[A-DX] BNetzA ud PLC

Peter DL1YAK
Mo Jul 6 19:05:24 CEST 2015


Hallo Kurt,

vielen herzlichen Dank fürt deine Mühen und den Erläuterungen.

Da wird einem sehr schwindelig, vor lauter Bezügen zu anderen Rechtsnormen.
Um ein Bild zu nutzen: "Vielgänge-Rechtsgetriebe" wäre sicherlich eine 
gute Metapher.

Das TKG hatte ich völlig außer acht gelassen.

Und richtig: Am Ende, wieso am Ende und nicht am Anfang, kommt Art. 5 GG.

Vielen Dank und gd DX!
Peter



Am 06.07.2015 um 15:37 schrieb Kurt Ringel:
> Hallo in die Runde,
>
> ich habe mir nun die Rechtsvorschriften angesehen. Bevor ich die 
> Ergebnisse ganz kurz abhandele, zunächst noch der Hinweis, dass alle 
> Rechtsvorschriften des Bundes zuverlässig und in aktueller Fassung 
> unter www.gesetze-im-internet.de sowohl in HTML (Einzelparagraphen) 
> als auch als PDF (komplett) zu finden sind. Hier die wichtigsten Links:
>
> www.gesetze-im-internet.de/tkg_2004/index.html
> www.gesetze-im-internet.de/emvbg/index.html
> www.gesetze-im-internet.de/fteg/index.html
> www.gesetze-im-internet.de/schutsev/index.html
>
> I. Die Anwendbarkeit des EMVG
>
> Nach § 1 Abs. 1 gilt das EMVG  "für alle Betriebsmittel, die 
> elektromagnetische Störungen verursachen können oder deren Betrieb 
> durch elektromagnetische Störungen beeinträchtigt werden kann".
>
> Betriebsmittel sind "Geräte und ortsfeste Anlagen" (§ 3 Nr. 1), Gerät 
> ist " ein für den Endnutzer bestimmtes fertiges Produkt mit einer 
> eigenständigen Funktion oder eine als Funktionseinheit in den Handel 
> gebrachte Verbindung solcher Produkte, das oder die
> elektromagnetische Störungen verursachen kann oder können oder dessen 
> oder deren Betrieb durch elektromagnetische Störungen beeinträchtigt 
> werden kann" (§ 3 Nr. 2 Buchst. a).
>
> Ausgenommen sind aber "Betriebsmittel, die vom Gesetz über Funkanlagen 
> und Telekommunikationsendeinrichtungen erfasst werden" (§ 2 Abs. 1 Nr. 
> 1). Hier gibt es erste Unsicherheiten:
>
> "Funkanlage" wird in § 2 Nr. 2 FTEG definiert als "ein Erzeugnis oder 
> ein wesentliches Bauteil davon, das in dem für 
> terrestrische/satellitengestützte Funkkommunikation zugewiesenen 
> Spektrum durch Ausstrahlung und/oder Empfang von Funkwellen 
> kommunizieren kann". "Kann" heißt wohl in diesem Fall 
> "bestimmungsgemäß kann". Dann fallen die PLC heraus. Nach der 
> Gesetzesbegründung (BR-Drs. 464/00 vom 18.08.2000) wurden die 
> Definitionen aus dem EU-Recht übernommen. Tiefer werde ich hier nicht 
> wühlen.
>
> Telekommunikationsendeinrichtung wird in  § 2 Nr. 2 definiert als "ein 
> die Kommunikation ermöglichendes Erzeugnis oder ein wesentliches 
> Bauteil davon, das für den mit jedwedem Mittel herzustellenden 
> direkten oder indirekten Anschluss an Schnittstellen von öffentlichen 
> Telekommunikationsnetzen (Telekommunikationsnetze, die ganz oder 
> teilweise für die Bereitstellung von der Öffentlichkeit zugänglichen 
> Telekommunikationsdiensten genutzt werden) bestimmt ist". Das wäre 
> etwa ein Router oder ein an eine Telefonanlage angeschlossenes 
> Telefon. PLC, die nicht im Rahmen eines autarken Netzes betrieben 
> werden, sondern Zugang zum Internet vermitteln, müssten deshalb 
