[A-DX] London Calling Briefe aus dem Kalten Krieg

Erik Kugland
Dienstag, 13. April 2021, 20:54 Uhr


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heute · Di., 13. Apr · 21:30-22:15 · RBB Berlin
London Calling


  © Bild: rbb „Briefe ohne Unterschrift“ hieß eine BBC-Radio-Sendung, 
die sich in deutscher Sprache speziell an Hörer in der DDR richtete. 
Fast 25 Jahre lang, von Anfang der 50er Jahre bis 1974, erfreute sie 
sich großer Beliebtheit. Hörerinnen und Hörer aus Ostdeutschland konnten 
anonym an die Redaktion schreiben, ihre alltäglichen Sorgen und 
Probleme, aber auch ihre politische Meinung. - BBC-Mikrofon, genutzt in 
den 50-70er Jahren.

Genre
Dokumentation

Kurzbeschreibung
Briefe aus dem Kalten Krieg

Beschreibung
"Briefe ohne Unterschrift" hieß eine BBC-Radio-Sendung, die sich in 
deutscher Sprache speziell an Hörer in der DDR richtete. Fast 25 Jahre 
lang, von Anfang der 50er Jahre bis 1974, erfreute sie sich großer 
Beliebtheit. Hörerinnen und Hörer aus Ostdeutschland konnten anonym an 
die Redaktion schreiben, ihre alltäglichen Sorgen und Probleme, aber 
auch ihre politische Meinung.  Die Sendung mit ihren Tausenden von 
Briefen war nahezu vergessen, bis die deutsche Schriftstellerin Susanne 
Schädlich sie in einem BBC-Archiv vor wenigen Jahren wiederentdeckte.  
Mit der Sendung "Briefe ohne Unterschrift" entwickelte sich ein Katz-und 
Maus-Spiel zwischen BBC und DDR-Staatssicherheit um Deckadressen und 
Codewörter. Flächendeckende Postkontrollen in der gesamten DDR führten 
zur Verfolgung von Briefeschreibern, denen drastische Gefängnisstrafen 
drohten. Tausende DDR-Bürger schrieben an die BBC und nutzten dafür ein 
Deckadressensystem in West-Berlin. Die Stasi sah in der britischen 
Radiosendung eine Hetzsendung des Westens, mit der die 
"politisch-ideologische Zersetzung der DDR-Bürger" vorangetrieben werden 
sollte.  In manchen Jahren gelangten bis zu 3000 Briefe durch die immer 
weiter anwachsende Postkontrolle der Stasi bis nach London. Die 
Schreiber, Männer, Frauen und Kinder, kamen aus allen gesellschaftlichen 
Bereichen der DDR. Bis heute gibt es keine genauen Zahlen, wie viele 
Briefeschreiber verhaftet und verurteilt wurden.  Einer von ihnen war 
Karl-Heinz Borchardt aus Greifswald, der als 16-jähriger Schüler begann, 
an die BBC zu schreiben, um seiner Empörung über die Niederschlagung des 
Prager Frühlings 1968 Luft zu verschaffen. Die Stasi fing seine Briefe 
jedoch ab und konnte ihn mit Hilfe von Blut- und Speichelproben sowie 
Handschriftenvergleich ermitteln. Er wurde zu zwei Jahren Gefängnis 
verurteilt.  Die Hörerschaft von "Briefe ohne Unterschrift" war 
begeistert vom Moderator der Sendung: Austin Harrison - populär, aber 
auch exzentrisch und bis zu seinem Tod rätselhaft. Für die Stasi war der 
britische Journalist eine zentrale Figur im Kampf gegen westliche 
Meinungsmache im Radio, sie sahen ihn als einflussreichen Staatsfeind, 
der in Wirklichkeit ein Agent des britischen MI6 sei. Denn Harrison fuhr 
regelmäßig in die DDR, vor allem zur Leipziger Frühjahrsmesse, wo er 
rund um die Uhr beschattet wurde.  Einzigartiges Überwachungsmaterial 
vermittelt einen Einblick in die Akribie der Stasi-Schnüffler. Ihr 
größter Erfolg war ein IM, den sie sechs Jahre lang auf Austin Harrison 
ansetzten und der seine erhaltenen Berichte auf Tonband protokollierte. 
Nach intensiven Recherchen in Londoner Archiven kann der Film bislang 
unbekannte Dokumente zeigen, die ein differenziertes Bild vom populären 
Radio-Moderator und seiner Sendung ermöglichen.  Der German Service der 
BBC hat offenbar über Jahrzehnte eng mit einer geheimen 
Propaganda-Abteilung des britischen Außenministeriums 
zusammengearbeitet. Austin Harrison schrieb ausführliche Berichte über 
seine DDR-Besuche an das "Foreign Office", und diese wurden auch an die 
bundesdeutsche Regierung in Bonn weitergeleitet.  Bisher 
unveröffentlichte Dokumente, Fotos und Tonbandaufzeichnungen sowie 
Archivmaterial aus britischen und deutschen Quellen vermitteln einen 
intensiven Eindruck über die Propaganda-Auseinandersetzung zwischen Ost 
und West im Radio.