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[A-DX] Post, war: BBC Relay (lang und vielleicht etwas offtopic)


  • Subject: [A-DX] Post, war: BBC Relay (lang und vielleicht etwas offtopic)
  • From: Christof Proft <christof.proft@xxxxxx>
  • Date: Sat, 18 Dec 2004 16:27:46 +0100

Moin,

Warum hast Du den Brief nicht einfach in den Briefkasten geworfen?
Dann kommt er direkt ins Briefzentrum, und dort haben die Menschen
in der Regel mehr geographische Ahnung, als irgendwelche Dorfpostler,
die lieber ein Traktor-Pedal treten sollten... (die dümmsten Bauern
ernten ja bekanntlich die dicksten Kartoffeln ;-))

Das ist eine wirklich geniale Idee mit dem Briefkasten!

Da die Briefe im lokaken Postamt bekanntlich nicht auf ewig liegenbleiben sollen (irgendwann wären sonst die Räume voll), werden sie von dort gemeinsam unsortiert wegtransportiert und landen ebenfalls im Briefzentrum.

Dort -und nur dort- erfolgt die Sortierung der abgehenden Briefe nach Ziel-Briefzentrum (erste beide Ziffern der PLZ), Briefe ins Ausland gehen grundsätzlich ins Briefzentrum 62, das ist das internationale Briefzentrum (IPZ) auf dem Gelände des Frankfurter Flughafens. So läuft zum Beispiel ein Brief von Herzogenrath (direkt an der Grenze gelegen, durchgehende Bebauung siehe: http://grenzen.150m.com/kerkradeD.htm ) ins benachbarte niederländische Kerkrade über das Briefzentrum Aachen, geht mit einem Transporter ins IPZ nach Frankfurt, von dort per Flieger nach Schiphol (Amsterdam) und dann über das niederländische Netz nach Kerkrade. Üblicherweise braucht es dafür etwa 3 Tage. Alternativ trägt man das Ding über die Straße und wirft es in Holland (oder direkt beim Empfänger) ein. Im IPZ wird dann nach Zielländern sortiert und auf dem Luftwege wegtransportiert. Hier treten dann bei den Sendungsmengen, die täglich durchgehen, die bemängelten Fehler auf. Dazu kommt dann noch die unterschiedliche Adressform bei Auslandsbriefen, wo Ort, PLZ und Zielland teilweise an total anderen Stellen stehen, als bei der deutschen Standard-Adresse. So hat es etwa 2 Monate gedauert, um Fehlleitungen von Briefen, die eigentlich nach Indien sollten, aber in Inden (bei Düren) landeten, abzustellen. Die Sendungen wurden damals zentral erfaßt, damit die Techniker, die die Software für die Sortieranlagen entwickeln, den Fehler reproduzieren und finden konnten. Fehlleitung, Weitersendung und Erfassung kosteten dann natürlich einige Tage extra.

Die einkommenden Sendungen werden in den Briefzentren zunächst manuell nach Formaten getrennt, die Standardbriefe automatisch gestempelt. Die Stempelmaschinen reagieren dabei auf die Fluoreszenz der Marken unter UV-Licht und drehen den Brief so, daß die Marke oben rechts vor dem Stempel zu liegen kommt, bevor "zugeschlagen" wird. Auf diese Weise liegen dann auch alle Briefe im gleichen Weg im Behälter, was Vorraussetzung für das automatische Lesen von Anschriften ist.

Mittlerweile werden etwa 95% der Standard-, 75% der Groß- und etwa 50% der Maxibriefe maschinell sortiert, wobei bei etwa 85% der Standardbriefen über Bilderkennung die Anschriften automatisch gelesen werden. Derartige Maschinen lesen bis zu 33.000 Sendungen/Stunde (bei Geschäftsbriefen nach DIN). Ist dies nicht der Fall, werden die Sendungen videocodiert. Dabei wird jeder Brief von einer hochauflösenden Kamera abfotografiert, das Bild auf einen Monitor übertragen, und dort die Postleitzahl manuell eingegeben. Damit lassen sich auch kopfstehende Sendungen und Sendungen mit ungewöhnlichen Anschriften bearbeiten. Sendungen, die zu dick sind (Kompaktbrief), oder deren Anschrift nicht lesbar bzw. unvollständig ist, landen schließlich in der manuellen Sortierung. Maschinell gelesene oder videocodierte Sendungen erhalten einen Barcode mit Empfängerinformationen, womit sie in den folgenden maschinellen Sortiergängen (Feinsortierung) schneller gelesen werden können. Üblicherweise sortieren die Anschriftenleser/Videocodierer hier bereits Zielgruppen aus, damit die Sendungen nur noch durch eine weitere Sortiermaschine durch müssen. Auslandssendungen werden ebenfalls bei der Anschriftenlesung ausgeworfen, diese erhalten keinen Barcode, um eventuelle Systeme in den Zielländern nicht zu stören. Umgekehrt erhalten Sendungen aus dem Ausland dort keinen Barcode, die Sendungen gehen im Eingang im IPZ über Codier-/Sortieranlagen, die analog zu denen im Briefzentrum aufgebaut sind und erhalten dort die Zielcodierung.