> eigentlich als TKE eingestuft werden. Da § 15 Abs. 1 FTEG hinsichtlich 
> der Befugnisse der BNetzA die §§ 14, 15 und 16 EMVG für entsprechend 
> anwendbar erklärt, ist das Problem gemildert. Die BNetzA geht 
> vermutlich von der Unanwendbarkeit des FTEG aus, denn sie beruft sich 
> auf die SchuTSEV, die eine Rechtverordnung nach § 6 EMVG ist. Eine 
> solche Haltung bietet sich auch allein schon aus praktischen Gründen 
> an, weil man von außen ohne Inhaltsanalyse des Nachrichtenverkehrs 
> nicht feststellen könnte, ob das Gerät mit dem Internet verbunden ist.
>
> II Befugnisse der BNetzA nach EMVG
>
> Es ist zu beachten, dass es hier nur um Befugnisse, nicht um 
> Handlungspflichten geht. Von den Befugnissen ist für uns § 14 Abs. 6 
> Satz 1 und Satz 2 Nr. 4 von Bedeutung. Die Bestimmung lautet:
>
> " Die Bundesnetzagentur ist befugt, die notwendigen Maßnahmen zur 
> Klärung von elektromagnetischen Unverträglichkeiten zu ergreifen. Sie 
> kann 4. zum Schutz vor Auswirkungen von Betriebsmitteln, die nicht den 
> Vorschriften dieses Gesetzes oder anderen Gesetzen mit Festlegungen 
> zur elektromagnetischen Verträglichkeit genügen, besondere Maßnahmen 
> für das Betreiben von Betriebsmitteln an einem bestimmten Ort anordnen 
> oder alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um das Betreiben von 
> Betriebsmitteln an einem bestimmten Ort zu verhindern. Sie kann ihre 
> Maßnahmen an den Betreiber oder an den Eigentümer eines 
> Betriebsmittels oder an beide richten. Liegen bei elektromagnetischen 
> Unverträglichkeiten die Eingriffsvoraussetzungen nach Satz 2 nicht 
> vor, ist die Bundesnetzagentur befugt, bei bestehenden oder 
> vorhersehbaren Problemen in Zusammenhang mit der elektromagnetischen 
> Verträglichkeit an einem bestimmten Ort unter Abwägung der Interessen 
> der Beteiligten die notwendigen Maßnahmen zur Ermittlung ihrer Ursache 
> durchzuführen und Abhilfemaßnahmen in Zusammenarbeit mit den 
> Beteiligten zu veranlassen. Zivilrechtliche Ansprüche bleiben 
> unberührt. Bei elektromagnetischen Unverträglichkeiten arbeitet die 
> Bundesnetzagentur mit den Beteiligten zusammen. Sie
> legt die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu Grunde und kann 
> insbesondere die geltenden technischen Normen heranziehen."
>
> Ein Auskunftsrecht gegenüber dem Betreiber ergibt sich aus § 15 Abs. 1 
> EMVG. Ein Betretungsrecht kennt das EMVG in § 14 Abs. 12 und § 15 Abs. 
> 2, die Voraussetzungen beider Vorschriften sind hier aber nicht erfüllt
>
> III. Die Anwendbarkeit der SchuTSEV
>
> Wie bereits dargelegt, ist die SchuTSEV eine Rechtsverordnung, die auf 
> das EMVG gestützt ist. Außerhalb des Anwendungsbereichs des EMVG ist 
> sie deswegen selbst nicht anwendbar. Eine analoge Anwendung der 
> Verordnung auf vergleichbare Fälle (insbesondere solche nach dem FTEG, 
> wäre allerdings denkbar.
>
> Peter hat in seiner Mail vom 03.07.2015 18:47 umfangreiche Auszüge aus 
> der Verordnung gepostet, dabei aber gerade die relevanten Passagen 
> ausgelassen. Schon der volle Titel der Verordnung zeigt, dass es um 
> mehr geht als um Flugfunk und Polizeifunk. Der Titel lautet: 
> "Verordnung zum Schutz von öffentlichen Telekommunikationsnetzen und 
