[A-DX] BNetzA ud PLC

Kurt Ringel
Mo Jul 6 15:37:19 CEST 2015


Hallo in die Runde,

ich habe mir nun die Rechtsvorschriften angesehen. Bevor ich die 
Ergebnisse ganz kurz abhandele, zunächst noch der Hinweis, dass alle 
Rechtsvorschriften des Bundes zuverlässig und in aktueller Fassung unter 
www.gesetze-im-internet.de sowohl in HTML (Einzelparagraphen) als auch 
als PDF (komplett) zu finden sind. Hier die wichtigsten Links:

www.gesetze-im-internet.de/tkg_2004/index.html
www.gesetze-im-internet.de/emvbg/index.html
www.gesetze-im-internet.de/fteg/index.html
www.gesetze-im-internet.de/schutsev/index.html

I. Die Anwendbarkeit des EMVG

Nach § 1 Abs. 1 gilt das EMVG  "für alle Betriebsmittel, die 
elektromagnetische Störungen verursachen können oder deren Betrieb durch 
elektromagnetische Störungen beeinträchtigt werden kann".

Betriebsmittel sind "Geräte und ortsfeste Anlagen" (§ 3 Nr. 1), Gerät 
ist " ein für den Endnutzer bestimmtes fertiges Produkt mit einer 
eigenständigen Funktion oder eine als Funktionseinheit in den Handel 
gebrachte Verbindung solcher Produkte, das oder die
elektromagnetische Störungen verursachen kann oder können oder dessen 
oder deren Betrieb durch elektromagnetische Störungen beeinträchtigt 
werden kann" (§ 3 Nr. 2 Buchst. a).

Ausgenommen sind aber "Betriebsmittel, die vom Gesetz über Funkanlagen 
und Telekommunikationsendeinrichtungen erfasst werden" (§ 2 Abs. 1 Nr. 
1). Hier gibt es erste Unsicherheiten:

"Funkanlage" wird in § 2 Nr. 2 FTEG definiert als "ein Erzeugnis oder 
ein wesentliches Bauteil davon, das in dem für 
terrestrische/satellitengestützte Funkkommunikation zugewiesenen 
Spektrum durch Ausstrahlung und/oder Empfang von Funkwellen 
kommunizieren kann". "Kann" heißt wohl in diesem Fall "bestimmungsgemäß 
kann". Dann fallen die PLC heraus. Nach der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 
464/00 vom 18.08.2000) wurden die Definitionen aus dem EU-Recht 
übernommen. Tiefer werde ich hier nicht wühlen.

Telekommunikationsendeinrichtung wird in  § 2 Nr. 2 definiert als "ein 
die Kommunikation ermöglichendes Erzeugnis oder ein wesentliches Bauteil 
davon, das für den mit jedwedem Mittel herzustellenden direkten oder 
indirekten Anschluss an Schnittstellen von öffentlichen 
Telekommunikationsnetzen (Telekommunikationsnetze, die ganz oder 
teilweise für die Bereitstellung von der Öffentlichkeit zugänglichen 
Telekommunikationsdiensten genutzt werden) bestimmt ist". Das wäre etwa 
ein Router oder ein an eine Telefonanlage angeschlossenes Telefon. PLC, 
die nicht im Rahmen eines autarken Netzes betrieben werden, sondern 
Zugang zum Internet vermitteln, müssten deshalb eigentlich als TKE 
eingestuft werden. Da § 15 Abs. 1 FTEG hinsichtlich der Befugnisse der 
BNetzA die §§ 14, 15 und 16 EMVG für entsprechend anwendbar erklärt, ist 
das Problem gemildert. Die BNetzA geht vermutlich von der 
Unanwendbarkeit des FTEG aus, denn sie beruft sich auf die SchuTSEV, die 
eine Rechtverordnung nach § 6 EMVG ist. Eine solche Haltung bietet sich 
auch allein schon aus praktischen Gründen an, weil man von außen ohne 
Inhaltsanalyse des Nachrichtenverkehrs nicht feststellen könnte, ob das 
Gerät mit dem Internet verbunden ist.

II Befugnisse der BNetzA nach EMVG

Es ist zu beachten, dass es hier nur um Befugnisse, nicht um 
Handlungspflichten geht. Von den Befugnissen ist für uns § 14 Abs. 6 
Satz 1 und Satz 2 Nr. 4 von Bedeutung. Die Bestimmung lautet:

" Die Bundesnetzagentur ist befugt, die notwendigen Maßnahmen zur 
Klärung von elektromagnetischen Unverträglichkeiten zu ergreifen. Sie 
kann 4. zum Schutz vor Auswirkungen von Betriebsmitteln, die nicht den 
Vorschriften dieses Gesetzes oder anderen Gesetzen mit Festlegungen zur 
elektromagnetischen Verträglichkeit genügen, besondere Maßnahmen für das 
Betreiben von Betriebsmitteln an einem bestimmten Ort anordnen oder alle 
erforderlichen Maßnahmen treffen, um das Betreiben von Betriebsmitteln 
an einem bestimmten Ort zu verhindern. Sie kann ihre Maßnahmen an den 
Betreiber oder an den Eigentümer eines Betriebsmittels oder an beide 
richten. Liegen bei elektromagnetischen Unverträglichkeiten die 
Eingriffsvoraussetzungen nach Satz 2 nicht vor, ist die 
Bundesnetzagentur befugt, bei bestehenden oder vorhersehbaren Problemen 
in Zusammenhang mit der elektromagnetischen Verträglichkeit an einem 
bestimmten Ort unter Abwägung der Interessen der Beteiligten die 
notwendigen Maßnahmen zur Ermittlung ihrer Ursache durchzuführen und 
Abhilfemaßnahmen in Zusammenarbeit mit den Beteiligten zu veranlassen. 
Zivilrechtliche Ansprüche bleiben unberührt. Bei elektromagnetischen 
Unverträglichkeiten arbeitet die Bundesnetzagentur mit den Beteiligten 
zusammen. Sie
legt die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu Grunde und kann 
insbesondere die geltenden technischen Normen heranziehen."

