Re: [A-DX] Kritik an Hochwasser-Berichterstattung des WDR
tom.df5jlSonntag, 18. Juli 2021, 09:14 Uhr
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Roger, PMR446 o. ähnl. sehr hilfreich - damit ich meinem Dorfnachbarn sagen kann, wie es mir geht? Der aber auch weder Handyempfang hat noch Telefon, geschweige denn Strom? Das Problem ist in der Phase 1 nicht, dass ich mich nicht bei anderen melden kann, sondern das ich den Wassereinbruch im Haus stoppen kann, Möbel und Unterlagen rette. Das ist uns nur zum Teil gelungen, mit dem einsetzenden Stromausfall schoss das Wasser aus dem Keller. Telefon und Notruf über's Handy gingen nicht mehr! Alles weg. Im Dorf war es stockeduster. Zu diesem Zeitpunkt (Phase 2) war es mir wichtig, Informationen zur Lage zu bekommen. Ich hatte in der Nacht ein kleines batteriebetriebenes Radio, mit dem ich Radio Euskirchen und WDR2 hörte. Schnell wurde klar, dass unser Nachbardorf Schweinheim (da hatten wir bis vor zwei Jahren noch gewohnt und kennen viele Leute dort) schon überflutet war (liegt direkt unterhalb der Steinbachtalsperre, wir in Flamersheim etwas seitlich davon, dazwischen ist eine leichte Erhebung) - der Bach war ein reißender Fluss geworden, die Steinbachtalsperre war übergelaufen. Über das Radio also bekamen wir irgendwann die Infos, dass wir nicht mehr in die Keller sollten, da der nahe Damm (in 3,0 km Distanz) zu brechen drohe. Von vorbeiziehenden Feuerwehren bekamen wir die Info, dass wir in Flamersheim nicht evakuiert werden sollten. Im Dorf ist es so, dass man sich dann auf der Straße trifft und weitere Infos austauscht. Uns gegenüber wohnt die Tankstellenbesitzerin, die ihre Tankstelle wegen Stromausfall dicht gemacht hatte, aber die Infos von vielen anderen mitbrachte, die ja bei ihr ein- und ausfuhren. Hier bekamen wir dann Details mit. Andere kommen mit Autos vorbei, mit dem Fahrrad, über die lokale Situation waren wir schnell informiert. Das, und nur das, hätte ich auch bei unserer Topographie über PMR- oder CB-Funk erfahren können. Auf den Amateurfunkrelais war es zu derzeit still (habe ein 70-cm-Gerät im Auto), es meldete sich auf meine Rufe jemand aus dem Raum Bonn, aber das half mir auch nicht weiter. WDR2 schaltete dann irgendwann ins Nachtprogramm, wir wurden nur kurz in den Nachrichten erwähnt, bei Radio Euskirchen gab es etwas mehr Infos (nicht in die Keller gehen!), aber irgendwann war zwar das Sendesignal noch da, aber unmoduliert, während ich auf WDR2 über einen Autobahnstau bei Lübeck informiert wurde. Irgendwann war auch Radio Euskirchen von der Skala verschwunden. Um 04:49 Uhr am Donnerstag, nach schlaloser Nacht, wurden wir über Lautsprecherwagen informiert, wegen aktuer Lebensgefahr s o f o r t zu Fuß uns zur Sammelstelle zu begeben. Das haben wir mit dem Nötigsten und unserem Hund dann getan. Wir sollten zu einer Sammelunterkunft nach Erftstadt evakuiert werden (was sich im Nachhinein als saublöde Idee heraus stellte). Nach einem Gespräch mit einem Feuerwehrmann holte ich entgegen der Ansage mein Auto und wir fuhren stattdessen zu Freunden wenige Kilometer entfernt, die uns vorab noch am Abend, als die Handynetze noch funktionierten, dieses Angebot gemacht hatten. Zum Glück waren wir dort bis heute im Trockenen und mit Strom, wenn auch bis Donnerstag Abend ohne Netz, Telefon und Internet, ab Freitag dann sporadisch - jedoch nur SMS, was sich im Laufe des Tages besserte. Dann ging mal das eine, mal das andere Netz. Da ich zwei SIM-Schächte habe