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[A-DX] Deutsche-Welle-Intendant Bettermann: "Wir sind keine PR-Agentur"


  • Subject: [A-DX] Deutsche-Welle-Intendant Bettermann: "Wir sind keine PR-Agentur"
  • From: "Florian Usner" <Florian-Muenchen@xxxxxxxxxxx>
  • Date: 08 Jun 2008 14:49 GMT

Deutsche-Welle-Intendant Erik Bettermann über den Wandel der Aufgaben
seines Senders, den Abschied vom Sendebetrieb über analoge Kurzwelle -
und das Aus für Radio Multikulti.

"Fernsehen funktioniert als Türöffner in einer Region":
Deutsche-Welle-Intendant Erik Bettermann    

taz: Herr Bettermann, Radio Multikulti wird zum Jahresende aus
Kostengründen eingestellt. 
Die Deutsche Welle ist auch ein internationales Programm - wie
beurteilen Sie die Entscheidung des RBB? 

Erik Bettermann: Das ist natürlich Sache des RBB, aber ich bedauere
diesen Verlust. Diese Mehrsprachigkeit von Radio Multikulti ist ja auch
ein Stück Multikulturalität. Berlin verliert damit ein Flaggschiff. Das
trifft die ARD umso gravierender, da die süddeutschen ARD-Anstalten sich
ja schon länger von Multilingualität im Programm verabschiedet haben. 

Das wirft man ja auch der Deutschen Welle vor: Vor allem im TV-Bereich
soll das englischsprachige Programm weiter ausgebaut werden - zu Lasten
der deutschen Sprache. 

Die Deutsche Welle gibt es seit über 50 Jahren, die Rolle Deutschlands
in der Welt hat sich in dieser Zeit stark verändert - und natürlich sind
diese Veränderungsprozesse nicht spurlos an uns vorüber gegangen. Heute
ist die Deutsche Welle die mediale Visitenkarte der Bundesrepublik
Deutschland, was aber nicht heißt, dass wir die PR-Agentur der
Deutschland-AG wären. Wir senden auch künftig in einer Vielzahl von
Sprachen. 

Dennoch ist DW-TV ein reiner Elitensender. 

Internationale Sender erreichen doch nie die breite Masse - das gilt für
jeden Auslandssender von BBC World bis CNN. Ich mag die Begriffe
Info-Elite oder Multiplikatoren auch nicht so gern, weil sie sich
tatsächlich sehr abgehoben anhören. Aber natürlich erreichen wir nur
eine vorgebildete, am Ausland interessierte Gruppe. Und bei der muss ich
mit meinem Programm ansetzen. 

Jetzt ist geplant, die Ausstrahlung über analoge Kurzwelle nach und nach
einzustellen. Verabschieden Sie sich aus Kostengründen vom nicht so
"vorgebildeten" Publikum? 

Dieser Schritt ist unvermeidbar. Das machen wir aber nicht allein, weil
die Ausstrahlung über analoge Kurzwelle so teuer ist. Sondern weil die
Menschen selbst in klassischen Radiokontinenten wie Afrika diesen
Übertragungsweg nur noch begrenzt nutzen, vorrangig in den ländlichen
Gebieten. In den Städten muss man über UKW senden, um die Menschen zu
erreichen. Die Deutsche Welle will aber nicht zum Landfunk werden. In
einigen Gebieten - wie zum Beispiel China - werden wir aus politischen
Gründen sicherlich länger via Kurzwelle senden, da haben wir ein hohes
Maß an Flexibilität. 

Wie sieht es da konkret aus? 

Es gibt seit Jahren Probleme in China - ganz unabhängig von Olympia.
Auch deshalb ist die Situation der Medien und der Zivilgesellschaft in
China ein wichtiges Thema des "Deutsche Welle Global Media Forums", das
heute in Bonn endet. Wir haben 2004 bei den chinesischen Behörden eine
Lizenz beantragt, um unser TV-Programm über Satellit ausstrahlen zu
dürfen. Darüber ist aber bis heute nicht entschieden worden. Im Internet
wird das DW-Angebot auch gestört und die Website immer wieder weiß
geschaltet. Da ist dann einfach nichts drauf - und das sogar bei
eigentlich ganz unverfänglichen Dingen wie der Fußball-Bundesliga-Seite
www.germanfootball.cn. Immerhin ist DW-TV einer von 20 Sendern, die man
im Olympischen Dorf empfangen können soll. 

Wie soll die Deutsche Welle denn künftig ihre internationalen
Zielgruppen erreichen? 

Das Fernsehen funktioniert als Türöffner in einer Region. Und zur
Vertiefung gibt es dann entweder ein Hörfunkprogramm oder unsere Website
in der jeweiligen Landessprache inklusive Audio- und Videopodcasts. Wir
wollen die Konvergenz unser drei Medien TV, Radio und Online weiter
stärken. 

Dazu werden am Standort Bonn auch Hörfunk- und Online-Redaktionen
zusammengelegt werden, was zu Turbulenzen führt: Laut
Mitarbeiterbefragung haben 51 Prozent erklärt, die Stimmung bei der
Deutschen Welle sei schlechter geworden. Und Sie selbst haben erklärt,
die Kommunikation im Haus, auch zwischen Geschäftsführung und
Mitarbeitern, lasse klar zu wünschen übrig. 

Ich mache keinen Abstrich von dem, was Sie eben zitiert haben. Wir
diskutieren das derzeit sehr intensiv. Es geht vor allem um die interne
Kommunikation. Das ist zum einen die Frage nach dem Selbstverständnis
innerhalb von Hierarchien, von Vorgesetztenrollen - das fängt bei mir,
dem Intendanten, an. Dazu kommen die jetzt angeschobenen Reformprojekte
- natürlich gibt es da Ängste bei den Mitarbeitern. Nehmen Sie den
Ausstieg aus der analogen Kurzwelle: Davon ist eine ganze
Technik-Abteilung betroffen. Aber Medienunternehmen müssen reformfähig
bleiben. Außerdem habe ich garantiert, dass es in meiner Amtszeit keine
betriebsbedingten Kündigungen geben wird. Dass es aber
Veränderungsbereitschaft geben muss, die Leute sich zum Beispiel
umschulen lassen, versteht sich doch von selbst. Dass das auch zu Unruhe
führt, ist klar. 

Quelle: www.taz.de (Die Tageszeitung)

Gruß,

Florian

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