[A-DX] AUT: Sender Rot-Weiß-Rot

Herbert Meixner
Mo Okt 29 08:12:38 CET 2018


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Posted On 1. Juni 2015	By Miriam Tsekas	In Anno dazumal	
1945 in der Seidengasse.

Was haben Ingeborg Bachmann, die amerikanische Besatzungszone und die 
Seidengasse gemeinsam?

Hier ist der österreichische Sender Rot-Weiß-Rot! Möge dieses Medium 
dazu beitragen, die Österreicher zu einem gut unterrichteten Volk zu 
machen. Mit diesen Worten eröffnete der US-amerikanische Generalmajor 
den Sender Rot-Weiß-Rot.

Die Rundfunkanstalt begann am 6. Juni 1945 mit Ausstrahlungen über den 
von der US-amerikanischen Besatzungsmacht zunächst in Salzburg 
eingerichteten Sender.

Die Amerikanische Zone umfasste Salzburg, dem südlich der Donau 
liegenden Oberösterreich, sowie auch Teile von Wien, unter anderem den 
7. Wiener Gemeindebezirk Neubau.

Nach einigen Monaten, nämlich im November 1945, wurde auch in Wien, in 
der Seidengasse 13, eigens für Rot-Weiß-Rot ein Studio eingerichtet und 
der Schwerpunkt des Senders dorthin verlegt. Das Büro, beziehungsweise 
Aufnahmestudio, befand sich im ersten Stock also über dem heutigen 
Literaturhaus.

Darauffolgend wurde versucht, meinungsbildende, dem amerikanischen 
Vorbild dienende Sendungen und Formate auszustrahlen. Dieses Konzept 
stieß allerdings in der Bevölkerung auf erhöhte Skepsis und erst 
neutralere Konzepte konnten die Leute begeistern. Die Große Chance mit 
Maxi Böhm, sowie bissigere Formate wie Der Watschenmann, oder die 
Familienserienreihe Unsere Radiofamilie, schafften es, ein großes 
Publikum an sich zu ziehen. In Wien kam es sogar zu einer Einschaltquote 
von ca. 75%.

Da Amerikaner eine langjährige Erfahrung mit dem Umgang von Rundfunk 
hatten – den Programmen lagen meist amerikanische Formate zu Grunde – 
und außerdem vorwiegend den Führungsstab im Sender stellten, mussten sie 
nicht auf die offensichtliche Zensurpolitik der Sowjetunion zurückgreifen.

Auch wenn das damalige Programm des Senders geradezu revolutionär war, 
wurde über dieses Medium dem Kalten Krieg schuldende Propaganda 
betrieben. Zwar schalteten die Amerikaner ihre Propaganda um einiges 
subtiler, als ihre sowjetischen Kollegen (Radio Wien, etc. …), dennoch 
ging es sogar soweit, dass ein Mitarbeiter des Senders fast seines 
Arbeitsplatzes verwiesen wurde, da er sich Schmalz von einer 
sowjetisch-kooperierenden Greißlerei, einem USIA Betrieb, lange Zeit 
bevor er für Rot-Weiß-Rot zu arbeiten begann, geholt hatte.

Die Einflussnahme über Formate im Rundfunk war eines der stärksten 
Mittel im Kalten Krieg zwischen Ost und West.

Und so spielte auch die gern gehörte Radiofamilie eine wichtige, 
meinungsbildende Rolle. Konzipiert wurde die Sendereihe 1951 von Jörg 
Mauthe und Peter Weiser, österreichischen Journalisten, welche neben 
anderen als ständige Autoren tätig waren. Eine Autorin davon war 
Ingeborg Bachmann. Die damals 26-Jährige sah ihre zweijährige Zeit als 
Radioredakteurin bei Rot-Weiß-Rot allerdings als eine rein 
wirtschaftliche Notwendigkeit, welche nicht extra in ihrem Lebenslauf 
angeführt werden müsse. (So geht es aus Briefen an Paul Celan hervor.) 
Von ihr stammen allerdings 11 Sendungsmanuskripte zur Familienserie, 
sowie der Charakter des Onkels Guido, einem Nazi, welcher sich nach 
Kriegsende in einer Opferrolle sieht.

1955 nach Abzug der Besatzungsmächte wurden die verschiedenen Sender 
wieder dem Österreichischen Rundfunk, nicht mehr zensiert von der 
Sowjetunion, unterstellt.

Fazit: Wer hätte angenommen, dass vor nicht allzu langer Zeit in der 
Seidengasse österreichische Radiogeschichte geschrieben wurde? Eine 
kleine Tatsache mit bedeutsamer Tragweite.

  Quellen: Mediathek Österreich, FAZ

Tags : Im 7ten, Seidengasse
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