[A-DX] WPT-EV – das Ende der Kurzwelle?

Tom DF5JL
Sa Aug 4 20:02:47 CEST 2018


Zusammenfassung: Die Automobilindustrie träumt vom kabellosen Laden von
E-Autos. Doch die IARU befürchtet, dass dadurch flächendeckend der
Kurzwellenbetrieb gestört werden könnte. Jetzt liegt dazu eine Studie vor.


WPT-EV – das Ende der Kurzwelle?

Kein Kabelsalat, keine schmutzigen Hände, keine Stolperfallen – die
Autoindustrie ist davon überzeugt, dass in Zukunft Elektroautos drahtlos
geladen werden. Die Idee: Ein hochfrequentes Feld überträgt die Energie
induktiv an eine Empfängerspule im Fahrzeug. Das Ganze nennt sich
„Wireless Power Transmission for Electrical Vehicels“ (WPT-EV): Zum
Laden parkt der Fahrer sein Auto über einem Pad mit der Sendereinheit.
Geladen wird mit Leistungen bis zu 20 Kilowatt bei 79 bis 90 kHz. Der
Wirkungsgrad soll bis zu 85 Prozent betragen, so die Entwicklerfirmen.

Verglichen mit kabelgebundenen Ladestationen erfordert die induktive
Ladetechnik weniger Platz in der Garage oder im Parkhaus. Eine
komfortable Angelegenheit also. Doch was passiert, wenn hohe Energien
bei solchen Frequenzen übertragen werden? Mit dieser Frage beschäftigt
sich die IARU intensiv. WPT-EV-Hochleistungsladesysteme arbeiten zwar
nicht auf Amateurfunkfrequenzen, jedoch gibt es die massive Befürchtung,
dass von diesen Systemen erzeugte Oberwellen und andere
Außerband-Signale  Störungen in den Bändern anderer Funkdienste
verursachen könnten – auch in unseren Amateurfunkbändern.

Der Amateurfunkdienst ist besonders verletzlich, da hier häufig mit
vergleichsweise geringen Leistungen gearbeitet wird. Das Reverse Beacon
Network (RBN), eine Echtzeit-Datenbank, die von mehreren hundert
CW-Empfangsstationen auf der ganzen Welt gespeist wird, zeigt: Mehr als
die Hälfte dieser Signale liegt bei einem Signal-Rausch-Verhältnis von
weniger als 15 dB (bei 500 Hz Bandbreite). Eine signifikante Erhöhung
des Hintergrundrauschpegels hätte daher einen sehr schädlichen Einfluss
auf den Amateurfunk. Schon jetzt sind selbst in ländlichen Umgebungen
die Störpegel angestiegen, was auf Millionen von
Low-Power-Digitalgeräten (Schaltnetzteile, LED-Beleuchtungssysteme etc.)
zurückzuführen ist. Jede weitere signifikante Verschlechterung des
Hintergrundrauschpegels wird die Leistungsfähigkeit des
Amateurfunkdienstes beeinträchtigen.

Die derzeitigen ITU-Grenzwerte für Emissionen im Störbereich von Geräten
mit kurzer Reichweite sind in ITU-R SM.329-12 definiert. Es gibt
Hinweise darauf, dass sie von einigen WPT-EV-Entwicklern als
Planungsgrundlage herangezogen werden. Wenn man diese Grenzwerte
zugrunde legt, kommt man zu dem Ergebnis, dass WPT-EV-Nebenaussendungen
den jetzigen Hintergrundrauschpegel um bis zu 40-50 dB überschreiten
könnten. Die IARU geht davon aus, dass es angesichts der geplanten
Dichte von WPT-EV-Systemen zu weitreichenden Auswirkungen auf den
Funkverkehr kommen wird. Eine erste Studie [1] zeigt, dass bestehende
Grenzwerte keinen ausreichenden Schutz bieten und dass ohne eine
Verschärfung dieser Grenzwerte die Koexistenz von
Funkkommunikationsdiensten und WPT-EV-Systemen in der gleichen Umgebung
nicht möglich ist.

Doch Technologieunternehmen und Autoindustrie denken bereits über eine
nächste Stufe des drahtlosen Ladens nach. Beim sogenannten „Wireless
Electric Vehicle Charging“ (WEVC) etwa wird ein hochfrequentes
Magnetfeld mit 85 kHz in der Fahrbahn erzeugt. Das soll das Laden im
fließenden Verkehr ermöglichen. Auf einer Teststrecke in Versailles
konnten so bereits Leistungen von bis zu 20 Kilowatt an das fahrende
Auto übertragen werden.

[1] IARU: Study of the Impact of Wireless Power Transfer Systems for
Electrical Vehicels operating in the 79-90 kHz Range on Radio
Communication Systems in the Amateur Service, 28 May 2018. Siehe auch:
https://bit.ly/2KhBDNA.

(Der Beitrag erschien zuerst in der DARC-Zeitschrift CQDL, Ausgabe
08/2018 unter der Rubrik "Kurzwelliges" - die Zusammenfassung wurde hier
ergänzt)

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73 Tom DF5JL


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