AW: AW: [A-DX] Fortbestand des "Passports" fraglich...

["Nils Schiffhauer" <dk8ok@xxxxxxx>]

... nur um "Vorurteile über Vorurteile" zu begradigen:

Die Beschreibung von Rentnern und Pensionären als lukrativer Zielgruppe muß
kein Rentnerbashing sein. Kann ja auch ne Geschäftsidee sein, die fleißigen
Zahlern dieser zumindest derzeit steigenden Beträge ermöglicht, die allzeit
offenen Hände zu füllen ;-)

Da bei mir in der Tat manchmal die Idee hinter Polemik (aber auch:
angesichts Erwartungshaltung/Vorurteil/Konditionierung) zu verschwinden
scheint, nochmals ganz deutlich:

* die Silver Surfer sind eine interessantere Zielgruppe für
Funk-Enthusiasten als Jugendliche (jedenfalls, wenn man den Zustand der
bislang hier etablierten Institutionen - Zeitungen wie Vereine - zugrunde
legt / "kognitive Dissonanz" ist hier das Stichwort).

* "das Volk ist nicht tümlich" (Brecht). Man sollte seine Leser nicht
unterschätzen. Sie suchen nicht unbedingt ein Echo (das bedient die
BLÖD-Zeitung, das HEUTE-Journal und der Rest nach Adorno/Horkheimers Konzept
des "rückwirkenden Bedrüfnisses"), sondern auch neue Ideen. 

* diese neue Ideen gilt es zu entwickeln, ohne daß man allzu viel der
bereits gewonnenen Interessenten verliert

Eine Zeitschrift am Kiosk (der "Funkamateur" ist die einzig verbliebene in
unserem Fach) hat daher eine besondere Wirkung und Verantwortung, dem Hobby
neue Leute zuzufächeln. Und die steigenden Zahlen der Funkamateure zeigen
ja, dass das Interesse an Funktechnik mehr als nur stabil ist.

In diesem Punkte meine ich nun, da wäre mehr drin als die Tentakeln
zurückzuziehen und "die Leser" für mangelnden Zuspruch verantwortlich zu
machen.
Da wäre auch mal ne kleine Introspektion fällig, ob man mit - angesichts der
Möglichkeiten - derzeit reichlich monochromen Ausschnitt aus der doch
vielfarbigen Wirklichkeit tatsächlich alle Möglichkeiten ausschöpft. Kurz
gesagt: ob man immer nur das Publikum für mangelnden Zuspruch verantwortlich
machen sollte.

Deshalb mein Plädoyer für einen Relaunch, einen Neustart. Der müßte sich
orientieren an zwei Dingen:
* dem Leser zu zeigen, was er mit den schönen und zum Ergötzen der Anzeigen
schaltenden Wirtschaft Geräten denn tatsächlich kreativ anfangen kann (womit
die Kreativität der Mitarbeiter gefordert ist, die die Kreativität & Lust
der Leser triggern sollten)
* dieses in zeitgemäßer Form zu sagen, also mit vielen aussagekräftigen
Illustrationen - die zwar mehr Arbeit erfordern, als in breitärschiger
Schreibe Prospekte wiederzukäuen, aber einen größeren Effekt bringen

Was die unseligen Fahrradfelgen-Beiträge in der "funk" angeht, so gebe ich
dem hochverehrten Vorredner natürlich Recht. Aber was will man tun, wenn ein
Unfähiger einem Vereinskollegen Platz einräumen will?! Genau DAS war ja auch
Ende der Tod dieses Blattes.

73 Nils, DK8OK

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: owner-liste@xxxxxxx [mailto:owner-liste@xxxxxxx] Im Auftrag von Martin
Elbe
Gesendet: Saturday, July 18, 2009 10:09 AM
An: liste@xxxxxxx
Betreff: Re: AW: [A-DX] Fortbestand des "Passports" fraglich...


Am 18.07.2009 um 10:16 schrieb Nils Schiffhauer:

> Eigentlich seltsam: der Teil der Bevölkerung, der die meiste Zeit hat,
> bekommt auch noch die höchsten Einkommenssteigerungen.

