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[A-DX] Vatikan im Radio - Das Radio und die großen Ideen


  • Subject: [A-DX] Vatikan im Radio - Das Radio und die großen Ideen
  • From: "Florian Usner" <Florian-Muenchen@xxxxxxxxxxx>
  • Date: 28 Mar 2008 13:47 GMT

 
Vatikan im Radio - Das Radio und die großen Ideen

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 23.03.2008) 

Quelle: www.tagesspiegel.de


Der Sender des Vatikans sucht sich seine Nische in der Kurzwelle und
findet vor allem den deutschen Markt schwierig. Viele Hörer hat der
Papstfunk in Indien. 
 
„Ach ja, Deutschland“, sagt Eberhard von Gemmingen, „dort sind wir
schwach. Ein normaler deutscher Katholik erwartet aus Rom ohnehin nichts
Gutes, und dann senden wir auch noch auf Kurzwelle. Wir sind ein
Fremdkörper heutzutage.“ Aber immerhin: „Ein Prozent der Katholiken,
also 300.000 Menschen, hören uns in Deutschland, Österreich und der
Schweiz. Und wenn ein Pfarrer mal 300.000 Menschen erreicht, dann ist
das ja auch nicht so schlecht.“ Eberhard von Gemmingen, demnächst 72
Jahre alt, Jesuitenpater aus altem schwäbisch-fränkischen Adel, leitet
die deutschsprachige Abteilung von Radio Vatikan seit 1982. Eine
Österreicherin, ein Schweizer, vier Deutsche – zu sechst sind sie unter
den insgesamt 384 Beschäftigten des Senders, die aus 61 Ländern stammen
und in mehr als vierzig Sprachen weltweit berichten. 

„Das größte Echo kommt aus Indien“, sagt Gemmingen: „Jeden Monat kriegen
wir um die tausend Hörerbriefe, die meisten von Hindus und Muslimen;
Christen gibt’s dort ja nur wenige. Kurzwelle ist dort noch
weitverbreitet, und die Leute suchen unsere Frequenzen offenbar, denn
wir sind nicht ein Missionssender, der Reklame macht und sich
aufdrängt.“

Das Radio dringt auch in Gebiete vor, die dem Papst politisch
unzugänglich sind. „Das Internet lässt sich aufhalten, Rundfunkwellen
nicht“, sagt Pater Gemmingen mit Blick auf die Volksrepublik China oder
auf islamische Staaten, wo Christen unterdrückt oder gar verfolgt
werden. „Man könnte unsere Signale mit Störsendern zudecken – aber ob
sich das lohnt für Sprachgebiete, in die wir nur zwanzig Minuten oder
eine halbe Stunde pro Tag senden?“ Das hätten nicht einmal die alten
Ostblockstaaten getan. „Außerdem haben wir nie zum Umsturz aufgerufen;
wir waren auch nie subversiv wie Radio Free Europe oder Radio Liberty,
als es die kommunistischen Regimes noch gab. Unsere Programme waren und
sind eben fürs langfristige Durchhalten gut. Wir stärken den Rücken. Und
mancherorts ist es wichtiger, zwanzig Leuten den Rücken zu stärken als
anderswo zehntausenden.“ Papstbotschaften, Informationen aus Kirche,
Gesellschaft und Politik, bunte Magazinsendungen zu sozialen oder
Umweltfragen: „Was die Sprachsektionen ihren Hörern anbieten, darin
haben sie sehr große redaktionelle Freiheit“, sagt Gemmingen.
„Ideologische Vorgaben gibt der Vatikan nicht; keiner drängt uns,
irgendwelche Kampagnen zu lancieren.“

Als die heikelsten Programme gelten senderintern das chinesische und das
deutsche. Das chinesische aus politisch- diplomatischen Gründen, das
deutsche – nun ja: „Es gibt halt in Deutschland viel mehr
kirchenkritische Stimmen als anderswo. Aber, nur als Beispiel: die
aktuelle jüdische Kritik am Karfreitagsgebet – das sind wichtige
Stimmen, die wir nicht verschweigen wollen. Das sichert unsere
Glaubwürdigkeit.“

Hat Papst Benedikt XVI. überhaupt ein Verhältnis zum Rundfunk? „Ach ja,
als der Sender 75 Jahre alt wurde vor zwei Jahren, da hat er uns in der
Redaktion besucht. Ansonsten denkt gerade dieser Papst in ganz langen
Jahrhunderten. Die Medien, sagt er, die brauchen wir, wichtiger aber
sind die großen, tragenden Ideen.“ Pater Gemmingen sieht die Zukunft im
Radio und im Internet. Gemmingens Sektion probiert es auch mit einem
täglichen Newsletter. Weit gekommen ist man noch nicht. „In Deutschland
haben wir nur 7000 Abonnenten. Für mich ist das katastrophal wenig. Wenn
wir uns schon so viel Arbeit machen.“ 


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