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[A-DX] Beitrag aus "Radio-Kurier, weltweit hoeren"
- Subject: [A-DX] Beitrag aus "Radio-Kurier, weltweit hoeren"
- From: Herbert Meixner <hmeixner@xxxxxxxxx>
- Date: Thu, 10 May 2012 08:17:23 +0200
Der folgende Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe "Radio-Kurier; weltweit hoeren" und ich meine er ist es wert, auch hier verbreitet zu werden.
Mit Gruss, Herbert ----- Radiomensch „Hello, hello, turn your radio on / is there anybody out there...“. Der ein oder andere erinnert sich vielleicht an den Song aus dem Jahr 1992. Zugegeben, Synthie Pop ist nicht unbedingt meine bevorzugte Musikrichtung, aber irgendwie sprechen die beiden Damen des britischen Musikprojekts Shakespeare’s Sister doch jedem Radiomenschen aus der Seele. Wer redet schon gern ins Leere? Aber die Zahl der Hörer sollte wohl nicht das Kriterium dafür sein, was man am Mikrofon gibt. Auf der anderen Seite am Lautsprecher ist immer irgendwo jemand, der zuhört. Das hat, wie ich finde, auch seine guten Gründe. Radio ist schnell und phantasiereich. Meine Kollegen von Radio Algier nennen das in ihrem täglichen Programm: „Des images qui s’écoutent – Bilder, die man hören kann“. 20 Jahre langwar Algerien mein Arbeits- und Wohnort, kein Zufall für eine Arabistin und Historikerin. Viele Jahre für Nachrichtenagenturen, Zeitungen, Fachzeitschriften und das Fernsehen unterwegs, hatte ich auch immer meine „technischen Mitarbeiter“, Aufnahmegerät und Mikro, dabei und durfte für Deutschlandradio, ORF, den Schweizer Rundfunk, Radio Dublin und den Afrika- Dienst der Deutschen Welle berichten. Dabei habe ich immer wieder erlebt, wie wichtig Radio für die Menschen ist. Ich sehe Eka, den Sohn des Nomadenstammes der Tuareg, in den Dünen der algerischen Sahara mit aufblitzenden Augen, als er endlich das rauschende Programm von Radio France Internationale eingefangen hatte, die junge Nasra im Flüchtlingscamp der Polisario, das Ohr ans Gerät gepresst, um Neuigkeiten aus ihrer besetzten Heimat, der Westsahara, zu erfahren und Cyrill, den in der Wüste gestrandeten Ivoirer, der auf seinem Weg nach Europa mehr noch am Heimweh als an Hunger und Durst litt, wenn aus seinem winzigen Empfänger afrikanische Klänge kamen. Radio ist grenzenlos. Ich sehe auch meine Kollegen eines kleinen Lokalsenders im westafrikanischen Benin, die mit archaischer Technik in zwölf Stammessprachen den Menschen zu erklären versuchten, was sie gegen die Folgen des Klimawandels tun können. Radio ist eben robust. Und Radio verbindet in guten wie in schweren Zeiten. Noch heute habe ich den schmerzerfüllten Aufschrei einer Moderatorin von Radio Algier im Ohr, als sie in ihrer Live-Sendung von einem weiteren tödlichen Attentat auf einen unserer Journalisten-Kollegen erfuhr. Im vom Terrorismus geschüttelten Algerien der 1990er Jahre fühlten wir unzähligen Hörer in diesem Moment dasselbe wie sie. Dasselbe verbindende Gefühl hatte ich im positiven Sinne, wenn ich im Ramadan im Kreise meiner Freunde auch als Nicht-Muslima aus dem Radio das erlösende Gebet am Ende eines Fastentages vernahm. Es ist dieses ganz Besondere, was auf der ganzen Welt jene im Studio und jene an den Rundfunkgeräten verbindet. Kein Wunder also, dass es entgegen der Prophezeiung „Video“ nicht geschafft hat, den „Radio-Star“ zu killen. Stattdessen fallen dank des Internet immer mehr Grenzen, geographisch und qualitativ. Dennoch gebe ich zu, dass ich zuweilen heute noch im Dunkeln mit meinem kleinen Weltempfänger auf dem Bauch durch den Äther reise und mich der Faszination Radio hingebe. Radio bildet, auch wenn ich bedauernd hinnehmen muss, wie viele Sprachen ich nicht verstehe. Doch zum Glück gibt es ja auch Musik von weit her. Übrigens endet der Radio-Song der Shakespeare’s Sister mit der Feststellung: „...live is a strange thing / just when you think you learned how to use it it’s gone.“ Stimmt. Jede Minute ist kostbar. Aber welch ein Privileg, seine Zeit damit verbringen zu dürfen, Geschichten des Lebens zu erzählen. Egal wo man ist, in diesem Metier gibt es doch immer wieder diesen tollen Moment, wo man sagt: Wow, wieder was gelernt! Daran möglichst viele Menschen teilhaben zu lassen, darauf gebe ich mein Wort. Und das in seinem wahrsten Sinne. Claudia Altmann, DLR-Landeskorrespondentin Sachsen -- ----------------------------------------------------------------------- Diese Mail wurde ueber die A-DX Mailing-Liste gesendet. Admin: Christoph Ratzer, OE2CRM http://www.ratzer.at ----------------------------------------------------------------------- Private Verwendung der A-DX Meldungen fuer Hobbyzwecke ist gestattet, jede kommerzielle Verwendung bedarf der Zustimmung des A-DX Listenbetreibers.
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