[A-DX] DAB+ Österreich

Herbert Meixner
Sa Apr 6 13:29:03 CEST 2019


https://futurezone.at/produkte/muss-ich-mir-wegen-dab-ein-neues-radio-kaufen/400454560

(futurezone) | Stand: 03.04.2019, 17:30 | Autor:
Gregor Gruber
------------------------
„Erst nehmen’s uns die Glühbirnen und jetzt drehen’s uns auch noch das 
Radio ab!“, „Ich brauch ka gsch***nes Online-Radio“ und „Jetzt muss ich 
auch noch für die Schmarrn-Hitparade bezahlen.“ Der Start von DAB+ in 
Österreich erzürnt die Gemüter am Stammtisch und verunsichert Nutzer. In 
der Rubrik „frag die futurezone“ klären wir auf, was hinter dem neuen 
Radioformat steckt.
Was ist DAB+?

DAB steht für Digital Audio Broadcasting. Das Radiosignal wird dabei 
digital übertragen. Das UKW-Signal wird analog gesendet. DAB verhält 
sich zu UKW in etwa so wie das digitale Fernsehen DVB-T zum analogen 
Antennenfernsehen.

DAB+ ist die aktuelle Version von DAB. Da diese einen anderen Codec 
verwendet, sind DAB-Radios nicht mit DAB+ kompatibel. Wirklich betroffen 
ist davon kaum jemand in Österreich: DAB wurde von 2000 bis 2008 
getestet, in Wien und Tirol.

DAB+ wird über Sendestationen ausgestrahlt. Wie beim herkömmliche UKW 
ist keine Internetanbindung zum Empfang nötig. DAB+ ist zwar digital, 
aber keine Streaming-Lösung, für die man online sein muss. Das ist auch 
einer der Vorteile von DAB+: Digitale Qualität, ohne das Datenvolumen zu 
beanspruchen.
Wann startet DAB+?

Die ORS comm, eine Tochtergesellschaft des ORF, hat eine bundesweite 
Lizenz für DAB+ erhalten. Diese gilt für zehn Jahre, ab dem 4. April 
2019. Der Start von DAB+ erfolgt offiziell am 28. Mai 2019. Zu Beginn 
werden folgende Sender zur Verfügung stehen:

     ARBÖ Verkehrsradio
     ERF Plus Österreich
     Mega Radio
     Mein Kinderradio
     NOW Radio
     Radio 88.6
     Radio Arabella
     Radio ENERGY
     Radio Maria
     ROCK ANTENNE
     Sout al khaleej
     Technikum City
     Technikum One
     Info und Kultur (in Vorbereitung)
     Emergency Warning Function (EWF) wird nur im Krisenfall aktiviert

Dieser Start ist die erste Ausbaustufe. DAB+ wird ab dem 28. Mai in 
Wien, sowie Teilen von Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und 
Oberösterreich verfügbar sein. Damit sollen 60 Prozent der 
österreichischen Bevölkerung DAB+ empfangen können.

Am 31. März 2020 werden Sendestationen in Vorarlberg, Innsbruck und 
Salzburg in Betrieb genommen. Das soll die Abdeckung auf 75 Prozent 
erhöhen. Die dritte Ausbaustufe ist für den 22. September 2020 geplant, 
mit weiteren Stationen in der Steiermark, Kärnten und Burgenland. So 
sollen 83 Prozent der Bevölkerung erreicht werden.
Wo sind die restlichen Sender?

Die verfügbaren Sender sollen laufend erweitert werden. Dennoch vermisst 
man ein paar der großen Player. Obwohl die ORS comm eine 
Tochtergesellschaft des ORF ist, fehlen etwa Ö1, Ö3 und die 
Regionalradios. Auch Kronehit fehlt.

