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WG: AW: [A-DX] Das DRM-Konsortium spricht...


  • Subject: WG: AW: [A-DX] Das DRM-Konsortium spricht...
  • From: "Stephan Schaa" <schaa@xxxxxxxxxxx>
  • Date: Mon, 20 Aug 2007 15:24:23 +0200

Hallo Patrick, hallo Wolfgang, hallo alle anderen!


>>Gut Frequenzplanung. Sowohl Sende- als auch Nachbarfrequenzen sind zu 
>>dem Zeitpunkt frei. Findet sich aber selten - und auf der Mittelwelle 
>>schon gar nicht.

Die Mittelwelle halte ich persönlich auch nicht gerade für unproblematisch - zumindest am Abend und in der Nachtzeit. Da wird man sich sicherlich eine gesamteuropäische Lösung einfallen lassen müssen, aber zB über SFN's - Gleichwellennetze - braucht man auch nicht mehr unbedingt 4 oder 5 Frequenzen, um den Deutschlandfunk in Deutschland auf MW zu verteilen. Eine Frequenz, die frei ist, würde genügen. Also fällt's wieder auf eine gute Planung  (und tatsächlich ist dieses Argument sowohl für digitale als auch für analoge Ausstrahlung hilfreich: auch dort könnte man über Koordination einiges erreichen, die MW hört sich des Nachts auch analog teilweise chaotisch und unhörbar an). 

Aber: es ist schon richtig, perfekt wird das auf Mittelwelle im Dunkeln nicht. Ich würde als Sendebetreiber definitiv lieber einen Standort im nahen Ausland und die Kurzwellenausstrahlung - angepasst an die Ausbreitunsgbedingungen - wählen.



>> Ein DRM-Signal stört aber grundsätzlich nicht nur die Empfangsfrequenz, 
>>sondern auch die Frequenzen +/- 5 kHz (manchmal auch +/-10 kHz). Kann 
>>zwar auch bei analog Signalen vorkommen, aber es ist dort nicht die Regel.

Eigentlich mache ich da eher die umgekehrte Erfahrung: DRM Signale werden von den Sendern eigentlich immer sehr sauber im Spektrum ausgestrahlt (müssen sie auch, denn sonst funktionieren sie nicht). Es sind meist analoge Sender, die weit über die ihnen zugedachten 5 kHz Spektrum modulieren und eventuelle Nachbarn stören.
Wenn also beispielsweise Bayern auf 6085 kHz die DW auf 6075 kHz stört, ist eher auf mangelnde Trennschärfe des Filters im eigenen Empfängers zurück zu führen und nicht auf das Sendespektrum. 

Aber unschön ist es tatsächlich so oder so, wenn man das blecherne Rauschen von nebenan hören muss, das ist schon klar. Egal ob nun durch Sender oder Empfänger verursacht. Aber auch hier gilt, wie schon gesagt: Egal ob analog oder digital - wenn ich direkt neben meinem gehörten Kanal einen starken anderen Sender (analog oder digital) habe, gibt’s in einem analogen Empfänger immer Probleme, da dieser seine Trennschärfe zumeist aus analogen Filtern erhält, die nicht in der Lage sind, entferntere Signale außerhalb der gewünschten Bandbreite komplett abzuschneiden. Erst wenn alle Sender digital senden würden oder alle Empfänger digitale Filter hätten, wäre das Thema vom Tisch. 


>>  Wenn jetzt schon nicht klappt, wie soll´s dannn in Zukunft klappen ?

Mir ist gerade ein Dokument der ABU in die Hände gefallen, aus dem hervorgeht, dass ca 30% der Sendestunden (analog) auf Kurwelle weltweit dadurch verloren gehen (also "versendet" werden), das es starke Interferenzen zu anderen Stationen gibt. 

http://www.abu.org.my/public/documents/ABU-CPM-07-Supp.pdf 

Solche Fehlzeiten machen natürlich keinen Sinn, kosten nur Geld und es läuft wieder mal auf Koordination hinaus. Es sollte doch heutzutage angesichts weltweiter Kommunikation irgendwie möglich sein, ein System zu schaffen, welches die Interferenzprobleme zumindest weitgehend minimiert. Oder bin ich da zu optimistisch? (Hoffentlich nicht!)


>> Im Jahr 1996 wurde DRM durch Fraunhofer in Erlangen entwickelt.

Fast: Im September '96 hat man ein Agreement getroffen, dass man ein digitales System entwickeln möchte. Im März 1998 wurde dann offiziell der Rahmen "DRM Konsortium" gegründet. 

