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[A-DX] UKW Berlin - Von hundert auf null


  • Subject: [A-DX] UKW Berlin - Von hundert auf null
  • From: "Martin Schoech" <radio@xxxxxxxxxxx>
  • Date: Tue, 19 Apr 2005 10:47:37 +0200

Von hundert auf null
Klammheimlich wurde der Berliner Radiosender Hundert,6 gestern geschlossen, 
offiziell sendet er weiter

Geschichte wiederholt sich nicht, es sei denn als Farce. Auf dem Berliner 
Radiomarkt lässt sich dies derzeit an der Abwicklung eines lokalen Senders 
verfolgen. Protagonist des Stückes, das den ganz normalen Wahnsinn des 
Marktes, gepaart mit spitzbübischem Handeln, bietet, ist ein alter Bekannter 
der Berliner Radioszene: Thomas Thimme. 1991 machte er als 
Geschäftsführer des linksalternativen Senders Radio 100, dessen Einfluss in 
den 80er-Jahren bis in Ostberliner Oppositionellenkreise reichte, allen 
Träumen vom nichtkommerziellen Radio ein Ende. Der Sender wurde in 
einer Nacht-und-Nebel-Aktion beerdigt, Erbe war ein Mainstream-Sender, 
der noch heute seine Hörer mit dreisten Moderationen, Werbung und Hits 
zumüllt.

Gestern Morgen nun schlug Thimme, mittlerweile Geschäftsführer des 
Senders Hundert,6 mit worthaltigem Kiez- und Kleingartenkolorit, wieder 
zu: ein Teil der Belegschaft wurde ausgesperrt, zumindest vom Äther. 
Redakteure und Techniker konnten zwar ihre Studios betreten, gesendet 
wurde aber längst aus einem anderen Studio - mit ein paar Mitarbeitern, die 
offenbar wechseln durften. Bereits in den Nächten zuvor seien Geräte aus 
dem Sender geschafft worden, berichten Mitarbeiter.

"Bis zuletzt haben wir nicht glauben können, dass ein derart skrupelloses 
Vorgehen nicht nur Stoff für einen spannenden Krimi bietet", sagte gestern 
eine sichtlich bestürzte Betriebsrätin Margit Ehrlich in den verwaisten 
Studios. Seit Thimme vor drei Jahren angetreten sei, habe ein Klima der 
Angst geherrscht. Die Belegschaft sei von rund 100 auf 40 reduziert 
worden. Von den verbliebenen würden viele nun auf der Straße stehen - 
durch einen "Griff in die Trickliste des Wirtschaftsrechts".

Thimme hat die Mitarbeiter gestern in einem Brief über die Insolvenz des 
Senders informiert, der in den vergangenen Jahren unter sinkenden 
Hörerzahlen litt. Die Mitarbeiter forderte Thimme auf, "Ruhe zu bewahren 
und den Sender aufzuräumen". Offenbar versuche Thimme, sich der meisten 
Arbeitsverträge durch Insolvenz zu entledigen, vermutet der Verein Berliner 
Journalisten. Und fordert die zuständige Medienanstalt der Region auf, die 
offenbar beantragte Lizenzübertragung auf eine neue Trägergesellschaft zu 
prüfen und die Bedingung "eines hohen journalistisch geprägten Wortanteils" 
nicht aufzugeben. Derweil sendete Hundert,6 weiter - just aus den Räumen, 
in denen einst Radio 100 residierte. RICHARD ROTHER

taz Nr. 7643 vom 19.4.2005, Seite 18, 82 Zeilen (TAZ-Bericht), 
RICHARD ROTHER

http://www.taz.de/pt/2005/04/19/a0197.nf/text
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Martin Schoech - PF 101145 - 99801 Eisenach - Deutschland
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