[A-DX] AUT: UKW und DAB+

Stephan Schaa
Do Sep 21 12:26:56 CEST 2017


Hallo zusammen!


..." Wir hören von Konsumenten immer öfter den Wunsch nach non-linearen Angeboten. Es geht darum, etwas zu skippen, etwas noch einmal zu hören, interaktiv mit den Angeboten zu kommunizieren und etwas unterbrechungsfrei zu hören. Für diese muss man Angebote schnitzen und DAB+ ist nicht die Antwort auf diese Herausforderungen."...

Wenn ich das lese: Ist diese Aussage nicht so etwas wie eine Bankrotterklärung des privaten Rundfunks in Österreich??? 

Was bleibt denn vom Radioprogramm der üblichen UKW Sender, wenn ich Titel Skippe und Repeate? -> Spotify, Napster, Deezer, Apple Music, Amazon!!! Wenn er das ernst meint, kann er schonmal seinen Schreibtisch räumen!

Ernst gemeint ist es aber wohl nicht. An sich wollen die privaten Radios lieber ihre Geschäftsmodelle schützen. UKW ist voll, Konkurrenz wird wirksam vom Kunden ferngehalten. DAB+ gefährdet die guten (?) Geschäfte der Etablierten. Deswegen versucht man so gut wie möglich die Verbreitung von unliebsamer Konkurrenz  zu untergraben. Manchmal gelingt das, manchmal eben nicht. 

In Deutschland - so denke ich - hat DAB+ die kritische Masse erreicht, bei der sich die Privaten dem neuen Verbreitungsweg nicht mehr entgegen stellen können. Das Gesamtpaket, das die Medienanstalten mit Media & Broadcast geschnürt haben und verbreiten, ist tatsächlich einigermaßen durchdacht und interessant (auch wenn es seine Haken und Ösen hat). Dazu kommt dann noch das -  langsame - Aufspringen der ARD Anstalten auf den anlaufenden Zug. 

Ich kann mittlerweile durch Deutschland fahren und überall  zB.  den ERF oder Sunshine Live im Auto im Gleichkanalbetrieb hören (selbst wenn, wie ich neulich in einem Elektronikerforum erstaunt lesen musste, ein älterer Radioingenieur steif und fest behauptet, Gleichkanalbetrieb könne nicht funktionieren; ich kann bestätigen das es funktioniert). 

Zur Zeit ist das Hören allerdings noch ohne die in meiner Region üblichen regionalen Privatradios. Dafür mit - für mich - beeindruckender alternativer Programmvielfalt:  Hier an der Grenze zu Holland bekomme ich aktuell 68 Programme via DAB+ im Auto rein. 21 sind deutsche Sender, der Rest kommt aus NL. Dort wird übrigens weiter ausgebaut, die ersten lokalen Multiplexe sind mittlerweile in Betrieb. Bei uns wird aber auch weiter aufgerüstet:  In Deutschland steht ein zweiter Bundesmuxx in den Startlöchern. Dazu sind mehrere weitere regionale Muxxe geplant bzw in Arbeit (zB. Bremen soll demnächst starten; dort muss allerdings auch noch Radio Bremen aufrüsten. 1kW aus Walle sind meiner Meinung nach einfach zu wenig, ich will auch hier bei mir Radio Bremen hören können *g*). 

Angesichts des "herannahenden" Erfolges von DAB+  in Deutschland hat sich hierzulande die Vereinigung der großen Privatradios jetzt eine neue Strategie überlegt: zähneknirschend bewegt man sich - und fordert dreist Geld von der Politik, damit der eigene Umstieg nichts kostet. Man darf seine Gewinne ja nicht verlieren! Vermutlich wird diese Strategie mehr oder weniger aufgehen. Es wird sicher der eine oder andere Euro für die Parallelausstrahlung von FFN & Co den Besitzer von Steuerzahler auf Privatradio (bzw Verlagsgruppe) wechseln. Naja, wenn's denn hilft...

Apropos: hier noch ein kleiner Gedanke zur Effizienz: für meine Region ist der Sendemast in Aurich zuständig. Neben DVB-T werden von dort die Öff-Rechtlichen und Privaten über UKW und DAB+ ausgestrahlt.
Der DLF sendet mit 100 kW EIRP, die NDR Sender liegen zwischen 1 und 25 kW. Zusammengerechnete Strahlungsleistung aller 9 ausgestrahlten UKW Programme: 237,6 kW. M&B liegt bei 4 kW für 13 Sender, also   etwas mehr als 300 Watt pro Sender bei höherer Reichweite (bis kurz vor Groningen in NL)! 

Für mich ist ganz klar, was sinnvoll ist in Sachen (mobiler) Rundfunk und was nicht: 

- je mehr Mainstream und Hörer , desto mehr lohnt sich Rundfunk, Preis-Leistungssieger für Anbieter ist klar DAB+
- für kleine Spartenprogramme oder eher exotischen Stationen lohnt sich die Internet- und sonstige Verbreitung
- on Demand: klar Internet 
- bei regionalen Sendern muss man gucken: wenn es Bevölkerungsdichte und Anzahl der Anbieter hergeben, DAB+ 
- in Kleinstädten mit wenigen (oder nur einem) lokalen Rundfunksendern zzt noch UKW (man muss  da mal die Entwicklung in NL weiter beobachten, wo ja lokale DAB+ Ensembles getestet werden)

Den Unsinn mit "alles per Internetstream" muss man sich angesichts der aktuellen technischen Entwicklung mal durch den Kopf gehen lassen: stellt euch mal vor, auf der A1 wollten alle Menschen in den Blechkolonnen ihren Sender über UMTS/LTE hören. Da geht dann gar nichts mehr im Handynetz! Das ist in etwa ähnlich unsinnig wie wenn jeder Zeitungsabonnent seinen eigenen Austräger wollte! Auf den Straßen würde jeden Morgen Irrsinn herrschen, die Kosten könnte keiner bezahlen. Keiner würde jemals bezweifeln, dass es Sinn macht, jemanden Stapelweise Zeitungen auszuliefern zu lassen. :-)

Kurzum: Ich finde, DAB+ ist eine gute Entwicklung. Mit den nun verwendeten Sendestärken und der weiter entwickelten Technik ist mobiler Empfang sehr gut und stabil möglich, die Ausstrahlung für viele Anbieter bezahlbar. Auch an der Empfängerfront tut sich viel: mittlerweile sind Radios auch für unter 30 € zu haben und die Preise fallen weiter.

Die etablierte Privatradioindustrie ( und teilweise auch die öff-rechtlichen) versuchen nach Leibeskräften mit Lobbyarbeit die Verbreitung zu verhindern, es sieht aber zur Zeit nicht danach aus, das sie diesen Kampf gewinnen würden. Spätestens mit dem 2. Bundesmuxx dürfte dieser Kampf Geschichte sein. 

Uns als Hörer kann diese Entwicklung doch  eigentlich nur freuen:  es gibt mehr Auswahl in - für meine Ohren - ordentlicher Audioqualät.
Ich glaube auch nicht, dass die Kurzwelle wird jedenfalls durch den Ausbau von DAB+ bedroht wird. ;-) 

Das sind meine 2 Cents zu dem Thema. Ist leider etwas lang geworden...


73, Stephan




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