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Re: [A-DX] Journalismus in China: DLF, 756 kHz ...


  • Subject: Re: [A-DX] Journalismus in China: DLF, 756 kHz ...
  • From: "Thorsten Hein" <thorsten-hein@xxxxxx>
  • Date: Sun, 09 Aug 2009 13:56:48 +0200

Hallo Nils,

> Aber es geht ja nix über Vorurteile, nur überprüfen darf
> mans nicht.

Sind die bedrohten und teilweise verprügelten Journalisten, die vor den Olympischen Spielen objektiv und kritisch aus China berichten wollten, auch nur ein "Vorurteil"?

Frag doch mal die chinesischen Behörden, ob Du auch nach Tibet reisen und von dort berichten darfst. Oder erzähle ihnen doch mal: "Hey, ich möchte gerne Uighuren für das deutsche Fernsehen interviewen!"

Frag doch mal in China, ob Du einen Journalisten im Gefängnis interviewen darfst, der kritisch über die Geschehnisse in Tibet im Frühjahr 2008 berichtet hat. Die Antwort wird nicht sein: "Nein, dürften Sie nicht!", sondern: "Es gibt keine inhaftierten Journalisten, und in Tibet ist damals auch nichts passiert."

Ach ja, ansonsten kannst Du ja versuchen, ob Du in China ein ebenso reichhaltiges Online-Angebot mit Deinem Laptop abrufen kannst wie hierzulande (trotz Zensursula).

Und nun fahre - nach all der nervigen Einreiseprozedur - in die USA. Genieße die Reisefreiheit. Genieße den unbeschänkten Internetzugang. Und begib Dich nach Deiner Rückkehr hierzulande nach Journalisten, die in den USA wegen ihrer Tätigkeit gegängelt wurden. Du wirst sie nicht so schnell und nicht in der großen Zahl finden, wie jene, denen das in China passiert ist.

Sind das immer noch Vorurteile?

Bei allem Unverständnis für die übertriebenen Sicherheitsvorkehrungen, die die USA schon seit Jahrzehnten (und nicht nur erst seit 9/11) für Einreise betreiben: wenn man erstmal dort ist, darf man als Journalist genau so frei arbeiten, wie hierzulande auch. Aber in China?

Warum erfahren wir hier so ausführlich über Guantanamo, aber wissen kaum etwas über die Verhältnisse in chinesischen Gefängnissen?

Stell Dich vors Weiße Haus, halte Folterbilder der US-Soldaten im Irak in die Luft und halte die Menschen an, um mit ihnen darüber zu reden. 

Danach stell Dich auf den Tian'anmen und halte ein Bild vom "Tank Man" in die Luft und halte ebenfalls die Menschen an, um darüber zu reden.

Rate mal, welches dieser beiden Vorhaben für Dich die härteren Konsequenzen haben wird.

Und wieder verstehe ich, Nils, bei allem Respekt Deine Denke nicht. Dass Ursula von der Leyen hier durch die Hintertür eine Zensurinfrastruktur einrichtet ist ein Grund, dies zu bekämpfen, spätestens am 27. September.

Es ist aber gewiss kein Grund, zu sagen: "Wir dürfen nicht auf China zeigen, sondern müssen vor unserer eigenen Tür kehren!" 

Nein, wir müssen *jeden* anprangern, der das macht. Egal ob Zensursula, Schäuble oder Hu Jintao oder Wen Jiabao.

Wer von "Vorurteilen" spricht, der nimmt letztlich die Haltung der chinesischen Führung an: "Man kann uns nichts vorwerfen. Es sind alles Vorurteile, niemand hat stichhaltige Beweise! (Und zwar weil wir die Beweissammlung zu verhindern wissen, aber das sagen wir natürlich nicht, sondern denken es uns nur.)"

vy 73,
Thorsten
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