Erst danach fingen die Entwicklungen an (erstes vorzeigbares Papier und erstes Hörbares gabs 2001 noch im MPEG2 Format) und fanden erst Ende 2003 mit dem Wechsel von MPEG2 auf MPEG4 ihren Abschluss. 
Damit hat der endgültige Standard jetzt 3,5 Jahre "auf dem Buckel". Zu viel für die Menge an erwerbbaren Empfängern für meinen Geschmack, aber für nen neuen Standard auch nicht so viel, wenn man bedenkt, dass es digitales Sat-TV auch schon seit knapp 10 Jahren gibt und noch lange nicht alle einen digitalen Sat-Receiver besitzen. 
Ganz so schnell, wie viele glauben (oder wie gerne dahingestellt wird auf beiden Seiten - zu vollmundige (Marketing-)Versprechungen auf der einen Seite und ewige Pessimisten und Technophoben auf der anderen Seite), geht’s in der Wirklichkeit halt doch nicht von der Idee über den fertigen Standard und dem so genannten "Regelbetrieb" bis hin zur billigen Massenware. 

Ich weiß nicht, warum derartige Entwicklungen so lange brauchen, bis sie fertig sind, aber ich kann mich noch ganz gut an die Aussage eines Freundes vor 5 oder 6 Jahren erinnern, der meinte, dass sich dieses (damals neue) MP3 Format niemals gegenüber der CD durchsetzten würde. Es hat zwar damals einige Zeit gedauert, aber 6 Jahre weiter wissen wir es besser und kaufen MP3 Player ab 20 €... 


>>Wie schrieb ein informierter Zeitgenosse schon vor 4 Jahren:
>>
>>I will go out on a limb here and and suggest that DRM for applications >>over multiple hop txion paths is a total waste of time and effort. DRM HF >>signals do not "fade", and are either "on" or "off". Similar to digital >>TV.
>>
>>The whole DRM HF exercise is becoming a really big lemon, and I do not >>believe that this technology has any real future as a replacement for DSB >>AM HF. No wonder that manufacturers are loathe to invest in extensive >>design and development of DRM HF specific receivers for the consumer >>market.

Ich halte es zwar auch für Sinnvoller, DRM vor allem bei 1-Hop Verbreitung zu nutzen innerhalb eines Kontinents, aber HCJB mit 4 kW am Morgen und CVC mit 15 kW am Abend (mit minimaler Signalstärke und sozusagen mit "Uralt-Gurkensendern") beweisen, dass dieser "informierte Zeitgenosse" wohl doch nicht so informiert war, wie er glaubte: Sicherlich ist die Kurwelle über diese langen Distanzen unzuverlässiger als im < 3000 km Bereich. Aber das gilt sowohl analog als digital. Und die Ergebnisse des letzten halben Jahres zeigen, dass es sehr wohl möglich ist, über mehrere Hops hinweg ein zusammenhängendes Audiosignal in Near-FM Qualität und störungsfreien Empfang über Stunden hinweg zu bekommen. Und das sogar im DRM Modus A, der eigentlich für Mittelwelle konzipiert war. 

Hier mal eine kleine Übersicht meiner Ergebnisse: 

In etwa 93-94% der Tage hatte ich das komplette Audio mit weit über 99.8% korrekt empfangener Audiodaten, sprich innerhalb einer Stunde vielleicht einen oder zwei Aussetzer mit einer Sekunde Länge und ein paar kleinere Tonstörungen. (Und die habe ich auch täglich problemlos im digitalen Kabelempfang an meinem TV, was mich dort aber mehr ärgert als beim Empfang eines Senders aus Equador...)

In etwa 3-4% der Tage ging das Empfangsfenster später auf oder früher zu, sprich ich konnte in der ersten viertel Stunde oder in den letzten 20 Minuten nichts mehr hören. (übrigens sehr interessant in den grafischen Logs anzusehen, wie schnell sich das Band öffnen oder schließen kann in diesen Fällen) 
(Bei Anpassung der Bitrate nach unten wäre der Empfang in DRM in diesen Phasen dennoch deutlich länger bzw auch komplett möglich gewesen, wenngleich auch bei schlechterer Tonqualität deutlich unter 17 kBit mit SBR)

In ca 3-4% der Tage gabs keinen oder nur geringfügigen Empfang, wobei zum einen Senderausfälle und auch Empfängerausfälle bei mir mitgezählt wurden. Zumeist waren aber die Ausbreitungsbedingungen auf der Kurzwelle "schuld". An diesen Tagen war auch der analoge Empfang im Frequenzbereich nach Südamerika unmöglich. 

Die Ausfälle des Signals sind nicht mehr und nicht weniger stark ausgeprägt als bei analogen Signalen. Aber: Beim Single Hop sind die Ausbreitungsbedingungen (natürlich) wesentlich stabiler.

Sicher ist es keine gute Idee für Antenne Bayern, in Zukunft auf die Verbreitung seines kommerziellen Programms in Deutschland auf Chile als Sendestandort zu setzen, aber schlechter als bei der analogen Kurzwelle kommt man bei der Verfügbarkeit im Zielgebiet auch nicht weg. Und das bei 1/10 der Sendeleistung! Da bietet es sich bei diversen Organisationen doch geradezu an, wieder auf Kurzwelle zu senden, wenn man nicht die Möglichkeit hat, im Land selbst eine UKW-Kette aufzubauen (so denn Radios verfügbar wären).


Soweit dazu. Bin auf weitere Diskussionsbeiträge sehr gespannt. :-)


Beste Grüße, Stephan




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