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[A-DX] RBI - kleine Erinnerung



Moin, moin - noch ein Blick in die Erinnerungskiste: zu DDR-Zeiten hatte ich
ein Interview mit RBI-Intendant Fischer vereinbart, von dem ich wußte, dass
er bei Hans Mayer und Ernst Bloch in Leipzig studiert hatte. Also packte ich
ich meine Fototasche die dreibändige Suhrkamp-Ausgabe "Prinzip Hoffnung" von
Bloch und wurde am Grenzübergang zum allerersten Mal beim Eintritt in die
DDR herausgewunken und in ein Kabäuschen gebeten: "Machen Sie mal die Tasche
auf!" Ich "Ich habe gleich einen Termin beim Genossen Peter Fischer vom
Staatskomitee." Mein Gegenüber registrierte nur das geschwindelte "Genosse"
und ließ mich ohne Kontrolle passieren.
Im Interview vertraute Fischer auf gleichberechtigte Behandlung durch den
BRD-Staatsrundfunk, was mich denn doch einigermaßen erschütterte. "Als
Marxist sollten Sie doch eigentlich besser wissen, was sie erwartet!"
Einige Zeit später interviewte ich dann die damaligen Intendanten von
Deutsche Welle und Deutschlandfunk, herauskam ein taz-Artikel unter dem
sprechenden Titel "Bedingungslose Kapitulation" (19.6.1990). Besonders
widerlich der damalige DLF-Intendant, ein Choleriker offenbar, zu dem mich
sein Pressesprecher nur mit einem Bündel Verhaltensmaßregeln ließ. "Jetzt
ist die Nachkriegszeit vorbei!" trompete der DLF-Intendant gleich zu Anfang,
um sich den DDR-Rundfunk (Deutschlandsender) wie am Roulettisch
einzuverleiben. "Also beginnt jetzt die Vorkriegszeit?", fragte ich. Der
Pressemann ging in Deckung. Der Intendant platzte auf wunderbarste Weise.
War spannend zu sehen, dieser Unterschied von Parteitrompeten in ihren
Kölner Türmen und den Leuten in Berlin, wo die Stimmung des vorigen
Intendanten, der sein Leben noch im Spanischen Bürgerkrieg wagte, lebendig
war.
Der Technikchef übrigens hätte gerne den neuesten Grundig Satellit gehabt.
Und da das mit den Devisen irgendwie schwierig war und ich eigentlich schon
alle mich interessierenden DDR-Bücher und -Schallplatten hatte, schlug ich
ein paar Tage Urlaub in Warnemünde vor. Das aber zerschlug sich auf
DDR-Seite irgendwie.
Nach der "Übernahme" besuchte ich Fischer nochmals, und er erzählte mir,
dass er sich in der Art der "Übernahme" doch einigermaßen getäuscht hatte.
Ach, Kinder - wie die Zeit vergeht ...
73 Nils



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