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[A-DX] taz: Digital-Radio ade?


  • Subject: [A-DX] taz: Digital-Radio ade?
  • From: "Thomas Kamp" <1step@xxxxxx>
  • Date: Thu, 25 Nov 2004 11:52:39 +0100 (MET)

Liebe Liste

Obwohl ich DAB nutze und ein großer Freund dieser Technologie bin (allein
DAB in Verbindung mit automatischer RDS/FM-Umschaltung garantiert mir
störungsfreien DLF-Empfang im Auto zwischen Köln und Dortmund), möchte ich
diesen beachtenswerten Text der heutigen taz-Ausgabe zur Diskussion stellen.

Gruß, TOM


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Digital-Radio ade?

Zu schlecht, zu teuer: Die Übertragungstechnik DAB steht vor dem Aus -
jedenfalls nach dem Willen der Medienanstalt Berlin-Brandenburg

VON JÜRGEN BISCHOFF

Das wird Hans Hege, dem Direktor der Berlin-Brandenburger Medienanstalt
(MABB), nicht viele Freunde verschaffen. Blaupunkt, die Baden-Württemberger
und die Bayrische Landesmedienanstalt werden aufheulen vor Wut. Der
Medienrat der MABB, das Aufsichtsgremium der staatlichen Anstalt, hat in
dieser Woche der Öffentlichkeit den Vorschlag unterbreitet, "den bisherigen
Ansatz von DAB für digitales Radio aufzugeben". 

Damit ist nun endlich auf dem Tisch, was alle Beteiligten schon seit Jahren
quält: Das Übertragungsverfahren für Digitalradio DAB (vom englischen
"Digital Audio Broadcasting") ist gescheitert. Der Markt stagniert auf
unterirdischem Niveau. Diejenigen, die sich überhaupt ein DAB-Gerät
geleistet haben, stellen fest, dass Digitalradio innerhalb von Gebäuden viel
schlechter funktioniert als die althergebrachte analoge UKW-Technik. 

Was die MABB mit dem Papier gemacht hat, ist das Lostreten einer Lawine. Das
bisherige Schweigen und vorsichtige Lavieren in Sachen DAB hatte immer etwas
mit der Angst zu tun, dass ein DAB-Ausstieg in Deutschland auch auf andere
europäische Länder ausstrahlen wird und die Technologie - trotz der
aufkeimenden Markterfolge in Großbritannien - endgültig zum Scheitern
bringt. Jetzt ist es so weit.

In einer sechsseitigen Analyse, die die MABB in dieser Woche im Anhang zu
einer Presseerklärung veröffentlichte, sind die Schwachstellen des Systems
herausgestellt worden, die von Seiten der Beteiligten noch nie in solcher
Deutlichkeit benannt worden sind. Neben der Empfangsschwäche in Gebäuden
bemängelt die MABB, dass die Technologie "primär für den Autoradioempfang
entwickelt worden ist", während die jungen Zielgruppen des Radios wohl kaum
zu denjenigen Kunden gehören, die sich als Erstes ein extrem teures
Autoradio für die moderne Technologie kaufen werden. Damit entfalle gerade
für die private Radiowirtschaft der Anreiz, ihre Zielgruppen auf dem
digitalen Weg zu erreichen. DAB sei eine Technologie der Achtzigerjahre, die
zum einen das damals bekannte Audiocodierungsrate Musicam (auch bekannt
unter MPEG2) festschrieb. Längst gibt es fortgeschrittenere Verfahren, die
drei- bis viermal so viel Radioangebote im gleichen Kanal ermöglichen
könnten.

Auf der anderen Seite bemängelt die MABB politische Vorgaben aus den
80er-Jahren für DAB: "Im Vordergrund des Ausbaues standen nicht Interessen
des Verbrauchers, der schließlich die Geräte bezahlen muss, sondern die
Abbildung der analogen Welt und die Erhaltung der Strukturen." So ist es bis
heute nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten möglich, eine
terrestrische Radiokette für ganz Deutschland zu lizenzieren, die
interessante Spartenangebote macht, wie etwa einen Sport- oder einen
Kinderkanal. 

Schon seit einigen Jahren steht DAB in der Kritik auch bei den
Rechnungshöfen. Mehrere dieser Landesbehörden bemängelten in ihren
Jahresberichten die Subventionen für die Digitalradiotechnologie sowohl an
die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als auch an private
Radiobetreiber. Insgesamt ist ein hoher dreistelliger Eurobetrag in den
letzten acht Jahren über die Rundfunkgebühren in die Technologie geflossen. 

Die MABB fordert nun, konkret über alternative Technologien zu sprechen, von
DVB-H - einem Verfahren, das Rundfunkinhalte über das digitale terrestrische
Fernsehnetz auf Kleinstgeräte überträgt und gerade in Berlin getestet wird -
bis hin zu DMB (Digital Multimedia Broadcasting), das zahlreiche Elemente
von DAB flexibel für eine fortgeschrittene Radio- und TV-Übertragung nutzt. 

Bis zur Funkausstellung im kommenden Jahr will die MABB die Diskussion um
eine neue Konzeption des Digitalradios vorantreiben. Ab 2007 erhoffen sich
Hans Hege und seine Aufsichtsräte schon die Einführungsphase für neue
Geräte.

taz Nr. 7523 vom 25.11.2004, Seite 19, 130 Zeilen (TAZ-Bericht), JÜRGEN
BISCHOFF

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