Der Grund: DAB+ ermöglicht vor allem Privatsendern vergleichsweise 
günstig überregional gehört zu werden, da kein UKW-Sendenetz aufgebaut 
werden muss. Ein Beispiel: KroneHit nutzt für seinen überregionalen 
Betrieb etwa 140 UKW-Frequenzen. Weil der ORF und KroneHit bereits ein 
österreichweites UKW-Netz haben, macht es für sie derzeit wenig Sinn, 
ebenfalls in DAB+ zu senden. Der ORF sagt dazu außerdem in einer 
Stellungnahme: "Aus Sicht des ORF ist DAB+ ein veralteter Standard. Die 
Zukunft der Radionutzung liegt im Streaming-Bereich, da es dafür auch 
schon eine gute Geräteausstattung gibt. Darüber hinaus dürfte der ORF 
nach aktueller Gesetzeslage auch gar keine eigenen Angebote für den 
Standard DAB+ entwickeln, was aber eine wesentliche Voraussetzung für 
den Markterfolg wäre."

Die Kostenersparnis für die Senderbetreiber bei DAB+ ergibt sich 
dadurch, dass bis zu 18 Audioprogramme pro Sendestation ausgestrahlt 
werden können. Sie können sich also die Kosten dafür teilen. Bei UKW ist 
pro Programm eine Sendestation möglich.

Wann und welche Sender zukünftig über DAB+ in Österreich empfangen 
werden können, ist noch nicht bekannt. Es wird sich dabei vermutlich um 
weitere Spartensender handeln.
Was kostet DAB+?

Der Empfang von DAB+ ist kostenlos. Einige Nutzer vermuten hinter DAB+ 
den Versuch, eine digitale Verschlüsselung für Radiosender einzuführen, 
damit diese dann kostenpflichtig gemacht werden können. Das ist nicht 
angedacht.

Das Missverständnis kam vermutlich zustande, weil in den USA und Kanada 
mit „Sirius XM Satellite Radio“ ein kostenpflichtiges Digitalradio 
angeboten wird. Dieses wird aber, wie der Name schon sagt, von 
Satelliten ausgestrahlt und nicht von terrestrischen Stationen. Das 
US-Gegenstück zu DAB+ ist „HD Radio“. Das ist kostenlos, wird aber laut 
Medienanalysen kaum angenommen. Etwa vier Prozent des Radiokonsums in 
den USA sollen auf HD Radio entfallen.
Brauche ich ein neues Radio für DAB+?

Zum Empfang von DAB+ wird ein entsprechendes Gerät benötigt. DAB+-Geräte 
können immer auch UKW empfangen. Ein reines UKW-Radio kann nicht DAB+ 
empfangen. Genau wie bei UKW, gibt es DAB+-taugliche Geräte in allen 
Formen und Preiskategorien. Dazu gehören mobile Geräte, Tuner für 
Anlagen, Mikro-Anlagen und Autoradios.

Für Autoradios gibt es auch Adapter und Nachrüstsätze. Diese sind oft 
eine eher „patscherte“ Lösung. Häufig wird eine Zusatzantenne benötigt 
und das empfangene DAB+-Signal wird vom Adapter wieder analog 
umgewandelt, um als UKW-Signal ans eigentliche Autoradio geschickt zu 
werden.

Bei der Suche nach DAB+-Geräten wird man auch auf Hybridradios stoßen. 
Damit sind Radios gemeint, die neben DAB+ und UKW auch Internetradios 
per WLAN empfangen können. Smartphones mit DAB+-Modul sind bisher eine 
Seltenheit und werden es voraussichtlich auch bleiben. Viele große 
Hersteller verzichten schon auf ein UKW-Radio, da sich Streaming 
etabliert hat. Daher ist nicht davon auszugehen, dass zukünftig DAB+ 
unterstützt wird.
Verbietet die EU UKW?

Die EU hat derzeit nicht vor, UKW zu verbieten. Das EU-Parlament hat 
lediglich beschlossen, das Neuwagen künftig mit DAB+-Radios ausgestattet 
sein müssen. Hersteller sind voraussichtlich ab dem Frühjahr 2021 dazu 
verpflichtet, nur noch DAB+-taugliche Radios in Neuwagen zu verbauen. 
Bis dahin können die Hersteller noch Aufpreise für den Einbau von 
DAB+-Radios verlangen.
Wird UKW abgeschaltet?

In Österreich gibt es noch keine konkreten Pläne dazu. Experten gehen 
aber davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Allerdings gehen 
sie auch davon aus, dass der ORF, der 60,5 Prozent Marktanteil mit 
seinen Radio-Programmen hat, dies möglichst lange hinauszögern wird. 
Denn der endgültige Umstieg auf DAB+ würde dem ORF auf einem Schlag 
massenhaft neue Konkurrenten bringen.

