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[A-DX] polen ungarn kongo


  • Subject: [A-DX] polen ungarn kongo
  • From: "JL" <JLohuis@xxxxxxxxxxx>
  • Date: Fri, 31 Aug 2007 15:20:37 +0200

Hallo,
hier noch was zu lesen aus der taz vom 30.8. und 31.8.07:
vy 73 de Jürgen Lohuis

     Pressefreiheit im Kongo
Selektiv ungerecht
Zwei Journalistenmorde, sieben Todesurteile: Wie merkwürdig Militärtribunale
im Kongo die Pressefreiheit im Land verteidigen. VON DOMINIC JOHNSON
Ist es besser, Morde an Journalisten durch Militärs ungesühnt zu lassen oder
dafür die Falschen hinzurichten? In der Demokratischen Republik Kongo hat
ein Militärgericht in der Stadt Bukavu im Osten des Landes vier Männer wegen
Mord am Journalisten Serge Maheshe zum Tode verurteilt - aber zwei Soldaten,
die von Augenzeugen als die Mörder identifiziert worden waren, kamen frei.
Die am Dienstag gefällten Urteile sorgen für Empörung: Kongos
Journalistenorganisation "Journaliste en Danger" (JED) sagte, sie sei
"erstaunt", die internationale Medienoganisation "Reporter ohne Grenzen"
erklärte: "Wir dachten nicht, dass das Militärgericht von Bukavu in der
Inkohärenz und der Verweigerung von Gerechtigkeit so weit gehen würde."

Der Mord an Maheshe hatte in der traditionell unruhigen ostkongolesischen
Metropole Bukavu für breiten Protest gesorgt. Der Journalist beim
UN-Radiosender "Radio Okapi" war am Abend des 13. Juni auf offener Straße
erschossen worden, auf dem Nachhauseweg von seinem Sender, während er mit
einem Freund in ein UN-Fahrzeug einsteigen wollte. Augenzeugen sahen zwei
Soldaten vom Tatort weglaufen, einer davon mit einer noch rauchenden Waffe,
und die beiden wurden auch prompt festgenommen. Das Tribunal hat nun die
beiden Soldaten freigesprochen und stattdessen die beiden Augenzeugen zum
Tode verurteilt, dazu zwei Kleinkriminelle, die im Auftrag der Ersteren den
Mord ausgeführt haben sollen, für je 15.000 Dollar und Flugtickets nach
Südafrika. Ob deren Waffen überhaupt die Tatwaffen waren, wurde nicht
analysiert, und ihr "Geständnis", das die beiden während des Verfahrens erst
zurückzogen und dann wieder neu einbrachten, wurde auch nicht weiter
hinterfragt.

Von einer Militärgerichtsbarkeit im Ostkongo ist wohl nichts anderes zu
erwarten: Die Armee in der Region ist in rivalisierende Fraktionen gespalten
und alle begehen routinemäßig schwerste Menschenrechtsverletzungen, die nie
geahndet werden. Kämpfe und Vertreibungen breiten sich dieser Tage immer
weiter aus. Nun bestätigt das Maheshe-Urteil, dass man vom Staat keine
Gerechtigkeit erhoffen darf.

Dass es auch anders geht, zeigt ein fast zeitgleich beendetes Verfahren am
anderen Ende des Kongo, in der Hauptstadt Kinshasa. Dort verkündete das
Militärtribunal des Stadtteils Matete am 24. August drei Todesurteile wegen
der Ermordung des Journalisten Bapuwa Mwamba. Der langjährig exilierte und
für seine analytische Feder berühmte Wirtschaftsjournalist war am 8. Juli
2006, kurz vor Kongos ersten freien Wahlen, in seinem Haus in Kinshasa
erschossen worden, nachdem er regierungskritische Artikel veröffentlicht
hatte. Drei Verdächtige wurden wenig später verhaftet und gestanden.

