Re: [A-DX] Frage zu Netzfiltern für Haus-Stromverteiler

Christof Proft
Sonntag, 02. Mai 2021, 16:56 Uhr


Moin,

"Welche Entstörfilter wären denn empfehlenswert und wie hast du das gemacht?"

Ich habe diverse SCHAFFNER-Filter in einem 19"-Gehäuse vor meine DX-Einrichtung gesetzt. Filter in der Verteilung habe ich nicht.

Hohe Dämpfung bis runter in den MW-Bereich erreicht man nur mit den vergleichsweise aufwändigen Filtern der Bauserie FN2090.
https://www.schaffner.com/products/download/product/datasheet/fn-2090-multi-stage-emcemi-filter-with-excellent-attenuation-performance/
Die ganzen fertigen "Netzfilter für die Steckdose" oder "Mehrfachsteckerleisten mit Filter und Überspannungsschutz" erreichen im KW- und MW-Bereich bei weitem nicht diese Sperrtiefe.

Die Filter setzt man entweder direkt in das Gerät, in einen "mobilen Stromverteiler" oder in ein Stecker / Steckdosen-Gehäuse.
Sinnvollerweise paßt man die Strombelastbarkeit des Filters dem angeschlossenen Gerät an. Dabei ist es notwendig, den entsprechenden Filter zweipolig mit Sicherungen nach VDE / ÖVE der entsprechenden (oder etwas niedrigeren) Stromstärke abzusichern.
Mir sind keine fertigen "Plug-And-Play"-Lösungen mit den FN2090 bekannt. Es ist also selber zu bauen, wobei dies den Personen mit der "entsprechenden elektrotechnischen Ausbildung / Unterweisung" zu überlassen oder von diesen vor Inbetriebnahme abzunehmen ist. Sonst fackelt einem u.U. die "Bude" ab und die Versicherung zahlt nicht.
Erhältlich sind die Filter preisgünstig bei DIGIKEY in den USA, Versand erfolgt ab 50,- € portofrei aus den USA per UPS Express.
https://www.digikey.de/products/de?FV=-5|11204 (für Österreich auf "digikey.at" ändern).

Eine weitere "Gemeinheit" gibt es noch bei diesen Filtern: Sie lassen über die sogenannten "Y-Kondensatoren", die HF in Richtung Erde / Schutzleiter kurzschließen sollen, einen sogenannten "Leckstrom" abfließen. Ferner führt ein Versagen derselben zum Kurzschluß. Letzteres ist selten, aber der Leckstrom ist real. Während der bei "normalen" Filtern der 2090er-Reihe um 1mA je Filter liegt, kann der bei Spezialversionen bis zu 15 mA betragen, s. verlinktes Datenblatt.
Nach VDE müssen nun in Deutschland inzwischen alle "Stromkreise mit Steckdosen, die von elektrotechnischen Laien bedient werden können", mit RCD ("FI-Schutzschalter") mit max. 30 mA Fehlerstrom abgesichert werden. Eine Nachrüstpflicht für Altanlagen gibt es derzeit nicht. Diese RCD erfassen alle Fehlerströme gegen Erde, damit auch die Leckströme aller Netzfilter im Stromkreis und schalten spätestens ab, wenn die Summe bei 30 mA liegt.
Daraus folgt, daß die Anzahl der Filter im Stromkreis bei hohen Leckströmen begrenzt ist, insbesondere wenn man der Unsitte folgt, pro Phase des Drehstroms nur einen RCD hoher Abschaltstromstärke vorzusehen und die Leitungsschutzschalter ("Sicherungen") dahinterzuklemmen. Dann hat man die 30 mA schnell mal erreicht, ohne daß im Stromkreis Fehler vorliegen. Daher sollte man die Kreise mit den Filtern u.U. mit kombinierten LS/RCD einzeln absichern ("Sicherung mit FI-Schalter").

Hier meine 19"-Lösung mit einem "Hauptschalter" und einem kombinierten LS/RCD mit 16A/30mA. Diese Einheit gab es mal mit (ungeeigneten) Filtern SCHAFFNER FN2010 auf der Hamradio zu kaufen, ich habe die Einheit mit 3 FN2090 für 16A und davor einem FN2090 für 20A umgerüstet und einen Überspannungsschutz von DEHN nachgerüstet. Wahrscheinlich werde ich noch eine weitere Einheit mit Filtern für geringere Stromstärke bauen, da dann die Sperrtiefe höher ist. Der FI/LS war bereits vorhanden, das war ursprünglich mal eine Stromverteilung / Filtereinheit für Serverschränke oder elektronische Steuerungen.
https://my.mail.de/dl/2558f151d25da6a2d63840cfb7a725f3

"Deshalb können Filter sowohl am Verbraucher selbst als auch am Hausanschluss Sinn machen. Geeignete stromtragfähige Filter mit gleichzeitig auch guter Filterwirkung direkt am Hausanschluss sind sicher eine (finanzielle) Herausforderung, auch wenn man an die zunehmende E-Mobilität denkt (Ladeanschluss im Haus)."

Das macht dann natürlich durchaus Sinn. Hier im MFH in dichter innerstädtischer Bebauung kann ich mit das weitestgehend schenken, da ich bedingt durch die Dichte der Bebauung einen Großteil der Störungen über die Antenne aus Stromkreisen und von Geräten aus den Nachbarhäusern "einfange". Darauf habe ich naturgemäß keinen Einfluß. Die Störungen aus dem eigenen Haus sind da aufgrund Massivziegelwänden und Stahlbetondecken geringer.

Im Zusammenhang mit der "Verdrosselung" der Verteilung würde ich darüber nachdenken, Stromkreise einzeln mit Filtern zu versehen, anstelle die Leitung zum Versorger mit einem "dicken" Filter zu verdrosseln. Die vorerwähnten SCHAFFNER-Filter gibt es auch in Versionen mit 20 bzw. 30 A, mit der sich auch einzelne Wechselstromkreise an oder in der Stromverteilung verdrosseln lassen. Hier sollte dann aber grundsätzlich nur der Elektriker "ran".

Von der Firma REO in Solingen gibt es eine Reihe Filter, auch dreiphasige für den Verteilereinbau. Es gab dort auch einmal ein "PLC-Filter" mit hoher Sperrtiefe auf LW und MW, auch fertig im Stecker-/Steckdosengehäuse, allerdings finde ich das nicht mehr auf deren Website. Notfalls anfragen.
https://www.reo.de/
http://fileshare.reo.de/?d=download&token=LhPTKRhnnKAFbSDWjPqOSDZYQayr6GPRXFLIw25TMGyYzcUS2l

HTH

vy73
Christof