[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: AW: [A-DX] Das DRM-Konsortium spricht...


  • Subject: Re: AW: [A-DX] Das DRM-Konsortium spricht...
  • From: Name gelöscht <name.geloescht@xxxxxxxxxxxx>
  • Date: Mon, 20 Aug 2007 18:03:26 +0200


Am 20.08.2007 um 00:06 schrieb Stephan Schaa:

Ich frage mich schon seit einiger Zeit, wo das Problem liegt, dass man so auf DRM "schimpfen" muss?!

Hilft Dir vielleicht als Antwort, daß seit Jahr und Tag etliche Frequenzen plattgemacht werden, für eine Betriebsart, die laut verkündet, wie toll das Konzept doch ist, und die es geschafft hat, in 4 Jahren Regelbetrieb ganze 1500 Empfänger an den Mann zu bringen, wo 2 Millionen in der Zeit prognostiziert waren?

Einem Hörer kann das alles egal sein, aber wer diesem zugegeben verschrobenen DX-Hobby frönt, den stört das einfach. That's it. Die Interessen eines Peter Senger sind halt nicht mit den Interessen eines DXers deckungsgleich.

Ich meine, es wirkt fast so, als fühle sich da jemand (Name mir bekannt, aber nicht veröffentlicht ;-) ) bei der Entwicklung übergangen oder so. Ich denke, es macht Sinn, die ganze Geschichte mal etwas nüchterner zu betrachten:

1. Zunächst einmal sollte man sich klar machen, dass Rundfunk und Fernsehen in den kommenden Jahren weiter digitalisiert werden - so oder so! Dies ist nicht nur eine technische, sondern auch eine politische Entscheidung.

Natürlich. Den Politiker, der beim Buzzword "Digitalisierung" nicht freudig dumme Statements abgibt, den kenne ich nicht.

Sicherlich bringt die Digitalisierung nicht nur Vorteile (zB mögliche Verschlüsselung etc.), aber die digitale Ausstrahlung über beliebige Verbreitungswege ist um ein vielfaches ökonomischer als eine analoge Ausstrahlung, da ein digitaler Kanal eine höhere Übertragungskapazität hat als ein analoger (letztlich dreht sich immer alles um das liebe Geld...)


2. sollte man sich als Kurzwellenhörer einmal die (aktuelle) Entwicklung anschauen: Schon seit über 10 Jahren schwinden Jahr um Jahr zunächst die großen und nun vermehrt auch die kleinen Kurzwellenstationen rund um die Welt. Mit dem auf und abschnellenden Signalen auf Kurzwelle kann man zwar mich und auch viele von euch glücklich machen, aber der "normale 08/15 Hörer" erwartet heutzutage zumindest eine gleich bleibenden, möglichst UKW- artigen Klang - und der lässt sich mit der analogen Kurzwelle und den Millionen von < 10 € "Kurzwellenempfängern" aus China nicht erreichen. Das heißt auf Deutsch gesagt: wir können in 10 Jahren dem stillen Rauschen (und vielleicht noch Brother Stair ;-) ) auf Kurzwelle zuhören, wenn sich hier nicht bald was tut!

Hier denke ich, liegt der große Denkfehler der DRM-Befürworter. In ihrer Welt ist kein Platz für den Selbstzweifel, daß die oft drögen Kurzwellensendungen nicht angenommen werden, weil sie stinklangweilig, oft radebrechend daherkommen. Es wird auf technische Begründungen verwiesen. Und wenn man diese mittels DRM kuriert hätte, dann kämen die Hörer von ganz allein zuhauf. Auf den Gedanken, daß der normale Konsument überhaupt nicht an Auslandssendungen aus Absurdistan interessiert ist, vorgetragen in einer Sprache, die entfernt an Deutsch erinnert, und die so aufregend wie die Prawda vor Glasnost ist, kommt man anscheinend nicht. Und Dudelprogramme von RTL als Kaufanreiz? Nee, auch nicht wirklich.

Nicht umsonst haben sich die großen Firmen, die in der Vergangenheit Weltempfänger entwickelt haben, allesamt so gut wie aus dem Geschäft mit diesen Geräten zurückgezogen und es ist ein offenes Geheimnis, dass die noch verbliebenen Sendestationen ihre Zukunft mit DRM stehen und fallen sehen.

Siehe oben.

3. Ist von den "Gegnern" von DRM eigentlich mal aufgefallen, dass sich die Amateurfunker im Großen und Ganzen nicht so schwer mit digitalen Betriebsarten (einschließlich der Amateurfunkvariante von DRM) tun? Hier werden die neuen Möglichkeiten ausprobiert und einfach genutzt.

Oha. Da wär ich vorsichtig. Du tust so, als ob die Funkamateure in Gänze eine homogene Schar mit gleichen Interessen wären. Das sind sie beileibe nicht. Einer relativ kleinen, experimentierfreudigen Avantgarde steht eine große Schar an grauköpfigen really old men gegenüber, die gern alles so beließe, wie es war. CW-Prüfung usw... Das ist das Pendant zu den hiesigen DRM-Skeptikern, zu denen ich mich auch zähle.