Die Todesurteile erfolgten zwar nicht wegen Mordes, weil den Tätern kein
Vorsatz nachgewiesen werden konnte. Doch Totschlag, kriminelle Verschwörung,
bewaffneter Raubüberfall und illegaler Waffenbesitz wogen zusammen genauso
schwer. Dazu bekam Mwambas Familie umgerechnet 4,5 Millionen Euro staatliche
Entschädigung zugesprochen, weil er mit Waffen der Regierungsarmee getötet
wurde.

Klingt nach korrektem Verfahren - ist es aber nur bedingt. Wohl nur weil die
drei Mörder keine aktiven Soldaten waren, kannte das Militärtribunal von
Matete keine Gnade, anders als das von Bukavu. Wer den Mord an Mwamba in
Auftrag gab, blieb im Dunkeln. Es gibt Justiz im Kongo - aber nur selektiv.


     Polen
Rechtsextremer Pater will EU-Gelder
Für die private Medienhochschule von Skandalpater Rydzyk sollen bei der EU
15 Millionen Euro Fördergelder beantragt werden. Der predigt dort
Antisemitismus und hetzt gegen die EU. VON GABRIELE LESSER

WARSCHAU taz Pater Tadeusz Rydzyk hat in nur wenigen Jahrzehnten ein
katholisch-antisemitisches Medienimperium in Polen hochgezogen, dem sich
heute weder Bischöfe, Staatsanwälte noch Politiker entgegenzustellen wagen.
Polens Regierung will dem mächtigen Mönch aus dem Redemptoristen-Orden nun
15 Millionen EU-Fördermittel für seine private Medienhochschule zukommen
lassen. Denn es stehen Wahlen vor der Tür. Da interessiert nicht so sehr,
dass alle Medien des Paters die EU als einen Hort von Kommunisten, Juden,
Freimaurern und Homosexuellen verteufeln. Und dass Polens führender
Antisemit Jerzy Robert Nowak regelmäßig in TV Trwam, Radio Maryja und der
Tageszeitung Nasz Dziennik sein Gift verspritzen darf.

Die letzten Wahlen 2005 gewannen die Kaczynski-Brüder und ihre
national-konservative Recht und Gerechtigkeit (PiS) nur dank Radio Maryja
und der engagierten Wahlkampagne Pater Rydzyks. Parteichef Jaroslaw
Kaczynski dankte dem Mönch mit den zwei Handys in der Kutte öffentlich für
diesen Wahlsieg.
Den Antrag auf die 15 Millionen EU-Zuschuss für ein neues Hochschulgebäude,
das mit modernsten Informatik- und Physik-Laboratorien ausgestattet werden
soll, hatte die "Hochschule für Gesellschafts- und Medienkultur" (WSKiM) im
nordpolnischen Torun (Thorn) selbst gestellt. Dabei ist bis heute unklar,
woher Rydzyk die 40 Millionen Euro hatte, mit denen er den Bau seiner
Privathochschule für den nationalistischen Nachwuchs Polens finanzierte. Das
Ministerium für Regionalentwicklung, das alle Förderanträge sammelt, prüft
und bei der EU-Kommission einreicht, gab den Antrag an das Ministerium für
Wissenschaft und Forschung weiter. "Wir bekamen eine positive Rückmeldung",
rechtfertigt sich Grazyna Gesicka, die Ministerin für Regionalentwicklung.
"Der Antrag erfüllt unsere Förderkriterien für die Ausbildung von
Informatikern und Ingenieuren." So setzte sie den Antrag der antisemitischen
Medien-Hochschule auf die Prioritätenliste der Regierung. Als "Inkubator
moderner Technologie zur Entwicklung der Zivilgesellschaft an der WSKiM"
soll er demnächst bei der EU-Kommission eingereicht werden.

"Uns liegt noch keine Liste aus Polen vor", sagte Kommissionssprecherin
Katharina von Schnurbein der taz. "Möglicherweise hat es informelle
Gespräche zwischen polnischen und unseren Behörden gegeben. Entscheidend ist
der offizielle Antrag der polnischen Regierung." Zudem gebe es klare
Kriterien und Werte, die jedes Projekt erfüllen müsse. "Es darf keinesfalls
gegen Art. 16 und das darin formulierte Diskriminierungsverbot verstoßen",
so von Schnurbein. "Die Kommission prüft jeden Antrag genau. Dass er auf
einer internen Liste der polnischen Regierung steht, bedeutet nicht, dass
die Kommission ihn gutheißt und das Geld fließt."