Norwegen hat bereits seine UKW-Sender abgeschaltet. In der Schweiz 
werden ab 2020 UKW-Sender eingestellt. Eine finale Deadline zum 
Schweizer UKW-Aus gibt es aber noch nicht. Deutschland scheint sich 
nicht sicher über das zukünftige Vorgehen zu sein. Zwar wird auch hier 
über den UKW-Ausstieg diskutiert, erst kürzlich wurden aber 
UKW-Sendelizenzen bis 2029 verlängert. Einige wenige Sender haben 
dennoch bereits mit einer Abschaltung einiger UKW-Sendeanlagen begonnen. 
Bisher sind diese Sendeanlagen aber nur in Gebieten, in denen sich der 
Betrieb aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr lohnt.
Welche Vorteile hat DAB+?

DAB+ erlaubt eine größere Auswahl an Sendern und Spartenprogrammen. 
Voraussetzung ist natürlich, dass es in Österreich bald mehr als nur die 
15 Startsender geben wird. Das klassische Radiorauschen und das Lauter- 
und Leiserwerden bei schlechtem Empfang, gibt es bei DAB+ nicht.

Über DAB+ können zusätzlich Bildinformationen mitgeschickt werden. Auf 
den Displays der Geräte werden dann etwa Covers von Alben, Wetterkarten 
oder Verkehrsinformationen angezeigt. Mit TPEG (Transport Expert 
Protocol Group) hat DAB+ den Nachfolger des TMC-Verkehrssystems an Bord. 
Damit können künftig detailliertere Verkehrsinformationen und -warnungen 
empfangen werden. Diese Zusatzdienste benötigen keine Internetanbindung.
Welche Nachteile hat DAB+?

Die Tonqualität kann bei DAB+ besser sein als beim UKW-Radio, muss aber 
nicht. Das liegt daran, dass aus Kostengründen kleine Sender häufig mit 
geringen Datenraten senden, meist mit 72 kbit/s. Zwar gibt es keine 
rauschenden Störgeräusche, aber Nutzer könnten trotzdem das Gefühl 
haben, dass das digitale Radio schlechter klingt. Zum Vergleich: Die 
Standarddatenrate bei Spotify sind 96 kbit/s für die mobile Nutzung. In 
den höheren Qualitätsstufen sind es 160 und 320 kbit/s.

Dass es bei DAB+ kein Rauschen und Lauter- und Leiserwerden gibt, liegt 
daran, dass es digital ist. Das heißt: Entweder es geht oder es geht gar 
nicht, dazwischen gibt es nichts. Sinkt die Empfangsstärke unter einem 
bestimmten Schwellenwert, ist das Radio stumm, findet Sender nicht mehr 
oder hat Aussetzer. Gerade zum Sendestart kann das in Innenräumen 
verstärkt auftreten. Die Sendeinfrastruktur ist noch nicht voll 
ausgebaut und die DAB+-Signale durchdringen Wände schlechter als die 
UKW-Signale.

Außerdem können verschiedene Elektrogeräte den Empfang stören. Dazu 
gehören Haushaltsgeräte mit Elektromotoren, wie Kühlschränke, 
Waschmaschinen und Wäschetrockner, sowie LED-Beleuchtungen. Ebenfalls 
mögliche Störfaktoren: Schlechtwetter und Baustellen.
Zahlt sich der Umstieg auf DAB+ jetzt aus?

Für die meisten Nutzer vermutlich derzeit nicht – es sei denn, sie 
wollen unbedingt einen der 15 angebotenen Radiosender empfangen können 
und befinden sich in einem der Empfangsgebiete. Eine Empfangskarte 
findet man auf dabplus.at. Diese wird voraussichtlich ab dem 28. Mai die 
neuen Empfangsgebiete zeigen. Derzeit ist dort nur der Wiener 
DAB+-Betrieb der Pilotphase zu sehen.

Wenn man ohnehin vorhat sich ein neues Radio oder einen Tuner zu kaufen, 
macht es Sinn ein Gerät zu wählen, dass DAB+ beherrscht. So ist man für 
die Zukunft gerüstet. Das gilt besonders beim Kauf eines Neuwagens.
-------