> Sende- und Empfangsfunkanlagen, die in definierten Frequenzbereichen 
> zu Sicherheitszwecken betrieben werden  
> (Sicherheitsfunk-Schutzverordnung - SchuTSEV)". Die 
> Verordnungsermächtigung im EMVG erstreckt sich auch auf "öffentliche 
> Telekommunikationsnetze" und die Verordnung bestimmt ihren 
> Anwendungsbereich entsprechend (§ 1):
>
> "Diese Verordnung regelt die Durchführung besonderer Maßnahmen der 
> Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und 
> Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) zum Schutz von
> 1.    Sende- und Empfangsfunkanlagen, die in definierten 
> Frequenzbereichen zu Sicherheitszwecken betrieben werden, und
> 2.    öffentlichen Telekommunikationsnetzen
> vor elektromagnetischen Störungen."
>
> Was sind nun ein öffentliches Telekommunikationsnetz? Dieses wird in § 
> 2 Nr. 2 der Verordnung definiert als "ein Telekommunikationsnetz im 
> Sinne von § 3 Nr. 27 des Telekommunikationsgesetzes, das zur 
> Bereitstellung von öffentlich zugänglichen
> Telekommunikationsdiensten im Sinne von § 3 Nr. 24 des 
> Telekommunikationsgesetzes genutzt wird". Bei der Hinzuziehung des TKG 
> stoßen wir auf überraschende Definitionen:
>
> § 3 Nr. 24 TKG definiert "Telekommunikationsdienste" als "in der Regel 
> gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der 
> Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, 
> einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen".
>
> Und § 3 Nr. 27 TKG definiert "Telekommunikationsnetz" als "die 
> Gesamtheit von Übertragungssystemen und gegebenenfalls Vermittlungs- 
> und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitigen Ressourcen, 
> einschließlich der nicht aktiven Netzbestandteile, die die Übertragung 
> von Signalen über Kabel, Funk, optische und andere elektromagnetische 
> Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetzen, festen, 
> leitungs- und paketvermittelten Netzen, einschließlich des Internets, 
> und mobilen terrestrischen Netzen, Stromleitungssystemen, soweit sie 
> zur Signalübertragung genutzt werden, Netzen für Hör- und Fernsehfunk 
> sowie Kabelfernsehnetzen, unabhängig von der Art der übertragenen 
> Information".
>
> Und schon wissen wir, warum der Verordnungsgeber in den 
> Messvorschriften der SchuTSEV plötzlich den Rundfunk regelt, den 
> Amateurfunk aber nicht. So ganz rund ist die Sache freilich nicht, 
> denn was sind denn nun "Netze für Hör- und Fernsehfunk", die keine 
> Kabelnetze sind? Auch ein Sender auf einer einzelnen Frequenz, 
> vielleicht sogar aus dem Ausland? Wenn die BNetzA einmal an dieser 
> Stelle Ärger machen sollte, z.B. weil es keine deutschen 
> Mittelwellensender mehr gibt, müsste mit erheblichem argumentativen 
> Aufwand auf Art. 5 GG zurückgegriffen werden. Hoffentlich bleibt uns 
> das erspart.
>
> 73, Kurt
> (DF7FU)
>
>
> On 03.07.2015 20:32, Heinrich DF8RY wrote:
>> Am 03.07.2015 um 20:13 schrieb Kurt Ringel:
>>> Da ich selbst betroffen sein könnte,
>>> will ich mir die Sache aber einmal ansehen.
>>
>> Danke Kurt, so etwas kann natürlich nur unverbindlich sein. Es 
>> erwartet niemand, dass du rechtsverbindliche Ausagen triffst.
>
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