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[A-DX] 2013 - das SDR-Jahr


  • Subject: [A-DX] 2013 - das SDR-Jahr
  • From: "Nils Schiffhauer" <dk8ok@xxxxxxx>
  • Date: Wed, 7 Nov 2012 14:10:10 -0000

Moin, moin - man braucht ja keine Glaskugel, sondern muss sich nur ein wenig
interessieren, dann fällt die Vorschau auf 2013 leicht: Das wird das
Superjahr der SDRs!

Nachdem jetzt bei den Receivern offenbar eine Stagnation aufgetreten ist,
haben wir ja schon in den vergangenen Monaten neue SDR-Transceiver wie ZS-1
und SunSDR2 höchst physisch sehen dürfen.

Die Produktion des ZS-1 in Deutschland sollte sich auch bald
materialisieren, und die Expert-Leute werden als nextes Marketing lernen
müssen. Denn per Vorkasse aus Taganrog eine 2000-US-$-Gerät zu kaufen und
durch den Zoll zu begleiten, wird nicht der Traum jedes OM sein.

Wobei, ausdrücklich: Transceiver (mit CE-Kennzeichen!) darf man auch als
Nicht-Funkamateur besitzen und empfangsmäßig betreiben! Das wird ja immer
gerne unter den Tisch gekehrt.

Flexradio scheint mit seiner Superserie auch in den Startlöchern zu stehen,
wobei auch hier das Marketing noch Luft nach oben hat: ich wollte für ein
Buch über SDR-Transceiver ein Foto des Gerätes und ein paar Screenshots der
Software haben; jedoch nix kam.

Ebenfalls aus den USA und zum deutlich kleineren Preis bringen die Apache
Labs ihre Anan-Serie heraus, mit denen wohl die von der TAPR geleisteten
länglichen Vorarbeiten endlich als Fix&Fertig-Geräte Fahr aufnehmen. Der
Kleiner der Serie (Hörer aufgepaßt: Der ist ohne HF-Vorfilter!) ist seit
vorgestern lieferbar, die beiden Großen mit 100 W auf Kurzwelle kommen bald:
https://apache-labs.com

Diese SDRs kommen sämtlich von Ingenieur-getriebenen Start-up-Unternehmen.
Dünne Kapitaldecke, neue Technologie, skeptisches Publikum, wenig Gefühl für
Verkaufe und nicht zuletzt kaum ein Cent für Anzeigen bieten eine
herausfordernde Mischung.

Angesichts intermodulationsfreier Dynamikbereiche von über 120 dB und
traumhaft niedrigen Rauschzahlen der Oszillatoren rückt die Software in den
Mittelpunkt. 

Hier gibt es - vorsichtig gesagt - noch nix, was jeden wirklich glücklich
macht. So DXe ich hauptsächlich mit dem Excalibur, weil dessen Software
einfach easy und die mitlaufenden Frequenzlisten schon allein ein Grund
dafür sind. Zudem: 4 MHz Aufzeichnung hat sonst niemand! Für
Langzeitaufnahmen, deren Ergebnisse ich später am Sonagramm analysieren
will, setze ich nur den SDR-IP ein: die Software SDR-COM ist ebenso ein
Grund hierfür wie die GPS-Anbindung. Den Perseus habe ich noch, weil kein
anderer mir die Werte von bis zu zehn Markern im 100-Millisekunden-Takt zur
späteren Auswertung in eine Datei schreibt.

Doch auch das wird im kommenden Jahr anders: Simon Brown, dem wir schon
SDR-COM verdanken, geht mit seiner Version 2.0 schwanger. Die hat dann das
Zeug dazu, alles andere vom Markt zu fegen. Die Beta-Tester können sich
schon davon überzeugen und Simon hat eine öffentliche Beta schon mal - unter
Vorbehalt - für vor Weihnachten (2012!) angekündigt.

