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[A-DX] Experten prophezeien lange Sonnenschwäche


  • Subject: [A-DX] Experten prophezeien lange Sonnenschwäche
  • From: "Florian Usner" <Florian-Muenchen@xxxxxxxxxxx>
  • Date: 20 Sep 2010 12:32 GMT


Quelle: www.spiegel-online.de

Klimaforschung
Experten prophezeien lange Sonnenschwäche

Von Holger Dambeck 

Obwohl ein neuer Sonnenzyklus begonnen hat, zeigen sich auf dem
Feuerball kaum neue Flecken. US-Forscher prognostizieren nun eine über
Jahrzehnte fleckenfreie Sonne - ein kühleres Klima auf der Erde könnte
die Folge sein. Aber die Vorhersage ist umstritten.

Die Sonne bestimmt das Klima auf der Erde. Ihr kräftiges Licht erwärmt
Luft, Wasser und Boden. Der Einfallswinkel der Strahlen bestimmt den
Gang der Jahreszeiten. Minimale Änderungen auf der Sonnenoberfläche
können weitreichende Folgen auf unserem Planeten haben. Zwischen 1645
und 1715 zeigten sich auf unserem Zentralgestirn kaum Sonnenflecken. In
dieser Zeit, auch Maunder-Minimum genannt, wurde es auf der Erde kühl.
Geologen bezeichnen die Phase als kleine Eiszeit. 

Nun sorgt eine neue Studie zweier US-Forscher für Aufsehen. Matthew Penn
und William Livingston vom National Solar Observatory in Tucson
(Arizona) haben über mehrere Jahre hinweg insgesamt rund 4000
Sonnenflecken beobachtet und vermessen. Aus ihren Messungen folgern sie,
dass es in den kommenden Jahrzehnten auf unserem Zentralgestirn kaum
noch Flecken geben wird. Normalerweise wechseln sich Phasen erhöhter
Aktivität (viele Flecken) mit solchen geringer Aktivität ab. Elf Jahre
dauert ein solcher Zyklus. Die neue Hypothese der US-Forscher ist
spektakulär: Analog zum Maunder-Minimum könnte man davon ausgehen, dass
es kühler wird auf unserem Planeten. 

Seit 1998 haben Penn und Livingston die Magnetstärken in etwa 4000
Sonnenflecken miteinander verglichen. Die dunklen Spots sind als lokale
Veränderungen im Magnetfeld unseres Zentralgestirns sichtbar. Bei ihren
Beobachtungen nutzten die Forscher die charakteristische Aufspaltung von
Spektrallinien in Gegenwart eines Magnetfeldes - den sogenannten
Zeeman-Effekt. Die Auswertung ergab einen klaren Trend: Die magnetische
Flussdichte in Sonnenflecken ist in den vergangenen Jahren stetig
zurückgegangen. Lagen die Werte bei den ersten Messungen noch bei mehr
als 2500 Gauß (0,25 Tesla), so sind liegen sie mittlerweile bei nur noch
2000 Gauß (0,2 Tesla). Die bei arxiv.org abrufbare Studie haben die
Forscher beim International Astronomical Union Symposium No. 73
eingereicht. 


"Praktisch keine Spots" 

"Das ist ein interessantes Ergebnis", sagt Manfred Schüssler vom
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. Zwar gebe es immer noch
einige Unsicherheiten bei der Messung des Magnetfeldes, weil dieses
innerhalb eines Spots und von Spot zu Spot variiere. Die Methode sei
jedoch relativ zuverlässig. Warum die Stärke des Magnetfelds sinkt,
wissen weder die Autoren der Studie noch Schüssler: "Es gibt da
offensichtlich eine Entwicklung, die wir nicht verstehen", sagt der
Max-Planck-Forscher im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. 

Die Sonnenexperten aus Tucson haben jedoch nicht nur in die
Vergangenheit geschaut - sie wagen auch eine Prognose für die Zukunft.
Wenn man das nahezu lineare Sinken der Feldstärke in die nächsten Jahre
fortschreibe, dann beeinflusse dies die Fleckenbildung in den kommenden,
elf Jahre dauernden Sonnenzyklen. Die Forscher begründen dies damit,
dass bei Feldstärken unter 1500 Gauß ein Sonnenfleck nicht existieren
kann. Im aktuellen Sonnenzyklus mit der Nummer 24 werde es nur noch halb
so viele Sonnenflecken geben wie im Zyklus 23. Für den Zyklus 25, der in
etwa zehn Jahren beginnt, prophezeien die Forscher "praktisch keine
Spots". 

Der deutsche Solarforscher Schüssler bestätigt im Gespräch mit SPIEGEL
ONLINE, dass die Aktivitäten auf dem riesigen Feuerball derzeit
tatsächlich ungewöhnlich niedrig sind. "Die Indizien deuten daraufhin,
dass der nächste Aktivitätszyklus gering sein wird." Die von den beiden
US-Kollegen vorgenommene Fortschreibung des Trends in die Zukunft hält
Schüssler jedoch für äußerst gewagt. "Man kann das nicht so einfach
extrapolieren." 


Zwei Drittel weniger Spots 
 
Als offiziellen Beginn des 24. Sonnenzyklus hatten die Sonnenforscher
der amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration
(NOAA) den Dezember 2008 festgelegt. Nach Berechnungen von Penn und
Livingston hat es zu Beginn des laufenden Zyklus' nur etwa ein Drittel
so viele Sonnenflecken gegeben wie im Vergleichszeitraum von Zyklus 23.
Aktuelle Aufnahmen der Sonne zeigen nur wenige Flecken - und zwar seit
Monaten. 


Innerhalb eines Sonnenfleckenzyklus variiert die von der Sonne
abgestrahlte Energie um lediglich 0,1 Prozent. Dies entspricht einer
Änderung von etwa 0,2 Watt pro Quadratmeter auf der Erdoberfläche und
würde an sich nicht ausreichen, um Klimaveränderungen wie im
Maunder-Minimum zu erklären. Im Jahr 2009 haben Wissenschaftler jedoch
mit einem Computermodell nachgewiesen, dass Schwankungen innerhalb der
Sonnenzyklen sehr wohl Vorgänge in der Erdatmosphäre beeinflussen
können. Zum einen kann mehr Ozon gebildet werden, zum anderen verstärken
sich Niederschläge. 

Ob Penn und Livingston mit ihrer Prognose richtig liegen oder nicht,
werden die kommenden Jahre zeigen. Eine über Jahrzehnte fleckenfreie
Sonne will auch der Max-Planck-Forscher Schüssler nicht grundsätzlich
ausschließen: "Es hat immer Phasen geringer Sonnenaktivität gegeben. Wir
müssen davon ausgehen, dass es so etwas immer wieder geben wird.

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