[A-DX] Radio-Kurier 09/18, Editorial

Herbert Meixner
Sa Aug 25 17:21:51 CEST 2018


Austria – quo vadis?

Liebe Freunde des Funkfernempfangs, liebe Funkamateure und andere
Funkinteressierte, was aktuell bei unserem südöstlichen Nachbarn 
funkpolitisch
passiert, lässt einen wirklich erschaudern. Man hat den Eindruck, es 
geht an die
Substanz...

Schon seit längerer Zeit wissen Wellenjäger, dass der ORF sein 
internationales
Programm stark reduziert hat – kein Einzelphänomen in der europäischen
Rundfunklandschaft. Aber es geht noch weiter: Mittlerweile ist der freie 
Rundfunkjournalismus in Gefahr. Unverhohlen drohte bereits im April 
diesen Jahres
der FPÖ-Politiker Norbert Steger ORF-Auslandskorrespondenten mit Entlassung,
wenn diese „sich nicht korrekt verhalten“ – nachdem sich ORF-Journalisten
und FPÖ-Politiker seit Monaten beharken. Am 17. Mai setzte Steger noch
eins drauf – er wurde zum Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrats gewählt – 
dieser
ist einem Rundfunkrat in Deutschland vergleichbar, jedoch deutlich 
stärker parteipolitisch
beeinflusst. Erhebliche Wechsel im Bereich der Chefredakteure
folgten.

Einem erheblichen Risiko sind auch die österreichischen Funkamateure 
ausgesetzt:
Mit der geplanten Novelle des österreichischen Telekommunikationsgesetzes
soll das eigenständige Amateurfunkgesetz gestrichen werden – was
ansich nicht so tragisch wäre, würde es nicht erhebliche 
Verschlechterungen für
Funkamateure in Österreich mit sich bringen. Bereits die geplante neue 
Definition
des Amateurfunkdienstes berücksichtigt unzureichend die Pflicht der 
Funkamateure
zur Hilfeleistung bei Unglücks- und Katastrophenfällen und widerspricht
damit internationalem Recht (VO Funk 32.16). Es geht weiter über 
Verschlechterungen
bei Genehmigungsverfahren für Funkstationen bis hin zur Streichung des 
Rechtsanspruchs auf Erteilung einer Amateurfunkbewilligung.
Diese wird zur reinen Ermessensentscheidung der ausstellenden Behörde, womit
der Willkür der Weg geebnet wird. Die bisher unbefristet gültigen 
Amateurfunkbewilligungen erlöschen mit der neuen Rechtslage nach fünf 
Jahren und
müssen dann verlängert werden, was auch hier der Kann-Entscheidung der 
Behörden
den Weg ebnet. Diese Vorgehensweise ist einmalig in Mitteleuropa, kein
anderer Staat kennt ähnliche Regelungen.

Zudem genießt der Amateurfunkdienst wie andere Funkdienste auch bisher
einen (begrenzten) Schutz vor Störungen, dieser Schutz soll ersatzlos 
entfallen.
Insgesamt ein bedenkliches Bild, was die konservativ-rechtspopulistische 
Regierung
in Österreich da vorhat.

Jetzt mag man sich fragen: Interessiert uns das? Aber ja! Auch die deutschen
Hörerfreunde und Funkamateure klagen seit Jahren über sich verschlechternde
Empfangsbedingungen. Viel zu schnell wird dabei aufs „Internet“ 
verwiesen, wobei
hier geflissentlich unterschlagen wird, dass das Medium Internet im 
Gegensatz
zu Funk & Rundfunk ein viel besser zu überwachendes ist. Und auch in
Deutschland gibt es Bestrebungen, Medien stärker an die „Kandare“ zu nehmen
– damit haben wir in Deutschland geschichtlich keine guten Erfahrungen 
gemacht.
Rundfunkhörer, DXer und Funkamateure bleiben daher aufgerufen, ein 
kritisches
Auge und Ohr auf die Medienpolitik zu richten. Was in Österreich vorgemacht
wird, ist leider kein gutes Beispiel.

Joachim von Geisau