivers gelingt auf Anhieb auch ohne Anleitung, wie auch schon von Lowe Produkten aus der Hand des selben Entwicklers. Und hier fällt nun zu allererst der satte Klang mit einer sehr präzisen Signalwiedergabe auf. So sollte ein Kurwellenempfänger klingen. Sehr gut. Wenn man nun den Kopfhörer verwendet, erkennt man die sinnvollen Grenzen dieses ungewöhnlichen Designs. Denn warum die bei hochwert igen Empfängern noch selten anzutreffende 3,5 mm Kopfhörerbuchse störend zwischen zwei Reglern zu finden ist, versteht so mancher Kurzwellenhörer nicht.

Abends nun auf 15540 kHz kommt HCJB mit dem englischen Programm auf beiden Empfängern mit starken Signal an. Am HF 1000 wirkt der Synchrondetektor wesentlich ruhiger, allerdings klingt das Signal insgesamt flacher. Sicher auch ein Verdienst der getrennten Höhen- und Tiefenregelung des AOR. Die Änderung der Filterbreiten kann dann schon die erste Freude etwas trüben, wenn man sich nicht im richtigen Menü befindet. Hier beginnt nun (ohne Blick ins Handbuch) eine wilde Suche nach dem richtigen Untermenü um diese Funktion aufzurufen. Hat man dieses Menü gefunden und erfreut sich an der „richtigen“ Bandbreite, möchte man dann aber auf den zweiten VFO wechseln - beginnt dieses Spiel von neuen. Hier gefallen mir persönlich die klaren Tasten eines HF 1000 oder des Drake R8A. Gerade bei Drake hat man ja aus der ersten Serie gelernt und bietet nun mehr Bedienungselemente statt weniger an. Versteht man das Konzept der sparsamen Tasten bei einem KW-Winzling wie dem Lowe HF 150, verwundert es beim 7030 etwas. Zurück zum VFO. Dieser hat die erfreuliche Eigenschaft, sich neben vielen anderen Parametern auch die einge Ästellte Lautstärke zu merken. Eine ganz tolle Funktion wenn man gerade im Tropenband die Zweitausstrahlung eines Lokalsenders sucht, so konnte ich das schwache Signal des Senders Lhasa auf 4820 gut mit der leichter zu hörenden Frequenz 4035 vergleichen, ohne bei jedem Frequenzwechsel die Lautstärke neu einzustellen. Hier fehlt dem HF 1000 nicht nur die Speichermöglichkeit, sondern auch der zweite VFO... Dafür lassent sich am Watkins die augenblicklich verwendeten Frequenzen mit nur einem Tastendruck verspeichern und wieder abrufen. Wenn wir nun am AOR dem Sender Lhasa im Tropenband auf 4035 nach 23 Uhr zuhören, kommt beim AOR die ausgezeichnete Möglichkeit des Passband - Tunings erstmals zum Einsatz. Und hier bringen die gegenüber dem HF 1000 mit seinen 58 Filter-Bandbreiten doch spärlichen Filtermöglichkeiten des 7030 diesen Newcomer an die erste Stelle. Denn ruhiger AM Empfang mittels Synchron-Detektor ist die eine Sache - hier aber nun auf das weniger gestörte Seitenband stufenlos (!) zu wechseln, um Störungen zu entfernen, ist eine grandiose Sache. So konnte der erwähnte Sender aus Lhasa mit dem 1,9 kHz Filter störungsfrei gehört werden. Am HF 1000 konnte ich nun mit 2,0 kHz Bandbreite entweder reinen AM Empfang wählen, dann auf 4034,2 abstimmen um der Störung zu entgehen, dafür aber das unruhigere Signal ohne Synchron-Detektor in Kauf nehmen. Oder ich schalte den HF 1000 im Synch Betrieb mit 1,3 oder 1,4 kHz Bandbreite, höre damit auch keine Störungen, muß aber die „dumpfer“ klingende kleine Bandbreite in Kauf nehmen. Wobei dies am HF 1000 durch seinen klaren Sound nicht „wirklich“ dumpf ist... Diese Beispiel steht stellvertretend für viele andere Vergleiche, gerade für DXer in den Tropenbändern erscheint mir diese Funktion des AOR eine fast revoluti Çonäre Neuerung in der (bezahlbaren) Empfangsqualität zu sein. Sieht man von aufwendigen Zusatzgeräten wie den - ebenfalls stufenlos regelbaren - externen Synchron-Detektor des amerikanischen Herstellers Sherwood ab.

