Re: [A-DX] Welche Vorteile bieten reine Webempfänger?

[Thomas Kamp <1step@xxxxxx>]

Am Samstag, den 30.12.2006, 23:58 +0200 schrieb karl michael gierich:
> Aha, jetzt ist alles klar.
> Und wo passt jetzt der Quick Time Player rein? Was ist das Jahr 2005 der SMTPE? Entspricht das Sternzeit 20 0789098?
> Kalle.


:-) Hallo Kalle,

hast ja Recht. Wobei ich nicht weiß, ob du von der "wahren" oder der
"mittleren" Sternzeit redest. Und betrug die nicht gestern beim
Verfassen Deiner Mail 5h 16m? ;-) 

Spaß beiseite. Daniels Befürchtung, wenn ich sie richtig verstanden
habe, ist ja berechtigt. Nimm als Beispiel einen meiner Lieblingssender:
Alice @ 97.3 San Francisco (KLLC-FM). Der sendet zwar auch im Internet,
aber gestreamt wird über einen Exoten mit der URL
http://tuner1.dc1.sonicstream.com bzw. über surfmusic.de. Und wenn Du
das mal ausprobierst, stellst du fest: Hier läuft nichts ohne (Windows)
Mediaplayer. Also sind die für meinen LINUX-Desktop erst mal
"unconnectible" (und auch für das NOXON-Webradio). 

Das ist halt der Fluch der Digitalisierung: ein Knäuel an Protokollen,
Codecs und Implementierungen (und auch Nicht-Implementierungen), so dass
kein Gerät der Welt in der Lage ist, alle dargebotenen Technologien und
die damit verbundenen Möglichkeiten abzudecken. Die Folge: Während ein
Röhrengerät aus den 20ern auch siebzig Jahre später noch die (meisten)
MW-Analogsignale "dekodieren" kann, werden die wenigsten
Digitalempfangsgeräte, die wir uns heute anschaffen, in einigen
Jahrzehnten zu verwenden sein - von sog. Software Defined Radios mal
abgesehen, die Du Dir für viel Geld immerhin begrenzt "updaten" kannst.

Erst gestern war ich mal wieder auf meinen Dachboden. Da steht neben dem
Weihnachtskrempel ´ne Menge elektronischer HighTec-Schrott. Hier die TOP
3: mein erstes D-Netz-Mobiltelefon (enthält keine SMS-Funktion), die
alte D-Box (decodiert nicht die Sender, die ich heute sehe), mein alter
PC (486/25 MHz - hoffnungslos mit dem Internet überfordert). Und ich
kann Dir auch sagen, welche Geräte Du demnächst dort finden könntest:
mein DAB-Autoradio (weil auf den Frequenzen demnächst DMB oder ein
anderes Digitalformat aufgesetzt wird), meinen DVB-T-Empfänger (hat
keinen Smartcard- bzw. Common Interface-Schacht), meinen Pentium III /
800 MHz-PC (weil auch die LINUX-Distributionen immer größeren Speicher-
und Rechenbedarf entwickeln), alle AM-/FM-Radios (der Termin 2015 steht,
ab dann ist der Analog-Rundfunk in Deutschland Geschichte!).

Jetzt höre ich meine innere Stimme ab und zu sagen: "Überleg´ mal, was
das alles kostet. Das macht doch alles keinen Sinn. Mach das nicht mehr
mit. Entschleunige Dich!". Aber was ist die Alternative unter der
Voraussetzung, dass ich auf bestimmte Tätigkeiten und Möglichkeiten
(Radiohören als Mittel der Information & Unterhaltung im Sinne des
Rundfunkstaatsvertrages, Hobby-DXing, zeit- und ortsunabhängige
elektronische Kommunikation mit anderen...) nicht verzichten will?

Schon heute empfängt mein TRIO 9R59DS vor allem Schaltnetzteile und
anderes Rauschen, insofern wäre ein Webradio für den Radioempfang eine
feine Sache. Aber eben mit zwei Einschränkungen: a) auch dieses greift
nur auf eine bestimmte Zahl an Stationen zu, die im Internet in den
entsprechenden Audio-Formaten senden; b) nach ein paar Jahren steht auch
dieses auf meinem Dachboden.

Andererseits: Auf meinem Dachboden gibt es auch eine Steckdose. Und zu
den schönsten Momenten in 2006 gehörte, als ich den alten TRIO noch mal
anwarf, ein 10 Meter langes Lautsprecherkabel in die Antennenbuchse
steckte und im Röhrenschein bei einem guten Glas Rotwein noch mal über
die Bänder drehte - und da waren sie, die Erinnerungen an meine ersten
Spaziergänge über die Abstimmskala: der Sender für Frieden und
Fortschritt, Radio Berlin International, RIAS, der Klönschnack von
Kapitänen draußen auf den Ozeanen, die weibliche Automatenstimme mit den
Fünfer-Zahlengruppen ("Neuen-Acht-Sieben-Zwo-Drrrei...") und, und,
und...

Ich wünsche allen ein glückliches neues Jahr und allzeit eine
Zeigerbreite Signalpegel über dem Rauschen.

Tom DF5JL



  

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