Vor ein paar Wochen schien es, als habe sich Pater Rydzyk um Kopf und Kragen
geredet. Vor Studenten seiner Hochschule hatte sich der 62-Jährige über die
"jüdische Lobby" ereifert, die Staatschef Lech Kaczynski fest im Griff
halte. Dann beleidigte er die Präsidentengattin als "Hexe" und den
Präsidenten als "Betrüger", der sein Wort nicht halte. Die Zeitschrift
Wprost hatte den heimlichen Mitschnitt der Vorlesung veröffentlicht.

Doch weder Proteste des israelischen Botschafters in Polen, des
Simon-Wiesenthal-Zentrums in Los Angeles, das Radzyk einen "Goebbels im
Talar" nannte, noch Anzeigen wegen Aufruf zum Rassenhass halfen etwas. Die
Staatsanwaltschaft befand den Priester für "nicht schuldig". Die
Bischofskonferenz rang sich nicht mal zu einer Rüge durch.


     Ungarn
Empörung über KZ-Fotomontage
Ein Radiosender hat einen schwulen Staatssekretär auf seiner Homepage
verunglimpft. Noch am selben Tag gab es Kündigungen. VON GERGELY MÁRTON
BUDAPEST taz Ungarn kommt nicht zur Ruhe. Nach der Gründung der
rechtsradikalen nationalen Garde am vergangenen Wochenende schockiert nun
ein Radiosender das Land. Auf der Homepage von "Lánchíd Rádió" war der
Staatssekretär für Personalfragen im Kabinett des ungarischen Premiers,
Gábor Szetey, in einer Montage der besonderen Art zu besichtigen: Auf der
Kleidung von Szetey prangt ein rosa Dreieck, im Hintergrund ist der Eingang
des Konzentrationslagers Auschwitz mit der Inschrift "Arbeit macht frei" zu
sehen.

Gábor Szetey ist das erste ungarische Regierungsmitglied, das sich bei der
diesjährigen Homo-Parade im Juli geoutet hat. Dass er damit ein hohes Risiko
einging, war klar. Am selben Tag schlugen Rechtsradikale jeden zusammen, den
sie für einen Homosexuellen hielten. Unter den Opfern war auch ein deutscher
Aktivist.
Die Reaktion auf die Montage fiel heftig aus. Am Mittwoch ging die
ungarische Regierung vor die Presse, um gegen die stärker werdenden
Rechtsradikalen zu protestieren. Der sozialistische Regierungschef Ferenc
Gyurcsány fand nur ein Wort für die Montage: abscheulich.

Der Radiosender reagierte schnell. Die Montage war nach 22 Minuten wieder
aus dem Netz verschwunden, die verantwortliche Redakteurin und ihr Chef
wurden noch am selben Tag gefeuert. Doch der Skandal brachte noch weitere
pikante Details ans Licht. So stellte sich heraus, das die Journalistin auch
Mitglied der Jugendorganisation der nationalkonservativen Partei Fidesz und
Abgeordnete eines Budapester Bezirks für Fidesz war.

Die größte Oppositionspartei wird beschuldigt, ein doppeltes Spiel zu
treiben. Auf dem europäischen Parkett geriert sie sich als Schwesterpartei
der CDU, in Ungarn aber rutscht sie immer weiter nach rechts und ist von den
Radikalen kaum noch zu unterscheiden. Nach dem Skandal musste die
Redakteurin auch die Partei verlassen, um größeren Schaden vom Fidesz-Chef
Viktor Orbán abzuwenden. In Budapest erinnert sich noch jeder an den Abgang
eines anderen Bezirksabgeordneten von Fidesz im vergangenen November. Kurz
zuvor waren Fotos aufgetaucht, die den Jungpolitiker in SS-Uniform zeigten.


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