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AW: AW: [A-DX] Damals


  • Subject: AW: AW: [A-DX] Damals
  • From: "Wolf Harranth" <harranth@xxxxxxxx>
  • Date: Thu, 28 Aug 2008 22:48:10 +0200

Nils schreibt - wir geraten hier offentbar in einen kurzen Abstecher in die
Vergangenheit: 
> Weißt Du übrigens noch, von wem bei Dir die Anzeige kam?

Das ist/war mir nicht wesentlich. Grundsätzlich darf man vom Gestalter eines
Medienmagazins (also einem vorgeblichen "Experten") die exakte Kenntnis und
somit Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen erwarten und legt bei
Regelverstößen besonders strenge Maßstäbe an. Der Verlockung, diese oder
jene "Sensation" zu bringen, konnte ich - hoffentlich - immer widerstehen.
Das hat auch das Verhältnis mit der Behörde erleichtert. Erinnert sich noch
jemand an unseren Bericht "live" vom Ausheben eines "Piratensenders". Dass
ich da mitschneiden und in voller Länge berichten konnte, war mit beiden
Seiten abgeklärt und lag auch im Interesse beider Parteien (wenngleich aus
unterschiedlichen Motiven). Mein Plus war, dass ich auf diese Weise über die
"Freie Radioszene" berichten konnte, obwohl hier eine widerrechtliche
Frequenznutzung vorlag - an sich für uns ein Ausschließungsgrund.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich aber auch (selbst wenn es pathetisch
klingt) hervorheben, dass es ein Privileg ist/war, in einer demokratischen
Republik für eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt tätig zu sein. Das
heißt, im Klartext: Höchst brisante Themen ansprechen und - nur dem eigenen
Gewissen und dem journalistischen Objektivitätsgebot verpflichtet - darüber
berichten zu können. Als Beleg die folgende Geschichte, die ich zum ersten
Mal öffentlich erzähle.

Es gab in 33 Jahren nur eine einzige Intervention:

CDG, Der Redakteur der deutschen Sendungen eines damals diktatorisch
regierten südamerikanischen Staates war wegen seiner bis zur Unvernunft
waghalsigen Berichte in Gefahr geraten. Man hatte ihn wiederholt
zusammengeschlagen, zuletzt saß ein Soldat mit ihm im Studio, die Pistole
auf dem Tisch. Das hatte ich - wie, steht hier nicht zur Diskussion -
erfahren und mit CDG einen Schlüsselsatz vereinbart. In unserem
Medienmagazin hieß es dann: Wenn CDG diesen Satz sagt, ist höchste Gefahr.
Wir appellieren an alle Hörer, sich sofort an die Botschaft XXXs in ihrem
Land zu wenden usw. usw.
Der Staatssender protestierte umgehend beim österr. Botschafter, der die
Protestnote pflichtgemäß nach Wien weiterleitete, wo sie über Außenamt etc.
an die Generalintendanz des ORF ging. (ROI wurde ja im Auftrag und auf
Kosten der österr. Bundesregierung produziert.) Zuständig war also nun
"mein" KW-Intendant. Er bestellte mich zu ihm und erteilte mir die
vorgesehene äußerst scharfe Verwarnung und schnitt mir mit einer brüsken
Handbewegung jede Replik ab. Als ich in der Tür stand, rief er mich noch
einmal beim Namen und sagte: "Weitermachen." 
(Wer sich noch an die Zeit erinnert, wird auch wissen, dass wir CDG
tatsächlich wenig später aus der Schusslinie nehmen mussten. Wir haben ihn
nach Wien geholt und hier ein halbes Jahr lang untergebracht - mit Hilfe von
Freunden und Hörern, was sich ja oft überschnitten hat.)
Damit Schluss mit der Nostalgie.
Wolf     

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Prof. Wolf Harranth OE1WHC
Dokumentationsarchiv Funk (QSL Collection)
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