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Lineare vs. non-lineare Mediennutzung - war: [A-DX] DW bald nicht mehr auf der Kurzwelle


  • Subject: Lineare vs. non-lineare Mediennutzung - war: [A-DX] DW bald nicht mehr auf der Kurzwelle
  • From: Tom DF5JL <df5jl@xxxxxx>
  • Date: Fri, 21 Jan 2011 10:13:34 +0100

"Linear" meint hier, dass Hörer das Programm nur so nutzen können, wie es gerade kommt, also z. B. 10.00 Uhr die Nachrichten, danach JOURNAL D etc. - also quasi "just in time".

Davon unterscheidet sich die nicht-lineare (oder "non-lineare") Nutzung, etwas, was wir als Audio on Demand bzw. Podcast kennen. Egal, wann (und wo) man via Internet auf die Angebote eines Senders zugreift, stets lassen sich die neuesten Nachrichten anhören (nicht nur um xx.00 Uhr, sondern auch um xx.23 oder xx.54 Uhr), andere Sendungen usw.

Nur: Nicht alle Programme können rund um die Uhr zur Verfügung gestellt werden. Bestimmte Formen unterliegen eingeschränkten Rechten, d. h. ein Streaming-Angebot steht bspw. nur sieben Tage nach Erstausstrahlung zur Verfügung (so genannter "seven day catch-up"), nur 24 Stunden (siehe Änderungen im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag für öffentlich-rechtliche Sender in D) oder gar nicht, weil Autoren gerade im Dokumentations- und Featurebereich den Sendern nur kurzfristige Senderechte und keinerlei Onlinerechte einräumen - weil sie etwa ihre Programme noch anderen Anstalten anbieten möchten.

Besonders jüngere Mediennutzer nutzen verstärkt diese nicht-linearen Angebote (sowohl der Sender, als auch YouTube etc.). Als Argument wird immer wieder die orts- und zeitsouveräne Nutzungsmöglichkeit genannt, d. h. die Jugendlichen müssen ihre Tagesplanung nicht nach dem Medienangebot gestalten, so wie viele von uns das sicherlich noch kennen ("...um acht möchte ich zu Hause sein, dann kommt die Tagesschau"), sondern greifen auf die zahlreichen On Demand-Angebote nach Lust und Laune zu, oft via Smartphone - und damit völlig zeit- und ortsunabhängig.

Auch ich muss feststellen, dass ich in steigendem Maße TV- und Radioangebote On Demand nutze - Hörfunkprogramme vor allem als Podcast, oder ich nehme Feature und Dokumentationen zuhause am Desktop via WDR-RadioRecorder (http://www.wdr.de/radio/home/radiorecorder/start/index.phtml) oder DRadio-Recorder (http://player.phonostar.de/partner/dradio-recorder) auf. Auch TV-Inhalte lade ich mir zunehmend auf mein Laptop und gucke sie dann an, wann ich mag (http://mediathek.soft-ware.net/download.asp). Das Programm MEDIATHEK bietet mir dazu nicht nur eine schnelle Übersicht aller verfügbaren Sendungen in den Online-Mediatheken von ARD, ZDF, 3Sat, MDR, Arte, ORF, WDR, SWR und des Schweizer Fernsehens (Angebote, die ich nicht mal alle via Astra empfangen kann) - das Programm bietet auch Komfort. In dem es die Webseiten der Fernsehsender durchsucht und aus dem aktuellen Angebot eine Liste aller Beiträge erstellt. Diese lässt sich weiter nach Sendern, Sendungen und Themen filtern. Per Mausklick kann ich dann eine ausgewählte Sendung über den VLC Media Player direkt auf dem eigenen Rechner abspielen.

