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[A-DX] Morsende Männer:-)


  • Subject: [A-DX] Morsende Männer:-)
  • From: "paul gager" <aon.912332257@xxxxxx>
  • Date: Sun, 11 Dec 2005 23:57:30 +0100

(Passend zu meiner Meldung- Telekom in A stellt Telegrammdienst ein- vom 1.
11., fand ich im Berliner Tagesspiegel folgenden Artikel.)

Von wegen "Frollein vom Amt": Vermittlung war einst Herrensache

Von außen sieht das Gebäude an der Jägerstrasse stattlich aus. Eine noble
Sandsteinfassade im Stil der italienischen Renaissance. So war es auch um
1890. Wer es damals nicht besser wußte, dachte beim Vorübergehen an eine
obere Behörde, auch an ein Hotel. Doch im Inneren des Haupttelegrafenamtes
ging es nicht vornehm, sondern höllisch laut zu. Das Erdgeschoss bestand
fast nur aus einem großen Saal, wo im gleißenden Licht der Bogenlampen
hundert Männer morsten und telegrafierten.

Im Apparatesaal unter dem Glasdach kamen sie mächtig ins Schwitzen, die
Geräte klapperten, die Dampfluftheizung rauschte. Die Lüftungsschlote
saugten verbrauchte Luft ab, frische kam nur aus dem Keller. Damals war das
alles ganz modern. Wie auch die zentrale Feuerlöschanlage oder die Rohrpost,
mit der die Telegramme zwischen den Dienststellen des Amtes befördert
wurden. Das Haus war eine Sehenswürdigkeit und wurde gern von ausländischen
Fachleuten besucht.

Die Herren Telegrafen hatten wenigstens 25 Minuten Pause am Tag. In den
Katakomben des Kellers lag der Erfrischungsraum. Eine Bierhalle hatte den
Betrieb übernommen. Die ließ fleißig Halbe ausschenken, was der
Oberaufsichtsbeamte gar nicht gerne sah. Die Herren Telegrafen zogen oft mit
Bier und Stulle in die Garderoben, wo sie sich vor den Kontrolleuren
leichter verstecken konnten. Es war eine rauhe Männerdomäne, das Kaiserliche
Haupttelegrafenamt. Um die Jahrhundertwende änderte sich das, Frauen wurden
eingestellt, sie hatten für telegrafische Apparate mehr Fingerspitzengefühl-
und sie tranken auch nicht so viel.

Damals kam auch das Telefonieren in Mode, noch mit vielen Steckern und
handvermittelt, vom "Frollein vom Amt". Das Haupttelegrafenamt verlor später
die Bedeutung als Vermittlungsstelle. Nach der Wende wurde es modernisiert,
mit einem gläsernen Neubau ergänzt und zur Telekom- Hauptstadtrepräsentanz.
Im großen Saal ist jetzt viel Platz für Empfänge.

73 de Paul

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