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Re: [A-DX] Emfängerdiskussion


  • Subject: Re: [A-DX] Emfängerdiskussion
  • From: "Michael Schnitzer" <mschnitzer@xxxxxxxxxxxx>
  • Date: Sat, 17 Feb 2001 23:19:44 +0100

Hallo an alle,

na, da möchte ich mich mal ebenfalls in die laufende Rx- Nostalgiediskussion
einklinken. Ich bin ja selbst ein Oldie, der seit 1968 im Geschäft ist.
Genau aus diesem Grunde möchte die in einigen Beiträgen anklingende
"Vergangenheitsverklärung" ein wenig gerade rücken.


Punkt 1: Der Empfängervergleich

Aus meiner Sicht macht es keinen Sinn, Geräte aus den 60er Jahren mit
heutigen High-Tech-Receivern zu vergleichen. Insbesondere ist für mich die
Behauptung nicht nachvollziehbar, NRD, LOWE, ICOM und Co. hätten mit der
Performance der erwähnten Antikgeräte nicht mithalten können. Man sollte
hier etwas mehr differenzieren! Es mag richtig sein, dass die Röhrengeräte
aus den 60ern und 70ern oft über eine erstaunlich gute Audioqualität
verfügten. Das war aber auch so ziemlich das einzige Highlight. Haben wir denn vergessen, dass wir oft gar nicht wussten, welche Frequenz wir genau
eingestellt hatten. Und wie oft mussten wir mit dem Drehko der Frequenz
buchstäblich hinterher laufen? Meine damaligen Versuche, die
Ablesegenauigkeit eines alten Röhrenradios mittels einer zusätzlich
angebrachten Linearstrichskala zu verbessern, scheiterten kläglich. Jeden Tag waren Radio Canada, Radio Schweden oder HCJB an einer anderen Stelle! Unter den heutigen Bedingungen und Gesetzmäßigkeiten, die z.B. für "real DX"
auf den Tropenbändern gelten, hätten die besagten Nostalgiegerätschaften
vermutlich keine Chance! Man sollte anerkennen, dass diverse technische
Features wie Passband Tuning, ECSS, Notchfilter etc. sehr wohl das DXen
erleichtern können.


Punkt 2: Die damalige Situation auf den KW-Bändern

Wer einmal einen Blick in ein WRTH aus den 60er Jahren wirft, wird unschwer feststellen, dass es in jener Zeit grundsätzlich wesentlich mehr exotische
Sender gab. Länder wie El Salvador, Nicaragua, Haiti - um nur einige zu
nennen - waren mit relativ hoher Sendeleistung auf den internationalen
KW-Bändern vertreten. In der Tat konnte man erheblich mehr
lateinamerikanische Stationen auch mit einfachem Equipment empfangen als
dies heute der Fall ist. Wo mehr ist, kann auch mehr gehört werden! Dies
prägt (und verfälscht im positiven Sinne) ein wenig unsere Reminiszenz an
diese Zeit. Auch ich erinnere mich gerne an so tolle Stationen wie Radio
Presidente Balmaceda aus Chile oder Radio Splendid aus Argentinien, von
denen ich über 30 Jahre alte Aufnahmen besitze. Die aus unserer heutigen
Sicht paradiesischen Verhältnisse auf der Kurzwelle dürfen wir aber nicht
ausschließlich den benutzten Empfängern zuschreiben, sondern müssen sie
vielmehr im Gesamtkontext des damaligen KW-Rundfunks sehen. Ich möchte die Anzahl meiner möglichen QSLs gar nicht hochrechnen unter der theoretischen Annahme, dass ich Ende der 60er und zu Beginn der 70er einen modernen Rx der heutigen Generation zur Verfügung gehabt hätte, insbesondere in Verbindung
mit den mittlerweile ausgetüftelten Antennentechniken.


Punkt 3: Die heutige Situation auf den KW- (Tropen-)Bändern

Wie schon gesagt, die Anzahl der auf KW aktiven Stationen hat sich
inzwischen erheblich verringert. Aber nicht nur die reduzierte Anzahl von
Stationen ist das Problem, sondern zudem auch die äußerst geringen
Sendeleistungen. Früher waren 10 KW Standard. Stationen wie Ecos del Torbes
brachten es vermutlich auf 20 bis 50 KW. Heutzutage senden die meisten
peruanischen Lokalstationen mit einer Hand voll Watt, die bestenfalls im
AFU-Bereich salonfähig wären. Mit Antennen à la Heizungsrohr ist es da nicht
mehr getan! Und noch etwas: Vor 30 Jahren konnte man einen hinter dem
Wohnzimmerschrank verlegten fünf Meter langen Draht noch mit recht gutem
Erfolg als Antenne benutzen. Heute unvorstellbar! Da stören Computer,
TV-Geräte und sonstiges, was der moderne Mensch zu brauchen glaubt (z.B.
Schaltnetzteile). M.a.W.: Wir haben es mit einer inversen Entwicklung zu
tun. Die Sendeleistungen von Lokalstationen haben erheblich abgenommen und die elektrischen Störungen haben immens zugenommen. Im Klartext heißt dies:
Frust! Kein Wunder, wenn einem da die alten Zeiten wieder in den Sinn
kommen. Nur mit den damals benutzten Geräten hat das alles wenig bis nichts
zu tun!

tschüss

Michael Schnitzer

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