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Re: [A-DX] dab



Hallo,

meine Erfahrungen mit DAB sind sehr zwiespältig. Sorry für den langen
Text, aber vielleicht interessiert es ja jemanden. Ansonsten DEL-Taste
benutzen.

Positiv hervorheben muss man, dass man tatsächlich outdoor schon bei
kleinen Sendeleistungen guten Empfang hat, und dass v.a. in hügligen
oder bergigen Gegenden DAB enorme Vorteile gegenüber UKW hat. 
In Tirol ist der gesamte Streckenabschnitt von der deutschen Grenze
über Innsbruck zum Brenner mit genau 2 DAB Sendern (Patscherkofel 1kW,
Seegrube 0,25kW) mit 4 Programmen versorgt. Im Endausbau wären zwar 
sicher noch ein paar Füllsender nötig, aber im Vergleich zu UKW ist 
das eine enorme Ersparnis. Auf der Strecke hat man auf UKW einen 
50kW Sender und zig Füllsender und doch immer noch kein störungsfreies
Signal. Mit 192kbps klingen die Programme dann auch recht ordentlich.
Im flachen Land kommt dieser Vorteil sicher nicht so zur Geltung, aber
hier bei uns im eher bergigen Land ist UKW Empfang oftmals kein
Hörgenuß mehr. Da bräuchte es noch viele viele Füllsender auf UKW.

Überrascht hat mich auch, dass trotz des hohen Frequenzbereichs und der
mickrigen Sendeleistungen ebenso Tropo-Überreichweiten statt finden.
Das Lokalensemble Augsburg ist bei mir regelmäßig zu Gast, die UKW
Lokalsender sind da oft noch lange nicht zu hören. Interessant also,
dass es auf 1400 MHz noch troposphärische Überreichweiten gibt, diese
tlw. sogar stärker ausgeprägt zu sein scheinen. Selbst das Lokalpaket 
Mainz hat es schon bis nach Rosenheim (Oberbayern) geschafft. 
Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen sind im Herbst 
regelmäßig zu hören, ähnlich, wie das auf UKW auch der Fall ist. Ein 
Wunder bei diesen mickrigen Sendeleistungen (< 1kW, vor allem bei 
grenznahen Sendern wegen Richtwirkung oft deutlich unter 1kW). 

Wenn man mal einen fairen Vergleich einer UKW- und einer DAB Abstrahlung
machen kann (also nicht 1kW DAB gegen 100kW UKW, sondern 1kW DAB gegen
10kW, was realistischer ist), dann sieht man, dass DAB eigentlich nur
dann Aussetzer bekommt, wenn auch das UKW Signal jenseits von gut und
böse ist. Bei vernünftigen Sendeleistungen wäre DAB zumindest für den
Ottonormalhörer sicher nicht schlechter. Für den DXer natürlich dennoch,
da die "Grasnarbensignale" halt nicht mehr erkennbar wären.

Was mich aber v.a. an DAB stört, und damit gehen die vielen "Abers" los:

- Die Sendeleistungen sind zu gering, Indoorempfang ist sehr mühsam.
Das wird sich aber in den kommenden Jahren ändern, dafür muss nur die
rechtliche Grundlage geschaffen werden, mit mehr als 1kW senden zu
dürfen. Dafür ist kommendes Jahr die Wellenkonferenz nötig.

- Die Programmauswahl ist zu gering. Auch das soll sich nach der
Wellenkonferenz ändern. Im Endausbau werden es dann im Band III 2 
landesweite Pakete sein, plus 1 regionales Paket im Band III, plus
optional 2 Lokalpakete im L-Band. Macht summa summarum ohne L-Band
ca. 21 Programme pro Region, das sind gegenüber UKW, wo für gewöhnlich
nicht mehr als 10 Programme pro Region auf Sendung sind (einstrahlende
Programme von Nachbarregionen mal nicht einberechnet), schon eine
kleine Steigerung, aber natürlich überhaupt nicht genug. Dazu kommt
als Manko, dass der Overspill aus Nachbarregionen viel zu gering ist.

Natürlich sind rundstrahlende 100kW Brutzler an der Grenze wie Ochsenkopf
oder Brocken/Harz teilweise Relikte aus der Zeit des geteilten 
Deutschlands, wo man den Nachbarn mit "seinen" Sendungen beglücken
wollte. Dennoch sollten auch im digitalen Zeitalter diese Overspills
fotgeführt werden. In einem frühen Dokument wurde dies auch gefordert,
aber anscheinend über die Jahre über Bord geworfen. Das finde ich sehr
schade, denn das trifft nicht nur DXer, sondern auch Normalhörer, die
eben gewohnt sind, den SWR auch in NRW zu empfangen und umgekehrt WDR
Programme in RLP oder Hessen. 

In diesem Punkt sehe ich allerdings auch keine Verbesserung. Die Kanäle
werden auf so kurze Distanz wiederverwendet, dass man technisch gar keine 
Chance hätte, die Einzüge rauszunehmen zugunsten des Overspills. Das gäbe
bei Tropo-Überreichweiten ein einziges Chaos. 12D gibt es sowohl in Bayern
als auch in NRW. Wer bisher Programme aus beiden Regionen empfängt, muss 
sich künftig für eine der beiden entscheiden, auch wenn die Leistungen 
noch so hoch sein werden.
Hier bei mir werden die Überreichweiten aus Baden-Württemberg irgendwann
der Vergangenheit angehören, wenn auf 12B auch das Ensemble Salzburg
auf Sendung geht. Dass man dieses enge Raster nicht zu Gunsten größeren
Overspills gelockert hat, sehe ich als größtes Manko.

- Was eigentlich eine Folge der Kapazitätsknappheit ist, scheint sich
bei DAB voll einzubürgern: Programme mit viel zu knapp bemessener
Bitrate. Während man bei 192kbps noch darüber diskutieren kann, wie
CD-nah diese Qualität ist, sind bei 128kbps nun wirklich Grenzen jeden
guten Geschmacks überschritten, auch wenn man noch so gute Encoder
einsetzt. Bayern mobil mit seinen 128kbps klingt zwar überraschend
gut, CD-nahe Qualität ist das aber allemal nicht und wäre nicht der
störungsfreiere Mobilempfang, würde UKW in allen Belangen besser klingen.
SO wird das nichts.

- Als einen der größten Fehler erachte ich, dass sich die beiden Lobbies
DAB/DMB und DVB-T/H nie auf einen gemeinsamen Standard einigen konnten.
So unterschiedlich sind beide Systeme nicht, dass man das nicht hätte
tun können. So hat man nun die Situation, dass DAB mit Hörfunk alleine
nicht auf die Beine kommt, dafür umgekehrt das wegen TV-Empfang 
attraktivere DVB-T keine Hörfunksender ausstrahlt. Mit einem gemeinsamen
Standard hätten jetzt schon alle Digital-TV-Nutzer auch Radio an Bord und
die Zahl der Digitalradio-Nutzer wäre deutlich höher.

Das war nochmal mein Senf zu DAB, sorry für den langen Text.

Viele Grüße,
Andreas

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