Nach der Abgangssortierung im Briefzentrum liegen die Sendungen nach Zielen geordnet in Behältern auf Rollwagen vor. Größere Briefzentren wie Köln haben dafür automatische Förderanlagen, in kleineren wie Aachen erfolgt das Behälterhandling manuell. Die Behälter werden per Straße befördert, teilweise direkt zum Ziel-BZ, teilweise wird unterwegs in einem Knotenpunkt (Hub) umgeladen (je nach Sendungsaufkommen ganze Rollwagen oder einzelne Behälter). Eine Sortierung der Sendungen findet dabei nicht mehr statt.

Von Aachen (BZ 52) werden u.a. beispielsweise angefahren:
-BZ 50 Köln (für Köln direkt und HUB für das gesamte Ruhrgebiet, Düsseldorf, Koblenz und Wiesbaden)
-Flughafen Köln/Bonn (Nachtluftpost)
-Osnabrück (Hub für Niedersachsen)
-Offenbach (Hub für Rhein-Main)
-Mannheim (Hub für Süddeutschland und Teile Frankens/Bayerns)
-IPZ Frankfurt/Main

Alle über Köln hinausgehende Fahrten werden mit Kleintransportern durchgeführt, da anders die Fahrtzeiten nicht zu halten sind. Beispielsweise gehen Briefe von Aachen nach Zwiesel im bayerischen Wald, nahe der tschechischen Grenze, über Mannheim und werden dort in einen anderen Kleintransporter umgeladen, d.h. etwa 600 km über die Straße. Früher wurde auch Hamburg-Harburg von Aachen direkt angefahren, bevor diese Sendungen über die Nachtluftpost geschickt wurden.

Das Nachtluftpostnetz laüft über den zentralen Hub (Stern) Frankfurt/Main, alle Maschinen treffen sich hier, die Sendungen werden zentral umgeladen, bevor die Maschinen den gleichen Weg zurückfliegen. Es werden normale Lufthansa-Passagiermaschinen verwendet, wobei auch die Passagierkabinen beladen werden. Mittlerweile gibt es Bestrebungen, auf einen Teil der Nachluftpostverbindungen zu verzichten, im Gespräch ist hierbei Rostock und Lahr/Baden. Auch gibt es Überlegungen, Sendungen in Containern (Wechselbrücken) auf der Schiene zu befördern, die Briefzentren selbst haben keinen Gleisanschluß mehr.

In den Zielbriefzentren werden die Sendungen dann über die Feinsortierung zunächst nach Orten und Zustellbezirken maschinell sortiert. Anschließend erfolg in anderen Maschinen eine sog "Gangfolgesortierung", hier werden die Sendungen direkt in die Reihenfolge gebracht, in der der Zusteller nachher läuft. Dies machten die Zusteller in den Bezirken früher manuell, was heute nur noch für nicht-Standardbriefe erforderlich ist.

Durch die maschinelle Bearbeitung ist natürlich eine genaue Sendungsmengenermittlung bei Einlieferung, Transport und Zustellung möglich, d.h. es wird zielgerichtet rationalisiert. Mittlerweile gibt es sogar Software, um die Zustellbezirke zu optimieren. Da es kaum noch Personalüberhang gibt, wird sowohl mit fest angestellten, als auch mit stundenweise bezahlten "Abrufkräften" gearbeitet, letztere dienen dazu, die Spitzen abzufangen. Hohe Fluktuation und im Gegensatz zu früher schlechtere Bezahlung haben m.E. zu einer geringeren Qualität geführt. Dafür läuft das Briefgeschäft mittlerweile mit sattem Gewinn, früher mußte die Fernmeldesparte der Deutschen Bundespost die Brief- und Paketpost mit Unsummen quersubventionieren.

Die sogenannten "Agenturen" auf dem Lande stehen und fallen mit dem Engagement der Leute, die das neben ihrem Ladengeschäft betreiben. Da kann man Glück haben, oder Totalausfälle erleben. Immerhin würde ich es als Fortschritt bezeichnen, zu normalen Ladenöffnungszeiten und nicht mehr nur zwischen 10 und 12 (vielleicht auch noch von 15-17 Uhr) auf dem Dorf die Post aufgeben zu können. Dafür hatten die Posthalter(-innen) früher wenigstens Ahnung (hatte man denn mal Gelegenheit, die Post aufzusuchen). Da dort nie richtig viel zu tun war, wurde im Bedarfsfall auch mal bei größren Postämtern oder dem Vorgesetzten nachgefragt, schließlich war das dienstliche Telefonieren kostenlos.

vy73

Viele Grüße aus Aachen

Christof

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