und zwei Verträge, war mein Handy bei den Umstehenden sehr gefragt. Funk bzw. Notfunk hätte mir in diesen Phasen in meiner konkreten Situation nicht geholfen. Wichtig wäre gewesen, dass der Kreis Euskirchen frühzeitig die Lage richtig eingeschätzt hätte und WDR und Radio Euskirchen besser eingebunden gewesen wären. Dann hätten die Leute Zeit gehabt, ihre sieben Sachen zu packen und den Gefährdungsraum ohne Panik zu verlassen. Wir konnten noch immer nicht ins Dorf zurück, die Bundespolizei hat es abgeriegelt, auch, um weitere Plündereien zu verhindern. Die haben sich nämlich ereignet! Wir haben zu niemandem in unserem Dorf zzt. Kontakt, alle sind zerstreut, es gibt noch immer auch außerhalb der Evakuierungsgebiete Bereiche ohne Strom oder ohne Internet oder beides, wie wir gestern bei einer Tour erfahren konnten. Landstraßen sind weggerissen oder unterspült, Brücken eingestürzt, man kommt in viele Bereiche gar nicht hinein, die Verbindungwege fehlen oder es sind evakuierte Zonen. An den Stellen, wo die Landstraße einen Buckel macht (Brückenüberführungen), stehen bis zu 50 Autos, ihre Besitzer mit dem Handy davor - weil sie nur dort Netz haben. Und jetzt willst Du dich mit deinem PMR-Gerät dazu stellen? Es hat mich übrigens erschüttert, zu erfahren, dass auch Freunde in Rheinbach und Euskirchen betroffen waren, denn ohne Netz und Strom konnten wir uns ja gar kein Bild machen. Was also wichtig gewesen wäre (meine subjektive Einschätzung zum gegenwärtigen Zeitpunkt): - zeitige Risikobewertung, Einberufung eines Lagezentrums, dass wiederum die Rundfunkhäuser (lokal/regional) informiert - schnelle Verbreitung von Infos über UKW-/DAB+ gemäß der Reichweite der Sender, zeitnahe Umschaltung auf Sonderprogramm - schnelle Aktivierung von mobilen Mobilfunkumsetzern an topographisch geeigneten Standorten mit Notstromaggregat (sieht man bei G7- und G8-Gipfeln oder großen Sportevents, nicht aber hier) Auf Fehlern bei Besiedlungsstrukturen, wie der Begradigung von Bächen, der Verdichtung von Böden und der Versiegelung von Flächen, der hastigen Ausweisung von Bauland ohne Erweiterung der Kanalnetze etc., von all dem möchte ich hier gar nicht sprechen, gehört hier auch nicht hin. Und nein, auch Mittelwellensender hätten in dieser von mir beschriebenen Lage nichts genutzt. Was hätte es gebracht, dass man das ARD-Nachtprogramm auch in Dänemark oder Italien hätte empfangen können? Und KATWARN und NINA sind auch großer Mist, wenn Du kein Handynetz hast. Bis heute kann ich mir nicht erklären, warum beide Netze (Telekom und Vodafone) zeitgleich mit dem Strom weg waren. Zum Schluss: Wir haben Ferienzeiten, einige Nachbarn waren gar nicht zu Hause, als ihre Häuser voll liefen. Sie dürften in der Nacht und den folgenden Tagen nicht mal ihre Nachbarn erreicht haben. 73 Tom DF5JL/P, noch immer evakuiert, gestern in Kirspenich gewesen und bei Aufräum- und Instandsetzungsarbeiten geholfen. Denn andere hat es dort in Erftnähe noch weitaus schlimmer getroffen. Entschuldigt, dass meine Beschreibungen vom Radiothema etwas abweichen. Aber bevor man irgendwelche "Lösungskonzepte" in den Raum wirft, sollte man die Lage systemisch betrachten - mit Blick auf die Situation vor Ort. Am 17.07.2021 um 19:11 schrieb Roger: > Hier wäre dann ein PMR446-Funkgerät o.ä. sehr hilfreich. > > > > roger -- QTH 50.62N 6.86E JO30KO ** DF5JL/QRP SDR Perseus / TX/RX Kenwood TS-590SG 2 x 6,7 m Vert. 1:9 UnUn / T2FD-NVIS
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