Okay, ich habe schon vor einigen Jahren damit angefangen, Radio & TV (DX ausgenommen) so zu nutzen und gehöre - berufsbedingt - sicher zu den so genannten "early adopters". Aber auch im DX-Geschäft bieten SDR-Geräte die Möglichkeit, ganze Bänder aufzunehmen und sie erst später auszuwerten, sprich anzuhören. Diese Möglichkeit bedeutet für mich einen Paradigmenwechsel im DX-Geschäft, nämlich die non-lineare Nutzung der MW bzw. der KW-Bänder. Mit ein paar Perseus lässt sich so der gesamte Bereich von 30 kHz bis 30 MHz mitschneiden. Das wird tiefgreifende Änderungen mit sich bringen. Dass wir zu weilen über die Wasserfalldiagramme lächeln, zeigt mir, wie sehr der Mensch doch ein Augentier ist. Und dabei das entscheidend Wichtige leicht "übersieht" - die Möglichkeit der non-linearen Nutzung. Eine andere Frage ist, ob diese Art von DX den selben "thrill" liefert wie der lineare Empfang...

Vor allem die Multiplikatoren, an die sich Auslandssender wenden, haben ihre Aktivitäten vom KW-Empfang schon lange ins Internet umgeschichtet, und das schon seit nunmehr rund zehn Jahren. Ich persönlich finde es überraschend, dass noch immer große Auslandsdienste die KW nutzen, mit teurer Infrastruktur und hohen Personal- sowie Stromkosten. Das ist - sorry - Technik a la 20stes Jahrhundert.

Ungeachtet dessen werden, und davon bin ich fest überzeugt, auch weiterhin Nischensender und -programme auf der KW senden und empfangen werden. Unbestritten. Aber es ist kein Massengeschäft mehr. Schon heute treffe ich im tiefsten Kongo auf 1A-Mobilfunknetze und kann so ins Internet. Ein Smartphone besitzt inzwischen in Afrika einen Statuswert wie einst ein GRUNDIG. Times are changing, möchte man sagen. Dass die Auslandssender im auslaufenden 20sten Jahrhundert auf den "modernen Medienmärkten" noch schnell mit DRM antreten wollten, deute ich als verzweifelten Versuch der Sender und auch der Senderhersteller, am Status Quo festzuhalten. Weniger als ein proaktives Handeln angesichts des mit hoher Geschwindigkeit voran schreitenden technologisch bedingten Wandels der Marktsituation. Auch wenn ich dieses anfänglich anders beurteilt hatte und in DRM große Chancen sah. Es wäre allenfalls von Anbeginn eine Brückentechnologie gewesen, vor allem für die Märkte in EU und USA.

Anders mögen die Chancen zu beurteilen sein, wenn man auf große Bevölkerungsschichten guckt, die sich auf weiten Flächen verteilen - also bspw. Russland und Asien. Vor allem für Indien und China sehe ich konkreten Bedarf. Doch möglicherweise hat auch hier der große Konkurrent bereits unverrückbare Fakten geschaffen - SatTV.

In Zukunft wird man sicher eh nicht mehr scharf zwischen Radio, TV und Onlinemedien unterscheiden, alles konvergiert. Die Trennlinie wird zukünftig wohl eher zwischen linearer und non-linearer Nutzung bzw. Angeboten verlaufen. Und damit zwischen souveräner und individueller Nutzung bzw. einer zeitgleichen Nutzung in großen Gruppen. Die Technik, die dahinter steht, ist schon heute eine grundsätzlich andere (TCP/IP ist lediglich der Transporteur). Diese zunehmnde Fragmentierung durch non-lineare Angebote wird aber unsere Gesellschaft und den Politikbetrieb vor große Herausforderungen stellen. Was wird man in Zukunft noch als "allgemein bekannt" voraussetzen können? Was macht in Zukunft das "Gemeinwesen" aus?

Möglicherweise werden wir eine andere Kultur brauchen, um diese Fragen zufriedenstellend beantworten zu können.



Tom DF5JL




Am 20.01.11 22:24, schrieb Clemens Paul:
was ist eigentlich eine lineare Radioausstrahlung? Dauerstrich?

Es gibt lineare und nichtlineare Modulationsarten.
Beispiele für linear sind AM ,SSB,PSK,WSPR und Multiton -Modulationsarten
wie MSFK16 oder Piccolo.
Nichtlineare sind z.B. DRM,CW,FM,RTTY.
Übersteuerte AM oder SSB Sender sind auch nicht mehr linear.

73
Clemens
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