Re: [A-DX] UKW vers. DAB

Udo Isaenko
Montag, 07. Oktober 2024, 10:46 Uhr


Moin Christoph

Interessante Frage!

Auch hier in CH werden zumindest die öffentlich-rechtlichen (und manche 
privaten) UKW-Sender schon zu diesem Jahresende abgeschaltet. Angeblich 
hören zu wenige Menschen noch UKW, dass es den finanziellen Aufwand für 
den Senderbetrieb rechtfertigen würde.

UKW-Empfänger werden dadurch aber nicht sofort wertlos, jedenfalls nicht 
für uns DXer. Gerade nach der Abschaltung der heimischen UKW-Sender wird 
quasi eine Welt aufgehen, wenn man dann "endlich" freie Frequenzen für 
den Fernempfang hat und sieht, was bei troposphärischen Überreichweiten 
so alles reinkommen kann, das jetzt durch die von Lokalstationen 
belegten Frequenzen unhörbar ist.

Das ist natürlich ein kurzfristiges Denken, denn so etwas funktioniert 
nur so lange, wie woanders in einem Umkreis von rund 500-800 km nicht 
auch alle UKW-Sender abgeschaltet sein werden. Und danach (und natürlich 
auch schon 2025 in CH) wird im Sommer nicht die Welt, aber Europa 
aufgehen (um im obigen Bild zu bleiben). Schon jetzt drückt bei starker 
Ionisation der sporadischen E-Schichten so mancher Sender aus 1000 bis 
2200 km Entfernung ab und zu mal einen Lokalsender weg, aber künftig 
werden noch mehr Frequenzen frei, um das Sporadic-E-Geschehen zwischen 
Mai und August zu beobachten. Und ganz so schnell werden andere Länder 
in Europa ihre UKW-Sender nicht abschalten.

Deine Tecsun-Empfänger werden dir also in den nächsten geschätzt 20 
Jahren auf UKW noch sehr viel Freude bereiten, sogar mehr noch als 
bisher, wenn du das UKW-DX entdeckst.

Ein ganz anderes Problem ist, dass "die heutige Jugend" sich in 
beängstigender Geschwindigkeit überhaupt vom Radio hören entfernt. Wenn 
ich die Schüler:innen (7.-9. Klasse, also 13-16 Jahre alt) in meinen 
Unterrichtsstunden im Fach "Medien und Informatik" frage, wer noch Radio 
hört, meldet sich fast niemand. Ab und zu hören manche bei den Eltern 
mit, z.B. im Auto. Manche wissen noch nicht einmal, dass es Radio gibt 
und sich Funkwellen durch die Luft (sogar ohne Luft) ausbreiten. Und 
sobald es ans zahlen geht, sind leider auch etwas ältere junge Leute 
(z.B. 20-30jährige) kaum noch bereit, den Wert von 
öffentlich-rechtlichem Qualitätsjournalismus zu erkennen (im Unterricht 
versuche ich natürlich, das zu vermitteln) und in Form einer 
Rundfunkgebühr zu honorieren. (Es wäre sicher hilfreich, würden die 
Medien die Lehrpersonen hier noch mehr unterstützen.)

Insofern könnte unser Rundfunkempfangs-Hobby irgendwann (vielleicht 
schon in 20-30 Jahren oder gar noch früher) auch einmal dadurch enden, 
dass zu wenige Menschen überhaupt zuhören bzw. nur noch andere 
Verbreitungswege als den Äther nutzen. Auch DAB+ wäre dann am Ende.

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Udo, HB9ERD/DL3GN