Auf seiner Development-Seite sind schon einige Dinge zu sehen:
http://dev.sdr-radio.com/
Spektakulär finde ich den "SDR Data File Analyzer". Mit dem kann man eine
beinahe beliebig lange HF-Aufnahme als Sonagramm ausgeben, darin auf das
gewünschte Signal zur gewünschten Zeit klicken und - hören! Zudem lässt sich
aus dem Gesamtbild auch ein zeit- und frequenzmäßig interessierender Bereich
mit der Maus markieren und zoomen, um mit dem dasselbe in einem anderen
Fenster anzustellen. Die vorläufige Bedienungsanleitung macht schon mal
Appetit:
http://dev.sdr-radio.com/Portals/0/Download/SDR%20Data%20File%20Analyser.pdf

Das alles funktioniert schon jetzt und wird allen Spielarten des DXings noch
einen netten Kick geben - am meisten sicherlich den Utility-Leuten, die
Kurzzeit-Aktivitäten bis hin zu Frequenzsprungsendern nun genau nageln
können. Alles das keine Dampfplaudereien, sondern diese Dinge funktionieren
auf einem W7/64-System schon überraschend flott.

Hinsichtlich der "unterstützten" Hardware hält Simon sich noch etwas
bedeckt, schließt aber vom preiswerten Pappradio bis zu den
Apache-Transceivern viele mit ein. Perseus und Winradio sind noch mit
Fragezeichen versehen; die Beta-Version läuft vorzüglich u.a. mit dem
SDR-IP. Simon wird auch die Remote-Anbindung einfacher und komfortabler
gestalten.

2013 könnte somit das Jahr werden, in dem Software bei ab einer Preisklasse
von rund 1500 Euro weitgehend ausgereizten Digitalkonzepten tonangebend und
kaufentscheidend sein wird. Es könnte sich sogar abzeichnen, dass die
Hardware zu einer Art Standardmodem wird, über das wir Internet-User uns ja
auch keine Gedanken mehr machen.

Das eröffnet dem Amateurfunk sogar eine völlig neue "Lizenz"klasse: Betrieb
mit einem solchen "Modem" mit unter 10 W EIRP Sendeleistung bei
allereinfachster Prüfung, die nur noch den Personenschutz in
elektromagnetischen Feldern abzuprüfen hat, weil allein das den Staat zur
Erteilung einer Genehmigung zu interessieren hat. Mit digitalen
Betriebsarten ist's ja auch damit von Nord- zum Südpol "nur ein
Katzensprung".

Die Auseinandersetzung darum in den nächsten Jahren wird nach dem Muster
"CW-Prüfung" ablaufen: Im Jahre 2020 werden sich alle über die Ergebnisse
freuen.

Spannend wird auch sein, wie die Amateurfunkmedien auf die neuen
SDR-Transceiver reagieren, deren Hersteller - solange sie nicht sowas wie
"Fritzbox" werden - sie nicht mehr wie die bisherige Amateurfunkindustrie
finanzieren kann. Will man solche Technik trotzdem testen - auf der
Interradio waren Beispiele dafür zu hören, wo es, zumal gute,
Berichterstattung nur bei Werbung gäbe -, wird man sich auf die Software und
auf die damit möglichen Anwendungen zu konzentrieren haben, von denen
bislang nur wenig zu lesen ist. Aber die Leute, die uns heute auf zwei
Seiten die Bedienung eines MP3-Aufnahmegerätes erklären, werden auch das
schaffen! Und wer das Dezennium nicht warten will, informiert sich "im
Internet", live, multimedial, unzensiert und "in Farbe".

Jetzt der Wermutstropfen: Einen Computer braucht man weiterhin ... denn
sonst wird es richtig teuer.

Also: Ich finde wirklich spannend, was da in den nächsten zwölf Monaten
kommt. Und werde mich im November 2013 hoffentlich noch an diese Mail
entsinnen um zu checken, wie dann die Praxis aussieht!

--
73, Nils DK8OK
ExcaliburPRO, SDR-IP/GPS, W-Code, 2 x 20 m active quad loop (90°)



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