Ein Auskunftsrecht gegenüber dem Betreiber ergibt sich aus § 15 Abs. 1 
EMVG. Ein Betretungsrecht kennt das EMVG in § 14 Abs. 12 und § 15 Abs. 
2, die Voraussetzungen beider Vorschriften sind hier aber nicht erfüllt

III. Die Anwendbarkeit der SchuTSEV

Wie bereits dargelegt, ist die SchuTSEV eine Rechtsverordnung, die auf 
das EMVG gestützt ist. Außerhalb des Anwendungsbereichs des EMVG ist sie 
deswegen selbst nicht anwendbar. Eine analoge Anwendung der Verordnung 
auf vergleichbare Fälle (insbesondere solche nach dem FTEG, wäre 
allerdings denkbar.

Peter hat in seiner Mail vom 03.07.2015 18:47 umfangreiche Auszüge aus 
der Verordnung gepostet, dabei aber gerade die relevanten Passagen 
ausgelassen. Schon der volle Titel der Verordnung zeigt, dass es um mehr 
geht als um Flugfunk und Polizeifunk. Der Titel lautet: "Verordnung zum 
Schutz von öffentlichen Telekommunikationsnetzen und Sende- und 
Empfangsfunkanlagen, die in definierten Frequenzbereichen zu 
Sicherheitszwecken betrieben werden  (Sicherheitsfunk-Schutzverordnung - 
SchuTSEV)". Die Verordnungsermächtigung im EMVG erstreckt sich auch auf 
"öffentliche Telekommunikationsnetze" und die Verordnung bestimmt ihren 
Anwendungsbereich entsprechend (§ 1):

"Diese Verordnung regelt die Durchführung besonderer Maßnahmen der 
Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und 
Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) zum Schutz von
1.    Sende- und Empfangsfunkanlagen, die in definierten 
Frequenzbereichen zu Sicherheitszwecken betrieben werden, und
2.    öffentlichen Telekommunikationsnetzen
vor elektromagnetischen Störungen."

Was sind nun ein öffentliches Telekommunikationsnetz? Dieses wird in § 2 
Nr. 2 der Verordnung definiert als "ein Telekommunikationsnetz im Sinne 
von § 3 Nr. 27 des Telekommunikationsgesetzes, das zur Bereitstellung 
von öffentlich zugänglichen
Telekommunikationsdiensten im Sinne von § 3 Nr. 24 des 
Telekommunikationsgesetzes genutzt wird". Bei der Hinzuziehung des TKG 
stoßen wir auf überraschende Definitionen:

§ 3 Nr. 24 TKG definiert "Telekommunikationsdienste" als "in der Regel 
gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der 
Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, 
einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen".

Und § 3 Nr. 27 TKG definiert "Telekommunikationsnetz" als "die 
Gesamtheit von Übertragungssystemen und gegebenenfalls Vermittlungs- und 
Leitwegeinrichtungen sowie anderweitigen Ressourcen, einschließlich der 
nicht aktiven Netzbestandteile, die die Übertragung von Signalen über 
Kabel, Funk, optische und andere elektromagnetische Einrichtungen 
ermöglichen, einschließlich Satellitennetzen, festen, leitungs- und 
paketvermittelten Netzen, einschließlich des Internets, und mobilen 
terrestrischen Netzen, Stromleitungssystemen, soweit sie zur 
Signalübertragung genutzt werden, Netzen für Hör- und Fernsehfunk sowie 
Kabelfernsehnetzen, unabhängig von der Art der übertragenen Information".

Und schon wissen wir, warum der Verordnungsgeber in den Messvorschriften 
der SchuTSEV plötzlich den Rundfunk regelt, den Amateurfunk aber nicht. 
So ganz rund ist die Sache freilich nicht, denn was sind denn nun "Netze 
für Hör- und Fernsehfunk", die keine Kabelnetze sind? Auch ein Sender 
auf einer einzelnen Frequenz, vielleicht sogar aus dem Ausland? Wenn die 
BNetzA einmal an dieser Stelle Ärger machen sollte, z.B. weil es keine 
deutschen Mittelwellensender mehr gibt, müsste mit erheblichem 
argumentativen Aufwand auf Art. 5 GG zurückgegriffen werden. Hoffentlich 
bleibt uns das erspart.

73, Kurt
(DF7FU)


On 03.07.2015 20:32, Heinrich DF8RY wrote:
> Am 03.07.2015 um 20:13 schrieb Kurt Ringel:
>> Da ich selbst betroffen sein könnte,
>> will ich mir die Sache aber einmal ansehen.
>
> Danke Kurt, so etwas kann natürlich nur unverbindlich sein. Es 
> erwartet niemand, dass du rechtsverbindliche Ausagen triffst.