Doch zurück in die internationalen KW Bänder. Hier leistet sich der AOR in den niedrigeren Kurzwellenbändern offensichtlich einige Schwächen. Gerade bei stark gestörten Sendern, sei es nun der selten hörbare Sender der Elfenbeinküste auf 7215 (gegen 21 UT probieren) oder das an sich nicht so schwache aber stark gestörte Signal des Senders Brazzaville auf 5985 zur gleichen Zeit, klingt der Empfang merklich verwaschener als bei Sendern in den Bändern über 10 MHz. Gerade hier ist der Unterschied zum Watkins Johnson klar erkennbar. Hier dürfte die in den letzten Monaten geführte Diskussion um den wirklichen Intercept Punkt 3. Ordnung dieses guten Empfängers vielleicht zum Tragen kommen. Ohne hier ins Detail zu gehen, möchte ich in Kurzform informieren. Schon bei der Veröffentlichung der ersten technischen Daten (siehe auch wwh 2/96) erwähnte ich die nicht bekannte Messweise dieses Wertes. Denn nur allzuoft steht die Werbeaussage „sehr guter“ technischer Werte an erster Stelle, oft kann der Konsument - nicht nur bei Kurzwellenempfängern - diese Angaben nicht überprüfen. AOR hat diesen grundsätzlich wichtigen, aber auch überschätzen Wert des Intercept Punktes 3. Ordnung mit +35 dBm angegeben, ein Wert wie er von Profis wie dem Rohde&Schwarz EK895 oder dem HF 1000 bei seriöser Messweise erreicht wird. Bei einem ersten Gerätetest stellte die Redaktion von Radio Netherland´s Media Network starke Abweichungen fest. So wurden Werte von +1 (!) dBm ohne Vorverstärkung gemessen, die sich kontinuierlich bis +36 dBm fortsetzen. Dann allerdings wurde mit 30 dB Abschwächung (!) gemessen. Was das in der Praxis bedeutet kann sich jeder Hörer selbst vorstellen wenn er den Abschwächer am eigenen Rx benutzt. Andere Messungen des amerikanischen Herstellers Kiwa (bekannt durch seine hochwertigen Filter und die MW Loop Antenne) der für den AR 7030 nun selbst Filter (2,5 3,1 3,7 4,0 und 7,3 kHz) anbietet, ergaben Werte um +34 dB im 12 MHz Bereich ohne Vorverstärker. Mit Vorverstärkung wurde ein Wert von +9,75 dBm im 12 MHz Bereich gemessen. Im niederen Frequenzbereich bei 2 MHz wurden IP3 Werte von nur mehr + 10,8 dBm gemessen, also direkt vergleichbar mit anderen guten Stationsempfängern.

Wenn ich mir nun daraus selbst ein Bild mache, komme ich zu der Annahme das hier ein Zuammenhang zwischen der gegenüber dem HF 1000 erkennbaren schwächeren Empfangsleistung und diesen verschiedenen Testwerte bestehen muß. Was die Leistung des 7030 keineswegs schmälert, allerdings seine Mitbewerber, also Lowe´s brandaktuellen HF 250 in der „Europa“ Version (schon bald im wwh Praxis-Test) und Drake´s R8A sicher technisch auf die gleiche Stufe stellt. Unterschiede in den Bedienungskonzepten sind hier natürlich nicht berücksichtigt.

Fazit? Ein ausgezeichneter Empfänger wie man ihn sich bis vor kurzem nur von erfahrenen Empfängerproduzenten wie z.B. ICOM, JRC oder Lowe erwartet hätte. Zu einem äußerst attraktiven Preis angeboten, bietet der AOR AR 7030 ein vernünftiges Gesamtkonzept, sehr gute Empfangsleistung und gerade die Möglichkeiten der Filternachrüstung und verschiedenes Zubehör machen den AOR derzeit zu „dem“ Allroundempfänger für alle Funkbegeisterten. Negativ erkennbar ist die teilweise umständliche Bedienung der Menüs und das derzeit noch fehlende (aber in Entwicklung befindliche) Notchfilter.

copyright Christoph Ratzer 1996

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