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[A-DX] Frage zu Zeitzeichensendern



Moin,

die Tatsache, daß MSF die Sendungen auf 60 kHz für etwa 2 Wochen eingestellt hat, um die Antennenanlage überholen zu können, läßt mich etwas nachdenklich werden, wozu diese Sender heute überhaupt noch gebraucht werden.

Ja, ich weiß, in Braunschweig werden von der PTB hochgenaue Cäsiumuhren betrieben, die die Zeit auf 10 hoch minus 14 oder 15 Sekunden liefert. Das wird dann als Signal ins Netz an NTP-Zeitserver wie ptbtime1.ptb.de sowie ins 300 km entfernte Mainflingen eingespeist und von dort wird das dann auf 77,5 kHz als Zeitsignal abgestrahlt. Wenn das dann die 300 km Luftlinie zurück bis zu mir erreicht, ist von der extrem großen Genauigkeit nicht mehr viel übrig, allein bei einer Tausendstel Sekunde für die Wellenausbreitung ist von den den 10^-14 nur noch 10^-3 Sekunden übrig. Ja, ich weiß, eine tausendstel Sekunde Genauigkeit ist für einen normalen Menschen auch mehr als genug. Und weil eine Tausendstel Sekunde ausreicht (auch eine fünfhundertstel in 600 km Entfernung) hat sich in Europa ein ganzes Biotop an Aldi- und Tchibo-"Funkuhren mit Atomzeitgenauigkeit" entwickelt und in praktisch jedem Haushalt steht so ein Ding für 7,99 EUR. Es gibt auch Armbanduhren, die sich täglich einmal mit DCF77 synchronisieren etc. pp.

Allein deswegen dürfte es schwer werden, eines Tages DCF77 stillzulegen und damit Millionen dieser Uhren wertlos zu machen. Aber was ist mit Sendern wie MSF? Ganz offensichtlich hat es niemanden übermäßig gestört, daß die weg waren. Big Ben hat trotzdem geläutet und die BBC hat Zeitsignale gehabt. Andere Zeitzeichensender auf Langwelle wie OMA 50 kHz oder HBG 75 kHz wurden ja ohne großes Federlesen abgeschaltet. Und die Welt dreht sich trotzdem weiter.

Was ist mit Anwendern, die aus welchen Gründen auch immer, eine hochgenaue Zeit benötigen? Wissenschaft, Hochfrequenz-Börsenhandel, Telekommunikationsunternehmen etc.? Für die ist doch ein anachronistischer Zeitzeichensender auf Langwelle viel zu ungenau, und bei Gewitter am Sendestandort wird der auch schon mal abgeschaltet. Da nimmt man doch heute irgendwelche GPS-Signale oder was weiß ich her. Sind diese Zeitzeichensender nur ein Back up für den Notfall?

Wozu dienen denn dann beispielsweise die vielen russischen Sender auf ca. 25 kHz? Der Betrieb, Sicherung und Unterhalt dieser Monsteranlagen muß doch ein Vermögen kosten. Ganz zu schweigen von solchem Killefitt wie WWV, WWVH oder CHU auf Kurzwelle mit nicht definierter Signallaufzeit. Bezahlt der kanadische Steuerzahler, nur damit ein einzelner, etwas schrulliger älterer Herr in Burgdorf jeden Tag englische und französische Zeitansagen samt dazugehörendem tock-tock-tock auf 14670 kHz hören kann?

Wozu überhaupt dedizierte Zeitzeichensender? Wäre es nicht ausreichend, das Zeitsignal einem Rundfunksender huckepack mitzugeben, so wie es die Franzosen auf 162 oder die Italiener auf 900 kHz machen?
   
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Tschüß,
Martin     http://webadresse.geloescht/


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