Außerdem kann ich persönlich nicht von "Bastellösungen" sprechen, wenn man eine Empfänger-Blackbox heutzutage an einen PC anschließt und damit DRM dekodieren kann. Im Gegenteil: Ich wünschte, ich hätte vor 15 Jahren (auch ohne DRM) schon diese Möglichkeiten gehabt, die ich nun auch im analogen Bereich mit diesen Geräten nutzen kann: Filter in allen Variationen, die damals 1000ende von DMark gekostet hätten, Spektrum-Analysator standardmäßig dabei. Alle Betriebsarten inkl. FM und Wetterfax und was auch immer auf Kurzwelle, Abstimmung im Herz-Bereich ... Genial, sag ich da und auch noch frei updatebar in Zukunft, wenn noch mehr neues kommt! Ich mag die Möglichkeiten, die ich mit den neuen SDR Konzepten jetzt habe.

SDR für DXer mit den fehlenden stand-alone-DRM-Empfängern für die Zielgruppe der DRM-Geräte in einen Topf zu werfen ist polemisch, und ich glaube, Du weißt das auch. DRM ist angetreten, für kleines Geld brauchbare Empfänger für Otto Normalverbraucher anzubieten, die ihm damit Kurzwellenempfang erlauben. Das Versprechen wurde bisher nicht eingelöst, wird seit Jahren aber jedes mal neu versprochen. Das ist der Punkt! Daß SDR inzwischen eine hochinteressante Alternative zu hochwertigen Empfänger für DXer sind ist eine ganz andere Sache.

Wenn ich auf Dienstreise in einem Hotel in Sao Paulo oder Shanghai absteige, dann werde ich bestimmt nicht versuchen, die DW dort mittels USB-Prömpelteil von Coding Technologies und Notebook in DRM zu empfangen. Dann nehme ich mein Notebook und WLAN im Hotelzimmer und höre einen Sender meiner Wahl (der dann aber mit Sicherheit nicht DW heißt) oder schalte das Fernsehgerät mit CNN oder BBC World ein. Zu glauben, ein an Informationen interessierter Reisender würde sich ein DRM-Prömpelteil fürs Notebook mitnehmen ist, was als "Bastellösung" verspottet wird.

Man kann sich sicherlich darüber beklagen, dass es a) zu wenig und b) zu schlechte Standalone-Empfänger gibt. Da wurden schon einige falsche Entscheidungen bei der Entwicklung gestellt und auch die Entwicklung dieser Geräte hat sich wohl als weniger Trivial herausgestellt, als man zunächst gedacht hatte (... wenn man doch bloß schon viel früher auf Qualitäten wie Phasenrauschen und gute Filter sowie Vorfilterung wert gelegt hätte, dann gäbe es wohl auch heute noch viel mehr (analoge) Kurzwellenhörer...). Leider gilt zunächst immer noch zu bedenken, dass die verhältnismäßig kleinen Hörer- und Käuferzahlen auf den Kurzwellenbändern keine großen Entwicklerkohorten in den Firmen zulässt.

Wobei ich wieder beim Thema Programminhalte und Interesse am Hören dieser Veranstaltungen bin.

Außerdem wäre es natürlich sehr wichtig, die Koordinationsproblematik in den Griff zu bekommen; allerdings möchte ich hier mit Vehemenz darauf hinweisen, dass diese Problematik auch schon früher existierte, als die Bänder noch voller analoger Stationen waren: Wie habe ich mich darüber geärgert, wenn wieder einmal eine zweite Station meinen Lieblingssender "weggebrummt" hat, sodass kaum von beiden irgend etwas übrig blieb, was man hören konnte. Häufige Frequenzwechsel oder Resignation seitens der Sender (sowie sie denn überhaupt interessiert daran waren, dass ihnen jemand zuhörte) waren die Folge. Wenn sich die beteiligten Stationen - seien sie analog oder digital - an einen Tisch setzen und besser koordinieren, ist allen geholfen!

Amen! Ein frommer Wunsch. An der Notwendigkeit, Frequenzwechsel aufgrund von wechselnden Ausbreitungsbedingungen oder der Interferenzsituation durchführen zu müssen, ändert DRM gar nichts.

Soweit zu meiner Meinung. Ich sehe eigentlich keine Gründe, warum nicht analoger Weltempfang und digitaler DRM Empfang nebeneinander existieren können. Im Gegenteil: ich denke, dass das eine das andere befruchten kann, wenn man die Weichen richtig stellt. Ich für meinen Teil mag beides.

Das wär doch was: Beides funktioniert nebeneinander und keine beschwert sich oder fühlt sich genötigt, Glaubenskriege um "seine" Technik führen. Wie schön könnte die Welt sein...

Tja. Erzähl mir mal, was Du so für mich als MW-DXer Schönes siehst. Glückliches Nebeneinander, alle haben sich lieb? Ich bin da mal gespannt.

Beste Grüße,

Stephan

(Uh, das war jetzt lang...)

Aber interessant.

--
Tschüß,
Martin     http://webadresse.geloescht/


--
-----------------------------------------------------------------------
Diese Mail wurde ueber die A-DX Mailing-Liste gesendet.
Admin: Christoph Ratzer, OE2CRM  http://www.ratzer.at
-----------------------------------------------------------------------
Private Verwendung der A-DX Meldungen fuer Hobbyzwecke ist gestattet, jede
kommerzielle Verwendung bedarf der Zustimmung des A-DX Listenbetreibers.