Re: [A-DX] Wie gut darf DAB+ klingen? - Über die Dreiecksbeziehung von Fehlerschutz, Audiodatenrate und Programmanzahl

Rémy Friess
Freitag, 18. Februar 2022, 02:39 Uhr


Hallo  Ralph und die Runde,

Da du meinen Namen in deiner Mail erwähnst erlaube ich mir zu antworten,..

> Ich kenne eine Situation, bei der ich (auf Straßburg zufahrend) auf 
> der Frequenz 92,3 MHz mehrmals erlebe, daß der Saarländische Rundfunk 
> und der von mir hochgeschätze Sender FIP im Radio quasi hin- und 
> herklappen. Nur der eine und dann wieder nur der andere. Rémy Fries 
> kennt sicher auch solche Situationen aus dem südlichen Elsaß.

Wobei man hinzufügen muss dass der eine Sender vertikal polarisiert ist 
und der andere horizontal. In meinem früheren Wohnort (ca. 20 km südlich 
von Strasbourg) konnte ich z.B. auf 88,0 MHz mit dem kleinen Tecsun 
PL-380 und horizontaler Teleskopantenne SR1 (Sender Gottelborner Höhe) 
hören und mit vertikaler Antenne kam Skyrock (Sender Colmar). Und die 
beiden störten einander nie.

Sei aber froh dass hier In Frankreich bald zwei nationale DAB+ Netzwerke 
eingerichtet werden, denn dann kannst du, wenn du durch die Gegend 
fährst, FIP in ganz Frankreich hören und nicht nur in Paris und Strasbourg.

Hier gibt es auch eine ganz besondere Frequenz, nämlich 107,7 MHz. Die 
ist in ganz Frankreich von den Autobahn Sendern belegt, und da ist es 
sogar völlig wurscht wie gut die "capture ratio" ist, denn wenn man mit 
130 Sachen (Tempolimit hierzulande) durch die Gegen rast ist so gut wie 
immer einer der Sender wesentlich stärker als der/die andere(n). Zwei 
Sender des Netzwerkes sind nur ein Bruchteil einer Sekunde gleich stark.

> FM ist eine feine Sache. Und bei der hervorragenden Empfindlichkeit 
> heutiger Autoradios (und dank des CREST-ICs!) kann ich einen FM-Sender 
> bis knapp über die Rauschgrenze zumindest noch in mono empfangen 
> (unter 10dByV). Das ist mit DAB+ schlichtweg unmöglich - es mutet 
> lange vorher.

Richtig. Ich kann nur von der hiesigen Lage sprechen, ich kenne die 
Umstände in DL oder AT überhaupt nicht.  Stichwort Rauschgrenze. Bei den 
ör Sendern ist man stehts weit über der Rauschgrenze, also kein Problem 
mit dem Empfang, bei den Privaten ist es aber ganz anders. Beispiel: 
entlang des Rheins Sender Strasbourg: ÖR 50 kW, Private 1 bis 4 kW), 
Sender Mulhouse: ÖR 100 kW, Private 1 kW.

Hier in Montbéliard kann ich z.B.Europe 1 sehr gut empfangen, aber nur 
weil ich in 500 Meter Entfernung eines 300 Watt Sender wohne. Im 
Gegensatz zu E1  kommt RTL gar nicht gut an. Es gibt zwar einen 1 kW 
Sender, der ist aber 20 km entfernt und den kann ich nur mit viel 
Knistern hören. Also bei mir RTL nur auf Langwelle.

Wenn die nationalen DAB+ Netzwerke eingerichtet sind, hoffentlich bald 
("wishful thinking" würden die Engländer sagen ;) ), dann werden ÖR und 
Private gleich gut ankommen weil sie auf den selben Netzwerken senden 
werden. Für mich ist das der grösste, vieileicht der einzige Vorteil des 
DAB+ Verfahrens.

> Leider wird auch nicht erwähnt, daß durch die in etwa doppelt so hohe 
> Frequenz gegenüber FM leider auch die Dämpfung indoor davon anhängt, 
> durch wie viele Wände das Signal muß und aus welchem Material die 
> Hauswand ist. Hier gibt es erstaunliche Unterschiede ! Auch spielt zum 
> Beispiel die Belaubung von Bäumen in der Nachbarschaft der 
> Empfangsstelle eine recht große Rolle. Hatte ich Auslöschungen durch 
> Polarisationseffekte erwähnt ?

Auch richtig. Und wenn ich von meinem Stul aufstehe um in der Küche ein 
Glass Wasser zu geniessen dann ist DAB+ auch weg bis ich wieder zurück 
komme...

Hier in Frankreich werden die DAB+ Sender nur mit "outdoor" Kapazität 
senden. Konkreet heisst das dass man sie nur im Auto gut empfangen wird. 
Totaler Irrsinn, denn ein Auto bleibt im Durchschnitt 20 Jahren auf den 
Strassen. Da aber erst seit ein paar Monaten die Hersteller dazu 
verpflichtet sind DAB+ einzubauen wird es 20 Jahre dauern bis alle DAB+ 
empfangen können. Naja in 20 Jahren werden alle Hörer auf 5G Radio 
umgesiedelt sein.

>
> Die Beschränkung der Datenrate auf 64kBit/s hat dem Ansehen der BBC in 
> UK schwer geschadet. 

Richtig. Die hatten ber keine andere Wahl wenn sie mehr als 4 oder 5 
Programme auf einen MUX setzen wollten mit DAB ohne Plus.

> Die theoretische höhere Rauschfreiheit kam nicht zum Tragen, weil bei 
> Ortssenderpegeln von über 75dByV auch UKW-Tuner deutlich besser als 
> 65/70 dB S/N liegen - und damit jenseits des Mikrophonrauschens. 
> Gleiches galt für die Kanaltrennung. Hier waren die Empfängersysteme 
> ebenbürtig, allerdings fehlte der DAB+ Darstellung die Tiefe.
>
Auch wieder richtig, aber um 75 dB µV zu erreichen muss man in 
unmittelbarer Nähe eines Senders weilen, was mit DAB+ nicht der Fall 
ist. Wenn DAB+ ankommt dann kommt es gut an, FM kommt an wie es kann....

> Es wird es von der Regierung des Departements Grand-Est (damals noch 
> Lothringen) bis heute gewünscht, daß keine allzuhohen DAB+ Pegel auf 
> dem Staatsgebiet anliegen.

[ Grand-Est ist kein Département sondern eine Région. Der Département 
südlich des Saarlands heisst Moselle. ;) ]

> Wie Ihr seht, ich bin kein Fan von DAB+. Höre es selten, außer in der 
> Schweiz. Da gibt's einen feinen Jazz-Kanal, der in jedem Dorf, in 
> jedem Tunnel (!) empfangbar ist.
>
Na wenn du ein Fan von Radio Swiss Jazz bist wirst du wohl auch ein Fan 
von TSF-Jazz sein. Wenn du wieder mal durch das Elsass fährst dann 
probiers mal... Sendet auf Kanal 6B.

73, Rémy.