Neben DARC-Funktionären scheinen sich Rentner zur weiteren  
gesellschaftlichen Gruppierung zu entwickeln, deren Bashing Du  
lustvoll betreibst? Es gibt sicher nur Wenige, die auf die Frage, wie  
sie sich den Teufel vorstellen, als Antwort "ein frühpensionierter  
DARC-Vorsitzender" ankreuzten.

> Wenigstens führte das
> - auf der Ham Radio, etwa - zu einer erhöhten Nachfrage nach Hardware.

Wobei Hardware ja nicht nur Hilberling bedeutet, um das dritte  
Reizwort zu erwähnen. Es könnten ja auch Morsetasten sein.

> Worüber die Händler erstaunt waren, was wiederum mich erstaunt.
> Auf der anderen Seite - und das hat mich nun wirklich verwundert -  
> ziehen
> sich immer mehr Bücher, Zeitschriften etc. zurück. Liegts vielleicht  
> daran,
> dass ihre Angebote den Nerv der Zeit nicht mehr treffen? Das war ja  
> schon
> bei der runtergeschriebenen "funk" der Fall (casus),

Die Älteren unter uns erntsinnen sich noch mit Grausen an die epochale  
Reihe "Die Fahrradfelge als Antenne", die gefühlt länger lief als die  
Lindenstraße.

> und nun scheint der
> Fall (Vektor) weiterzugehen.

Ich denke, da muß man unterscheiden. Was die Funkzeitschriften angeht,  
gebe ich Dir Recht. Vor gut 15 Jahren hatte ich den Funkamateur noch  
abonniert, vor gut 10 Jahren noch mal eine Ausgabe am Zeitungskiosk  
gekauft, dann nur noch daumenkinomäßig durchgeblättert und seit fünf  
Jahren interessiert mich nicht mal mehr das. Ich weiß, daß ich dort  
nichts finden werde, was ich nicht eh schon weiß oder was mich  
interessiert.

Mit ein paar Klicks im Web finde ich besser geschriebene Artikel und  
"zeitnahe" (um den grauenhaften Ausdruck zu benutzen) Information.  
Wozu bräuchte ein BC-DXer, der diese Mailinglist liest, Wolfgang  
Büschels BC-DX bekommt und je nach Spezialgebiet noch die ein oder  
andere Mailinglist (MW-DX, Utility, NDB, whatever) hat, denn so etwas  
wie eine Fach- oder Clubzeitschrift? Vor 20 Jahren waren die Shortwave  
News des DSWCI *das* Infomedium schlechthin. Aber heute? Wozu sollte  
ich mir 8 Wochen alte Logtapeten begucken? Um es mal für Frank zu  
sagen: Sic transit gloria mundi!

> Darüber kann man lamentieren. Oder neue Formen fürs Internet  
> entwickeln.
> Dass dabei sogar "kostenlose" Angebote ein Geschäftsmodell sein  
> können, hat
> ja Chris Anderson mehrfach diskutiert, z.B. :
> http://www.wired.com/techbiz/it/magazine/16-03/ff_free
> Freilich ist das alles nur mit halbwegs zeitgemäßen Formen möglich.  
> Doch die
> scheint man nicht aufgreifen zu wollen.

Jein. Nimm den Perseus mit den hinterlegten Frequenzbelegungslisten.  
Die gibt es frei, da sind dann die blauen Seiten des PWBR auch nicht  
mehr die Hälfte wert. Zumindestens waren die vor ewigen Zeiten blau,  
hatte nur einmal ein PWBR in der Hand. Die Beschränkung auf KW machte  
das Buch für mich völlig uninteressant, im Gegensatz zum alle Belange  
abdeckenden WRTH.

Nimm dazu eine drastisch sinkende Zahl an Kurzwellenstationen mit  
reduzierten Sendezeiten und -Frequenzen, nimm die sinkende Anzahl an  
Hörern und die beschriebene Möglichkeit, die Info eines Buches wie  
PWBR auch woanders zu bekommen, dann siehst Du, daß die in einer  
Zwickmühle sind, aus der sie nicht rauskommen.

-- 
Tschüß,
Martin     http://webadresse.geloescht/


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